Die Kloster-Retter feiern Jubiläum
Verein zur Erhaltung der Abteikirche Neresheim begeht am Samstag einen Festakt
– Landrat Klaus Pavel mag sich solch ein Szenario in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen: Dass er eines Tages der Öffentlichkeit erklären müsste, dass und warum er die Schließung der Abteikirche verfügt hat. Und doch hat genau dies einer seiner Vorgänger, Anton Huber, tun müssen. Er hat am 13. Juni 1966 die baupolizeiliche Schließung des Gotteshauses – immerhin einer der bedeutendsten Kirchenbauten des Spätbarock – wegen Baufälligkeit angeordnet. Dieser Schritt war auch der Anstoß zur Gründung des Vereins zur Erhaltung der Abteikirche Neresheim. Am Samstag, 9. September, feiert er sein 50-jähriges Bestehen.
Wenige Tage vor dieser Anordnung, an einem Freitag, erhielt Huber das Ergebnis der Untersuchung eines Ludwigsburger Ingenieurbüros, das zu dem Schluss gekommen war, ein einziger Düsenknall würde reichen, um die Kirche zur Ruine zu machen. Die Sog- und Druckwellen der Überschallflugzeuge hätten den Dachstuhl und damit die Kuppeln zum Einsturz bringen können.
„Dieser Düsenknall“, erzählte Huber später in einem Interview, „konnte jederzeit geschehen und ein großes Unglück auslösen. Darum traf ich am nächsten Arbeitstag die Verfügung: Die Kirche durfte nicht mehr betreten werden, auch durften keine Gottesdienste mehr stattfinden.“
Dem Gutachten war 1963 ein Schlossbrand in Langenburg vorausgegangen. Als Konsequenz ließ die Landesregierung alle bedeutenden Baudenkmäler auf Feuersicherheit untersuchen. Bei der Neresheimer Abteikirche gab es viele und gravierende Beanstandungen. Bauliche Veränderungen wurden verlangt wie der Einbau von Feuerschutzwänden zwischen Kirche und Kloster und im Dachstuhl des Gotteshauses.
Der Grundstock für die Baufälligkeit wurde jedoch bereits in der Bauzeit gelegt, wie Ottmar Engelhardt später berichtet hat. Denn 1753 starb Balthasar Neumann, der Bauherr. Sein Werk führte Baptist Wiedemann aus Donauwörth zu Ende. Aus Sparsamkeit und weil man sich Neumanns genialem Plan nicht ganz gewachsen fühlte, wie Engelhardt mutmaßte, wurden die Kuppeln in Holz ausgeführt, während Neumann ein Steingewölbe vorgesehen hatte.
Abt und Konvent hatten in den 60er-Jahren wegen der Mängel und des schlechten Bauzustandes der Kirche schon längere Zeit Kopfschmerzen und schalteten deshalb das Ludwigsburger Ingenieurbüro ein. Als der Landrat die Kirche sperrte, waren sie zwar sehr konsterniert, erzählte Huber später, hätten aber Verständnis gezeigt und keine Rechtsmittel eingelegt.
Auch in der Öffentlichkeit stieß die Schließungsverfügung auf eine starke Resonanz. Und sie rief auch gleich den damaligen Ministerpräsidenten Kurt Georg Kiesinger auf den Plan. Dafür hatte nicht zuletzt, wie Huber mutmaßte, Minister a. D. Adalbert Seifriz, der „Schutzpatron von Neresheim“, wie er genannt wurde, im Interesse seiner Heimatstadt gesorgt.
Neun Jahre lang war die Kirche geschlossen. Am 9. September 1975 wurde sie nach einer gründlichen Restaurierung in Anwesenheit von Bischof Georg Moser festlich wieder eingeweiht. Die Sanierung hatte 25 Millionen Mark gekostet, das Geld hatten im wesentlichen Bund, Land und Diözese aufgebracht.
1,5 Millionen Mark beigesteuert
1,5 Millionen Mark steuerte der Verein zur Erhaltung der Abteikirche Neresheim bei. Er war am 6. März 1967 gegründet worden. Vorsitzender war Landrat Huber, Schirmherren waren der damalige Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und der seinerzeitige Ministerpräsident Hans Filbinger. Das ursprüngliche Ziel des Vereins, nämlich die Erhaltung der Kirche, war am 9. September 1975 mit ihrer Konsekrierung erreicht. Dennoch wurde der Verein nicht aufgelöst. Denn auch die übrigen Klosteranlagen war in keinem guten baulichen Zustand. So wurde die Zweckbestimmung des Vereins auf die Erhaltung und Sanierung des gesamten Bauensembles ausgedehnt. Und insgesamt 5,5 Millionen Euro an Spedengeldern gesammelt.
Die wurden auch gebraucht, denn auf dem Ulrichsberg fehlte es in den folgenden Jahren nicht an Arbeit, wie aus Berichten von Manfred Schindler hervorgeht. Er hat die Arbeit des Vereins 50 Jahre lang begleitet und sich um die Öffentlichkeitsarbeit gekümmert.
So musste der vierflügelige Konventsbau saniert werden. Es handelte sich um das größte Gebäude nach der Abteikirche. Diese Arbeiten waren so anspruchsvoll wie die Sanierung der Kirche. Mit der Wiederherstellung des Konventsbaus wurde auch ein Klostermuseum eingerichtet und 2009 eröffnet. Es bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Klosters. Das Klosterhospiz wurde in eine Tagungsstätte mit Gastronomie und Hotel umgewandelt, die Prälatur erhielt im Untergeschoss eine Klosterbuchhandlung.