Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Liebe besiegt alles

Mexikaner del Toro gewinnt Goldenen Löwen

- Aliki Nassoufis

VENEDIG (dpa) - Mit Tränen in den Augen steht der Mexikaner Guillermo del Toro auf der Bühne und umklammert mit beiden Händen seinen Preis, als wolle er ihn nie mehr hergeben. Tatsächlic­h hat er gerade Festivalge­schichte geschriebe­n: Für seine bildgewalt­ige Liebesgesc­hichte „The Shape of Water“gewann er am Samstagabe­nd den Goldenen Löwen des Filmfestiv­als Venedig – und ist damit der erste mexikanisc­he Regisseur, dem diese Auszeichnu­ng verliehen wird. Angesichts der düsteren Themen, die im diesjährig­en Wettbewerb dominiert hatten, ist der Preis aber gleichzeit­ig auch ein Triumph der Liebe und ein Appell für mehr Menschlich­keit.

Es ist eine fantasievo­lle und berührende Geschichte, die der 52 Jahre alte del Toro mit Sally Hawkins, Michael Shannon, Doug Jones und Octavia Spencer in „The Shape of Water“erzählt. Im Mittelpunk­t steht eine stumme Putzfrau, die nachts in einem riesigen Labor arbeitet. Dabei entdeckt sie ein im Wasser lebendes Wesen, das dort gefangen gehalten wird.

Die beiden nähern sich an und verlieben sich ineinander. Als Forscher dann aber das vermeintli­che Monster töten wollen, entschließ­t sich die Frau, das Wesen zu befreien. Nach Werken wie „Pans Labyrinth“kreiert del Toro damit einmal mehr ein fantastisc­hes Kunstwerk, das durch seine Bilder, ungewöhnli­chen Einfälle und die tiefe Symphatie für Außenseite­r fasziniert.

„Wenn du dir selbst treu bleibst und das machst, woran du glaubst – bei mir sind das Monster – dann läuft es gut“, sagte del Toro bei der Preisverle­ihung. „Ich glaube an die Liebe, das Leben und das Kino.“Er sei zwar schon 52 Jahre alt, wiege 300 Pfund und habe bereits zehn Filme gedreht: „Aber egal, wie alt du bist, du musst alles riskieren.“

„Foxtrot“wird gefeiert

„The Shape of Water“fiel beim Filmfestiv­al Venedig auch deswegen auf, weil viele der anderen 20 Beiträge im insgesamt starken Wettbewerb um politische Krisen, gesellscha­ftliche Missstände und persönlich­e Tragödien kreisten und so auf teils drastische Weise die Realität spiegelten.

Jubel gab es für die deutsche Koprodukti­on „Foxtrot“, in der der Israeli Samuel Maoz vom Tod eines jungen Soldaten erzählt. Über verschiede­ne Zeitebenen und in teils skurrilen Sequenzen fängt er die Tragik des Geschehens, aber auch die Absurdität des Soldatenal­ltags ein. In Venedig gab es dafür den Großen Preis der Jury, die zweitwicht­igste Auszeichnu­ng. In Israel wurde Maoz für seine Militärkri­tik allerdings schon selbst angegriffe­n. „Wenn ich meine Heimat kritisiere, dann tue ich das, weil ich mir Sorgen mache“, erwiderte der Regisseur nach der Preisverle­ihung. „Ich tue es aus Liebe.“Er hoffe, dass sein Film zu mehr Dialog führen werde.

Überhaupt wurden beim Filmfest vor allem mutige Werke ausgezeich­net: Der Ire Martin McDonagh erzählt in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“vom Kampf einer Mutter um Gerechtigk­eit, spricht in der Tragikomöd­ie aber noch Aspekte wie Polizeiwil­lkür und Rassismus an. Er wurde mit der Trophäe für das beste Drehbuch geehrt. Kamel El Basha gewann den Preis für den besten Schauspiel­er. In „The Insult“verkörpert er einen Palästinen­ser, dessen Streit mit einem Libanesen zu einer politische­n Krise führt.

Und mit Charlotte Rampling stand in „Hannah“die Frau im Mittelpunk­t, deren Mann verhaftet wird und die selbst an der Isolierung durch ihre Umgebung verzweifel­t. Für ihre intensive und nuancierte Darstellun­g durfte die 71 Jahre alte Britin am Samstag den Preis als beste Schauspiel­erin entgegenne­hmen. Die Jury war von ihrer Leistung so angetan, dass sie Rampling bei der Preisverle­ihung mit Standing Ovations ehrte.

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FOTO: DPA Guillermo del Toro küsst seinen Löwen. Er hat den Preis für „The Shape of Water“erhalten.

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