Ipf- und Jagst-Zeitung

Der erste Schritt im Leben ist immer der schwerste

Die Geschichte des 43-jährigen Mögglinger­s Jörg Röske, der über 40 Kilogramm Körpergewi­cht abtrainier­t hat

- Von Jörg Hinderberg­er

- Ein Mann mit 180 Kilogramm auf den Rippen hat sich in einer Mögglinger Garage eingericht­et, um Kraftsport zu machen und sich wieder wohl zu fühlen. So entstand der Name „Rumpelkamm­er“und ein Ort, wo nun knapp 15 Menschen fasziniere­nde Übungen machen. Es ist die Geschichte von Jörg Röske, der über 40 Kilogramm abtrainier­te und nun sogar an Strong-Man-Wettbewerb­en mitmacht, also zu den stärksten Männern Deutschlan­ds zählt.

In einer Mögglinger Garage fing alles an

Es war die alte Jugendlieb­e zum Kraftsport, die Faszinatio­n von den Strong-Man-Wettbewerb­en und die Klarheit im Kopf, dass mit 180 Kilogramm und einem stark überhöhten Blutzucker sein Leben anders aussehen muss. „Ich musste anfangen, mein Leben zu ändern“, erzählt der 43-jährige Jörg Röske.

In einer Mögglinger Garage war er am Anfang alleine, richtete sich mit einem Bierfass, gefüllt mit Sand, einem Traktorrei­fen und ein paar zusammenge­schweißten Geräten ein. Es kamen ein paar schwere Steine und Betonkugel­n hinzu. „Mittlerwei­le gibt es keine Grenzen. Wir haben nun auch ein zusammenge­basteltes Kreuz, mit dem wir Autos heben können“, freut sich Röske. Der Anfang der Rumpelkamm­er war gemacht. Der Name ergab sich ganz einfach aus dem Bild. „Es sah in unserer Garage eben aus wie in einer Rumpelkamm­er“, so der 43-Jährige.

In der 2. Bundesliga ist Jörg Röske nun auch aktiv, gewann sogar zuletzt eine Disziplin und zählt somit zu den stärksten Männern Deutschlan­ds. 280 Kilogramm packte er auf seine Schulter und lief eine Strecke von 20 Metern in 9,9 Sekunden – persönlich­e Bestzeit und Platz eins beim Strong-Man-Wettbewerb.

Sechs aktive Sportler gibt es bei den Rumpelkamm­er-Kumpels, die in der Bundesliga unterwegs sind. Hauptsächl­ich kommen die drei Damen und zwölf Männer aber in die Mögglinger Garage, um den Kraftsport zu machen, der in den Fitnessstu­dios nicht angeboten wird. „Es darf jeder kommen, der diese unkonventi­onelle Art des Kraftsport­s kennenlern­en möchte. Wir achten besonders auf die Ausführung und die Technik. Es ist daher auch möglich, dass Frauen zum Beispiel das dreifache ihres Körpergewi­chts stemmen können, ohne dabei wie ein Bodybuilde­r aussehen zu müssen“, beschreibt Jörg Röske das Training mit Traktorrei­fen, Bierfässer­n, Autos und allen möglichen Gebrauchsg­egenstände­n. Wichtig ist den Rumpelkamm­er-Kumpels, dass immer der komplette Körper trainiert wird und nicht nur einzelne Körperteil­e.

Und genau aus diesem Ansporn heraus, für den ganzen Körper etwas zu machen, steht der Mögglinger und gebürtige Alfdorfer Jörg Röske als Vorbild für alle Menschen, die in ihrem Leben etwas verändern möchten. Nach der Bundeswehr und seiner Arbeit als Zeitsoldat wog Jörg Röske noch 118 Kilogramm und war fit.

2010 wiegt Jörg Röske 180 Kilogramm

Nach der Lehre und im Beruf als Tätowierer kamen jedoch immer mehr Kilos hinzu. Schließlic­h war er bei 180 Kilogramm im Jahr 2010 angelangt. „Mein Blutzucker war viel zu hoch und ich wusste, dass ich nun unbedingt wieder Sport machen muss und auch etwas meine Ernährung umstellen muss“, erzählt der 43-Jährige, der 2011 durch sein spezielles Krafttrain­ing bei 137 Kilogramm ankam.

„Ich habe begonnen, in der Bundesliga bei Wettkämpfe­n mitzumache­n und mich auf 170 Kilogramm wieder hochgearbe­itet. Diese Kilos konnte ich aber nicht verschnauf­en und nun bin ich bei 149 Kilogramm und fühle mich pudelwohl“, äußert sich Jörg Röske und fügt hinzu: „Jeder kann es schaffen, sein Leben zu ändern. Man findet immer Zeit, Sport zu machen, und wenn ich dann meine Ernährung etwas umstelle, zum Beispiel auf süße Getränke verzichte, merkt man schnell eine Verbesseru­ng.“Als Kraftsport­ler und in der direkten Wettkampfv­orbereitun­g kann und muss Jörg Röske knapp 6000 Kalorien pro Tag (Tagesbedar­f einer vierköpfig­en Familie) zu sich nehmen, um die Strapazen in den Diszipline­n überhaupt auszuhalte­n und auch die Muskelmass­e aufzubauen. Mit 43 Jahren werden die Wettkämpfe jedoch weniger.

Die Rumpelkamm­er zieht von Mögglingen nach Essingen in eine größere Halle. „Wir haben ein Einzusgebi­et von rund 150 Kilometern, es kommt sogar ein Mann aus Köln immer regelmäßig nach Mögglingen, da es diese Art des Trainings in Deutschlan­d kaum gibt“, meint Jörg Röske. Viel wichtiger als die Wettkämpfe ist ihm aber seine eigene Geschichte. „Ich möchte anderen Menschen Mut machen und ihnen zeigen, dass jeder sein Leben verändern kann, wenn er den ersten Schritt macht“, äußert sich der Familienva­ter, dessen Frau auch schon Traktorrei­fen locker stemmt mit einer guten Technik.

Emotionale­r Post auf den sozialen Kanälen

In einem emotionale­n Post auf den sozialen Kanälen im Internet schreibt Jörg Röske unter anderem: „Auf dem linken Bild habe ich knapp 180 Kilogramm gewogen. Mein Langzeitbl­utzucker (HbA1c-Wert) war bei 9,6 mmil/mol und mein Alltag war eine einzige Qual. Meine Ernährung bestand aus allem Möglichen. Viele kleine, nicht wirklich gesunde Snacks vom Bäcker nebenan. Fettiges und viel Essen und jeder Menge Cola, Energydrin­ks und jede Menge Alkohol am Wochenende. Begleitet von einer leichten Laktoseint­oleranz. Unter den Bedingunge­n sagte mir mein damaliger Hausarzt, dass wenn ich nicht schnell was ändere, ich mich damit anfreunden kann, in kürzester Zeit den ersten Herzinfark­t aufgrund Überfettun­g zu bekommen.“

Röske schreibt weiter: „Das war der Moment, wo ich beschloss, mein Leben grundlegen­d umzukrempe­ln. Ich begann damit, ein- bis zweimal die Woche Sport zu machen. Zeitgleich ließ ich alle Süßgetränk­e weg und versuchte, nur noch stilles Wasser zu trinken. Nach den ersten Wochen merkte ich, dass nur Sport alleine nicht viel bringt. Da ich aber nicht wirklich auf etwas verzichten wollte, stieß ich auf einen Artikel. Da ging es darum, dass man einfach bewusster die Nahrung zu sich nehmen sollte. Unsere Eltern haben doch immer gesagt, man soll jeden Bissen mindestens 20-mal kauen. Nach ein bisschen mehr als zwei Jahren war mein Gewicht auf 137 Kilogramm gesunken. Wer jetzt denkt, dies sei alles in jungen Jahren kein Problem, dem muss ich sagen, dass ich 2010, als ich begann mein Leben zu ändern, bereits 37 war. Es ist also nie zu spät. Ihr müsst nur anfangen. Auch kleine Schritte bringen einen ans Ziel.“

 ?? FOTO: RZ ?? Der 43-jährige Jörg Röske hat sich ganz dem Kraftsport verschrieb­en.
FOTO: RZ Der 43-jährige Jörg Röske hat sich ganz dem Kraftsport verschrieb­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany