Umwelthilfe droht mit neuen Klagen
Auch Städte wie Ravensburg betroffen – Unionspolitiker warnen vor einer Dieselhysterie
- Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat angekündigt, den Druck auf Bundesländer und Städte zu erhöhen. In den kommenden Tagen wolle man für 45 weitere Städte formale Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung der Grenzwerte für Stickoxide (NOx) einleiten, kündigte deren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch an. Aktuell überschreiten 61 Städte den Grenzwert, darunter mit Spitzenwerten Stuttgart und München, aber auch Ravensburg, Herrenberg, Tübingen und Heidenheim an der Brenz liegen über den Grenzwerten von 40 Mikrogramm und könnten von Fahrverboten betroffen sein.
Unionspolitiker warnten derweil vor einer Dieselhysterie. Der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagte im Deutschlandfunk, es sei eine „typisch deutsche Manier, immer den neuen Notstand auszurufen“. Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Es wird versucht, eine Technologie kaputtzureden, in der wir Weltmarktführer sind.“Im Übrigen seien Stickoxide beim Diesel in den vergangenen 20 Jahren um 98 Prozent reduziert worden. Man könne von einem sauberen Diesel reden.
Baden-Württembergs FDP-Chef Michael Theurer kritisierte in der „Schwäbischen Zeitung“das Verhalten von Bundesregierung und Autoherstellern im Dieselskandal. „Der Dieselgipfel war ein Flop, Nachrüstungen sind notwendig, dürfen aber nicht zulasten der Steuerzahler und Verbraucher gehen“, sagte Theurer. Gleichzeitig betonte er, die Diskussion um ein Verbot von Diesel- und Benzinmotoren sei „Harakiri“. In Deutschland hingen drei Millionen Arbeitsplätze an der Automobilindustrie und deren Zulieferern.
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte am Vortag davor gewarnt, dass auch auf Diesel der Euro-6-Norm Fahrverbote zukommen könnten. Rund 300 000 Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 stehen derzeit bei Vertragshändlern in Deutschland zum Verkauf, laut Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes mit einem Gesamtwert von rund 4,5 Milliarden Euro, Tendenz fallend.
- Einen Tag, nachdem Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) Käufer von neuen Dieselautos warnte, dass sie unter das Fahrverbot fallen könnten, schimpfen Unionspolitiker über eine ideologisch aufgeheizte Diskussion.
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), spricht von einem „Generalangriff gegen die deutsche Autoindustrie“. Thomas Bareiß, Mitglied des Wirtschaftsausschusses und energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagt: „Es wird versucht, eine Technologie kaputt zu reden, in der wir Weltmarktführer sind.“
Bareiß hält das Verhalten von Frau Hendricks für verantwortungslos. „Wir sollten weiter an der Dieseltechnologie festhalten.“Schließlich habe man in den letzten 20 Jahren die Verbrennungsmotoren enorm verbessert sowohl beim Feinstaub als auch bei den Stickoxiden. „Wir haben heute einen sauberen Diesel, der weltweit nachgefragt wird“, so Bareiß. Auch er sieht die Manipulationen der Abgaswerte nicht als Kavaliersdelikt, sondern fordert, die zuständigen Manager zur Verantwortung zu ziehen. Er will aber deshalb nicht die Dieseltechnologie insgesamt verteufeln. Nun haben Dieselfahrer im Süden jedoch Angst. Stuttgart (82 Mikrogramm Stickstoffdioxid), Reutlingen (66), aber auch Ravensburg (49) und Heidenheim (44) gehören zu den Städten, in denen die Konzentration überschritten wird. Dieselfahrer müssen nach weiteren Klagen, wie sie die Umwelthilfe am Donnerstag ankündigte, Fahrverbote befürchten.
Thomas Bareiß kontert: „Weitreichende Maßnahmenpakete wurden auch den Gerichten eingereicht.“Er kann deshalb das jüngste Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehen und meint, die Landesregierung müsse in Berufung gehen. Die Luft sei in den vergangenen 20 Jahren deutlich besser geworden, auch durch Maßnahmen bei den Autos. Selbst über einen Zeitraum von hundert Jahren betrachtet, habe man noch nie in einer so sauberen Luft gelebt wie heute.
Kraftstoffverbrauch geringer
Thomas Bareiß hält es überdies für einen Irrglauben, dass man in den nächsten 20 Jahren den kompletten Fuhrpark auf Elektroautos umstellen könne. Das bezweifelt selbst der grüne Ministerpräsident des Landes, Winfried Kretschmann. Der CSU-Politiker Peter Ramsauer sagte im Deutschlandfunk, er nehme gerne Wetten an, „dass wir auch in 20 Jahren noch Verbrennungsmotoren verbauen“. Für die Diesel spricht der geringere Kraftstoffverbrauch im Vergleich zu Benzinern. „Wer die CO2-Emissionen reduzieren will, braucht eher mehr Diesel als weniger“, sagt Bareiß. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat wiederholt darauf hingewiesen, dass man den Diesel brauche, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Neue Zweifel gibt es an den Grenzwerten. Die AfD-Politikerin Alice Weidel hatte in der Talkshow von Anne Will andere Politiker damit konfrontiert, dass die erlaubte Stickoxid-Grenze am Arbeitsplatz 20-fach höher sein dürfe als auf der Straße. Das gilt laut Bundesumweltamt allerdings nur für Industriearbeitsplätze, wo beispielsweise für Schweißer der Höchstwert von 950 Mikrogramm gilt. Bei Büroarbeitsplätzen sind 60 Mikrogramm erlaubt, auch das ist mehr als die 40 Mikrogramm auf den Straßen.
Thomas Bareiß fordert, bei den Grenzwerten müsse man überprüfen, was sinnvoll und machbar sei. „Was Umwelthilfe und Bundesumweltamt machen, ist oft sehr einseitig, nicht nachvollziehbar und ideologisch geprägt.“