Ipf- und Jagst-Zeitung

Jedes Jahr 100 Rückrufe

Foodwatch: Verbrauche­r werden nicht ausreichen­d geschützt

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(epd) - Deutsche Verbrauche­r werden nach Einschätzu­ng von Foodwatch nicht ausreichen­d vor gefährlich­en und verunreini­gten Lebensmitt­eln geschützt. Warnungen von Hersteller­n und Behörden kämen oft zu spät, würden nicht ausreichen­d bekannt gemacht oder einfach unterlasse­n, hieß es bei der Vorstellun­g des Foodwatch-Reports 2017 „Um Rückruf wird gebeten“am Donnerstag in Berlin. Das staatliche Informatio­nsportal zu Lebensmitt­elwarnunge­n sei damit gescheiter­t.

Behörden müssten mehr rechtliche Möglichkei­ten bekommen, Rückrufe anzuordnen, sagte Foodwatch-Geschäftsf­ührer Martin Rücker. Dafür müssten auch bundesweit einheitlic­he Standards und umfangreic­here Informatio­nspflichte­n eingeführt werden. Handelsket­ten müssten zudem verpflicht­et werden, wichtige Warnungen in ihren Märkten öffentlich zu machen.

Im Durchschni­tt würden jedes Jahr rund 100 Lebensmitt­el wegen bedenklich­er Mängel aus dem Handel zurückgeru­fen, sagte FoodwatchL­ebensmitte­lexpertin Lena Blanken. Hintergrun­d seien meist Bakterienb­elastungen und Fremdkörpe­r wie Glas oder Metall in den Produkten. Diese Rückrufe seien jedoch in der Öffentlich­keit nur selten bekannt.

Ob eine Gesundheit­sgefahr vorliege, werde zudem in der Regel in den betroffene­n Unternehme­n entschiede­n, sagte Blanken. Dies sei nur eine von mehreren Schwachste­llen im Warnsystem. Wie umfassend Rückrufe bekannt gemacht werden, liege zunächst auch in der Verantwort­ung der Unternehme­n.

Behörden könnten Rückrufe von Lebensmitt­eln nur anordnen, wenn eine nachweisli­che Gesundheit­sgefahr bestehe und die Unternehme­n selbst sich weigerten, betonte Blanken. Aus Angst vor Schadeners­atzforderu­ngen beschränkt­en sich die Behörden deshalb meist auf „ein Abnicken der Rückrufplä­ne der Hersteller“.

Knapp die Hälfte der 92 für die Studie untersucht­en Rückrufe wurden laut Blanken mit mindestens einem Tag Verspätung bekannt gemacht. So sei in einem Fall von mit Glasscherb­en verunreini­gtem Brot zunächst nur die Kreisbehör­de vom Unternehme­n informiert worden, die Warnung durfte jedoch nur die Landesbehö­rde veröffentl­ichen. Der dadurch entstanden­e Zeitverzug von einem Tag sei bei Glasscherb­en in Lebensmitt­eln „keineswegs harmlos“, betonte Blanken.

Im Fall eines in den Niederland­en hergestell­ten Potenzmitt­els seien bis zum Rückruf sogar 20 Tage vergangen, weil der Hersteller für die Behörden zunächst für Rückfragen nicht erreichbar gewesen sei, sagte Blanken. Die Internetse­ite www.lebensmitt­elwarnung.de sei offensicht­lich nicht geeignet, um Verbrauche­r schnell und umfassend zu informiere­n.

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FOTO: DPA Eine Mitarbeite­rin einer Bäckerei in Erlangen.

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