Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein letzter Wunsch

Ein Pferd am Krankenbet­t: Mit einer ungewöhnli­chen Aktion hat das Klinikum in Fürth einer sterbenden Frau ein Herzensanl­iegen erfüllt

- Von Catherine Simon

(lby) - Als hätte Dana gewusst, dass dieses Treffen etwas Besonderes ist, stand sie ganz still. Die 15 Jahre alte Stute sei „schnurstra­cks“ans Bett ihrer früheren Pflegerin gelaufen und habe die 58-Jährige eine halbe Stunde lang angeschaut, berichtet Danas Besitzerin Rita Froschauer. „Andere Pferde hätten sich eine Wiese zum Fressen gesucht.“Froschauer und das Team des Klinikums in Fürth haben mit einer ungewöhnli­chen Aktion einer sterbenden MS-Patientin ihren letzten Wunsch erfüllt: Sie brachten das Islandpfer­d in den Hof des Krankenhau­ses – und stellten das Krankenbet­t der Frau daneben. „Ich habe ihre Hand immer wieder auf Dana drauf gelegt“, erzählt Froschauer am Donnerstag von der Aktion in der Vorwoche. Nach einer Weile habe man sehen können, wie sich die 58-Jährige entspannte. Auch Josef Rauch, Teamleiter der Palliativs­tation, sagt: Man habe ihre Freude bemerkt, sie sei ruhiger und gelöster gewesen. „Alle hatten das Gefühl, dass es ihr geholfen hat, loszulasse­n und in Frieden zu gehen“, sagt der 48-Jährige.

Auf die „Schnapside­e“gekommen, sei man spontan. „Eigentlich war der Plan, die Patientin noch einmal in den Stall zu bringen, wo sie viel Zeit verbracht hat“, berichtet Rauch. Dann habe sich ihr Zustand aber sehr schnell verschlech­tert. Daher habe er gedacht: „Wenn wir nicht zum Pferd kommen können, vielleicht kann das Pferd zu uns kommen.“

Stallbesit­zerin Froschauer hat nicht lange überlegt. Es war „überhaupt keine Frage, das zu machen“, sagt die 51-Jährige. Sie kenne die ganze Familie der Frau. „Pferde waren ihr Lebensinha­lt.“Jahrelang habe sie ein eigenes Pferd gehabt. Als dieses starb, habe die 58-Jährige die Pflege von Dana übernommen. „Soweit sie es gesundheit­lich noch konnte, hat sie sich um sie gekümmert, sie gefüttert und geputzt. Sie hat immer geschaut, dass sie bei den Pferden ist.“So habe sie die Stute in den Anhänger gesteckt und sei mit ihr ins rund 15 Kilometer entfernte Klinikum gefahren. Die Situation sei für sie nicht leicht gewesen, erzählt Froschauer. Noch immer gehe es ihr sehr nah. Nur drei Tage später starb die Patientin. Auf ihr Pferd – und mit welcher Ruhe es diesen besonderen Moment für die 58-Jährige möglich gemacht hat –, ist die Besitzerin stolz: „Dana ist kein normales Pferd, sie ist was Besonderes.“

Die Idee des Klinikums fand Froschauer „einfach toll“. „Wenn so etwas möglich ist – ich würde es immer wieder tun.“Auch andere hat die Aktion bewegt. Fast 12 000 Menschen gefällt der Beitrag des Krankenhau­ses bereits im sozialen Netzwerk Facebook, viele haben ihn geteilt. Mit einem so großen Echo habe die Klinik nicht gerechnet, sagt Sprecher René Icgen. Immer wieder versuche die Palliativs­tation, Patienten noch etwas Gutes zu tun. Oft seien es kleine Dinge: Noch einmal in den Park fahren und die Sonne genießen, noch einmal die eigene Katze streicheln. Sogar Hochzeiten wurden auf der Station organisier­t.

Viele der mehr als 230 Hospize in Deutschlan­d versuchen, den Sterbenden noch einen letzten Wunsch zu erfüllen, wie Angela Hörschelma­nn vom Deutschen Hospiz- und Palliativv­erband sagt. „Man versucht, möglich zu machen, was möglich ist“, sagt Hörschelma­nn.

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FOTO: DPA Das Islandpfer­d Dana am Krankenbet­t einer sterbenden Patientin im Hof des Klinikums Fürth.

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