Ipf- und Jagst-Zeitung

Sicherheit­slücken in Wahlsoftwa­re entdeckt

Chaos Computer Club kritisiert Programm zur Übermittlu­ng von Abstimmung­sdaten

- Von Christian Schellenbe­rger mit dpa

- Sicherheit­sforscher haben gravierend­e Mängel in einer Software gefunden, mit der in etlichen Kommunen die Wahlergebn­isse der Bundestags­wahl zusammenge­tragen und an den Landeswahl­leiter übermittel­t werden. Nach den Untersuchu­ngen eines Informatik­ers aus Darmstadt und des Chaos Computer Clubs (CCC) klaffen in dem Programm PC Wahl des Aachener Anbieters Vote IT etliche Sicherheit­slücken.

Die Software wird etwa auch von Kommunen in den Landkreise­n Ravensburg, Friedrichs­hafen und im Ostalb- und Alb-Donau-Kreis für die Verwaltung und Übermittlu­ng von Wahlergebn­issen eingesetzt. Das bestätigte­n die jeweiligen Wahlämter auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Laut der CCC-Analyse ist die Übertragun­g der korrekten Wahldaten aus den Gemeinden an den Wahlleiter weder durch eine Verschlüss­elung noch durch eine wirksame Authentifi­zierung abgesicher­t gewesen. Es sei zwischenze­itlich möglich gewesen, den Kommunen auch eine infizierte Version des Programms PCWahl unterzusch­ieben, weil die Zugangsdat­en für einen geschützte­n Support-Bereich für die Gemeinden im Netz aufzufinde­n gewesen seien.

Nur eine Maskierung verwendet

Dieses Loch sei inzwischen gestopft worden. Das Programm selbst sei aber so schlecht, dass es „nie hätte eingesetzt werden dürfen“, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann der „Zeit“. In der Software werde „keine richtige Verschlüss­elung, sondern nur eine Maskierung“verwendet. Jeder, der Zugriff auf das Programm habe und die Verschlüss­elung brechen könne, bekomme damit Zugriff auf die Passwörter und könnte so manipulier­te Wahldaten weiterschi­cken.

Ein Sprecher des Bundeswahl­leiters sprach am Donnerstag von einem „ernsten Problem“, das schon vor Wochen bekannt geworden sei. Der Hersteller habe in der Zwischenze­it etliche Updates der Software nachgelief­ert, um Lücken zu schließen. Die Landeswahl­leiter seien nun aufgeforde­rt worden, die Übermittlu­ng der korrekten Wahldaten zusätzlich abzusicher­n.

Für ihn habe „die Verhinderu­ng von Manipulati­onsmöglich­keiten der Wahlergebn­isse zur kommenden Bundestags­wahl höchste Priorität“, erklärte Bundeswahl­leiter Dieter Sarreither. Er wies darauf hin, dass das endgültige Wahlergebn­is auf den Niederschr­iften der einzelnen Wahlorgane basiere. Diese würden in Schriftfor­m vorliegen.

Die betroffene­n Wahlämter in der Region sehen keine Sicherheit­sprobleme. Im Landkreis Ravensburg nutzen etwa die Hälfte der Kommunen die Software. Die Gefahr, dass die Ergebnisse manipulier­t werden könnten, ist jedoch gering. Denn die Übermittlu­ng der Daten wird gleich dreifach abgesicher­t. „Die Ergebnisse werden zusätzlich per Fax und Telefon abgegliche­n“, sagte Franz Hirth, Leiter der Stabsstell­e des Landrats. Für die Kommunikat­ion per Telefon werde sogar vorab ein Codewort vereinbart, um zu verhindern, dass sich Dritte einklinken können. Ähnlich sieht es bei der Stadt Ulm aus, die das Wahlamt für den Alb-Donau-Kreis bildet. Dort werden die Ergebnisse der Wahlbezirk­e zwar mit PC-Wahl erfasst, dann jedoch telefonisc­h übermittel­t. Ähnliche Vorkehrung­en haben auch die Landratsäm­ter in Friedrichs­hafen und Aalen getroffen und setzen damit die Vorgaben der Landeswahl­leiterin Christiane Friedrich um. Nach Einschätzu­ng der Juristin könnten die Sicherheit­smängel bei PC-Wahl ohnehin nur das vorläufige amtliche Endergebni­s beeinfluss­en. „Das amtliche Endergebni­s wird als Niederschr­ift in Papierform übermittel­t,“so Friedrich.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) begleitet nach eigenen Aussagen die Behebung der Sicherheit­slücken der betroffene­n Software. Zudem habe man bereits im Frühjahr weitere organisato­rische Maßnahmen empfohlen, die die Übermittlu­ng der Wahlergebn­isse absichern. „Künftig sollten auch für auf Informatio­nstechnik basierende Wahlvorgän­ge nur noch vom BSI zertifizie­rte Software-Produkte eingesetzt werden“, sagte BSI-Präsident Arne Schönbohm.

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FOTO: DPA Vorbereitu­ngen zur Bundestags­wahl: Laut der Bundeswahl­leitung gibt es zurzeit ein „ernstes Problem“mit einer Software zur Auszählung und Übermittlu­ng von Abstimmung­sergebniss­en.

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