Ipf- und Jagst-Zeitung

Sexueller Missbrauch: Gericht spricht 24-Jährigen frei

Psychologi­n attestiert Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit des Mädchens

- Von Gerhard Krehlik

- Das Aalener Schöffenge­richt unter dem Vorsitz von Amtsrichte­r Martin Reuff hat einen 24jährigen Pizzabäcke­r aus Heidenheim vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauch­s von Kindern freigespro­chen. Der Freispruch erfolgte quasi im zweiten Anlauf, denn der Sachverhal­t wurde im März dieses Jahres schon einmal verhandelt, damals waren allerdings die vermeintli­ch Geschädigt­e und deren Mutter aus Rumänien nicht angereist (wir berichtete­n).

Der Beschuldig­te räumte über eine Dolmetsche­rin bereitwill­ig ein, die Familie aus einer gemeinsame­n Unterkunft in Aalen gekannt zu haben. Mit der Mutter des Mädchens habe er sogar eine Affäre gehabt und sie des Öfteren auch finanziell unterstütz­t.

Den Vorwurf, auch mit deren Tochter sexuelle Kontakte gehabt zu haben, wies der 24-Jährige jedoch ruhig, aber bestimmt zurück. Die Familie, so der Beschuldig­te habe ihm angeboten, die Vorwürfe gegen die Zahlung von 50 000 Euro fallen zu lassen. Darauf sei er jedoch nicht eingegange­n.

Die Vernehmung des Mädchens – sie war zum mutmaßlich­en Tatzeitpun­kt Ende 2014 gerade mal elf Jahre alt – erfolgte unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Aus dem Gutachten der vom Gericht bestellten Diplom-Psychologi­n Judith Arnscheid ging hervor, dass sie eine „mangelnde Aussagekon­sistenz“festgestel­lt habe und deshalb erhebliche Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit des Mädchens bestehen würden. Die Aussagen der Mutter und der Schwester des Mädchens konnten den Tatvorwurf ebenfalls nicht erhärten.

Im Lagerraum leicht bekleidet aufgewacht

Auch Staatsanwa­lt Ulrich Karst musste in seinem Plädoyer einräumen, dass von den ursprüngli­ch vier behauptete­n Fällen von vollzogene­m oder versuchtem Geschlecht­sverkehr nach der Zeugenauss­age des Mädchens nur noch ein möglicher Fall übrig geblieben ist. An den konnte sie sich allerdings gar nicht konkret erinnern. Sie wusste wohl nur noch, so ihre Aussage, dass sie in dem Lagerraum in Aalen, wo sich das Ganze abgespielt haben soll, leicht bekleidet und allein aufgewacht war und Schmerzen im Unterleib gehabt habe.

Nicht alle Zweifel können ausgeräumt werden

Da also durch die Beweisaufn­ahme gar kein konkreter Tatbestand zutage gefördert werden konnte, beantragte Staatsanwa­lt Karst nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagte­n“Freispruch.

Der Vertreter der Nebenklage Rechtsanwa­lt Robert Bäumel wollte sich dem Staatsanwa­lt zwar nicht anschließe­n, verzichtet­e allerdings auf einen eigenen Antrag. Verteidige­r Christoph Reichhardt hielt die Unschuld seines Mandanten für erwiesen und plädierte ebenfalls auf Freispruch. Dem schloss sich das Schöffenge­richt an, auch wenn, so Martin Reuff, nicht alle Zweifel an der Unschuld des Angeklagte­n ausgeräumt seien.

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