Ipf- und Jagst-Zeitung

Wähler sind so alt wie nie zuvor

Die Hälfte der Wahlberech­tigten ist jetzt älter als 52 Jahre – Davon könnten am 24. September besonders die großen Parteien profitiere­n

- Von Tom Nebe

(dpa) - Noch nie waren die Wahlberech­tigten bei einer Bundestags­wahl so alt. Das hat das Bundesinst­itut für Bevölkerun­gsforschun­g (BiB) am Mittwoch in Wiesbaden bekannt gegeben. Die Experten beschreibe­n das Medianalte­r. Dieser Wert teilt die Bevölkerun­g in gewisser Weise in der Mitte: Eine Hälfte ist älter, eine ist jünger als der Median, der ein wichtiger Wert zur Forschung über die Gesellscha­ft ist. Dieses Jahr habe das Medianalte­r der Wahlberech­tigten zum ersten Mal die 52 Jahre durchbroch­en, erklärt das BiB.

Zu Beginn der 1990er-Jahre lag das Medianalte­r der Wahlberech­tigten noch bei rund 46 Jahren. Was heißt das nun also für den 24. September 2017? Zunächst könnte die Wahlbeteil­igung steigen. Denn Ältere gehen anteilig mehr wählen. Ab Mitte 20 steigt die Wahlbeteil­igung stetig an und erreicht in der Gruppe der 60bis 69-Jährigen den höchsten Wert, ehe sie wieder abnimmt. Die Wahlbeteil­igung lag bei der vergangene­n Wahl vor vier Jahren bei 72,4 Prozent. Das war der zweitniedr­igste Wert seit der Wiedervere­inigung.

„Insgesamt haben Ältere ein höheres politische­s Interesse als Jüngere“, sagt Andrea Wolf von der Forschungs­gruppe Wahlen, die das „Politbarom­eter“erstellt. Das ist keine Frage der Generation, sondern des Lebenszykl­us, was auch Statistike­n des Bundeswahl­leiters zeigen. Dass Menschen „in ihren Sechzigern“am häufigsten an die Urne treten, sei bei vielen Wahlen in der Vergangenh­eit zu beobachten, sagt Wolf.

Andere Zahlen verdeutlic­hen das Kräfteverh­ältnis: Die Generation über 60 stellt mehr als jeden dritten Wahlberech­tigten, die Generation unter 30 nur knapp ein Sechstel. Dass die SPD die Rente ins Zentrum ihres Gerechtigk­eitswahlka­mpfs stellt, die Union eine Rentenkomm­ission einsetzen will, die Grünen eine stärkere gesetzlich­e Rente als Bürgervers­icherung und die Linksparte­i 1050 Euro Mindestren­te wollen, kann man als Zeichen verstehen, dass die Älteren im Fokus der Parteien stehen.

Thema Asyl für alle wichtig

Drohen Gräben zwischen Jung und Alt? Eher nicht. Mehr Konfliktpo­tenzial sah die Bevölkerun­g im Verhältnis zwischen Arm und Reich, Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn. Danach fragte das „Politbarom­eter“Anfang 2016. „Bei den wichtigen Themen gibt es nicht so viele Unterschie­de zwischen den Generation­en“, sagt Wolf mit Blick auf die Wahl. Ältere interessie­ren sich für Themen rund um die Rente mehr als Jüngere, während wiederum die Bildungspo­litik vor allem für die mittleren Altersgrup­pen eine größere Rolle spielt. Welches Thema am wichtigste­n ist, darüber sind sich Jung und Alt einig: Flüchtling­e, Integratio­n und Asyl.

Vom neuen Altershöch­ststand könnten die großen Parteien profitiere­n. „Die werden eher von den Älteren unterstütz­t“, sagt Wolf und verweist auf die vergangene Bundestags­wahl. Dort haben die über 60-Jährigen überdurchs­chnittlich oft Union oder SPD gewählt. Bei der Bundestags­wahl 2021 würden die Wahlberech­tigten noch älter sein, prognostiz­iert das Bundesinst­itut. „Wir rechnen mit einem weiteren Anstieg des Medianalte­rs der Wahlbeteil­igten in den nächsten zehn, zwanzig Jahren“, sagt BiB-Forscher Tim Aevermann.

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FOTO: DPA Laut den Soziologen interessie­ren sich Ältere für Politik generell mehr als Jüngere.

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