Bundestagskandidaten bekennen Farbe
300 Menschen verfolgen die Podiumsdiskussion in der Stadthalle.
- Doch, Politik ist interessant. Sonst wären nicht knapp 300 Zuhörerinnen und Zuhörer zur Podiumsdiskussion der „Ipf- und JagstZeitung“/ „Aalener Nachrichten“in die Ellwanger Stadthalle gekommen. Und es gibt auch noch engagierte und faire Diskussionen. Das haben alle Kandidaten gezeigt. Ja, alle.
Gesundheit, Mobilität und Sicherheit waren die Themen, zu denen Andreas Müller, stellvertretender Chefredakteur der „Schwäbischen Zeitung“und Redaktionsleiter Ulrich Geßler von der „Ipf- und JagstZeitung“/ „Aalener Nachrichten“die Bundestagskandidaten Roderich Kiesewetter (CDU), Leni Breymaier (SPD), Margit Stumpp (Grüne), Saskia Jürgens (Linke), Silke Leber (FDP) und Ruben Rupp (AfD) befragt haben.
Es ging aber auch um hohe Mieten, Grundeinkommen und die Renten. Dafür interessierten sich Abiturientinnen Lisa Utz und Tabea Kreuziger von Sankt Gertrudis in ihrem Moderationsblock. Warum sie sich für Politik interessieren? Weil sie für den Alltag maßgeblich ist. Weil Demokratie geschützt werden muss. Und weil, wer nicht wählt, sich später nicht beschweren darf.
Mietpreisbremse: Dass die Mietpreisbremse an den hohen Mieten in den Unistädten wenig geändert hat, sieht auch Leni Breymaier so: „Wir müssen Bedingungen schaffen, dass mehr Wohnungen gebaut werden.“Ihr Rezept: Eine Quote für günstige Wohnungen einführen. Aber das Thema sei komplex, es gebe nicht die eine Lösung.
Silke Leber (FDP) plädiert für ein sachgerechtes Wohngeld und weniger Vorschriften beim Bau: „Die machen es teuer.“
Grundeinkommen: Ein Grundeinkommen für alle ist natürlich das Stichwort für Saskia Jürgens (Linke). Finanzieren ließe es sich durch mehr Steuern: „Wir müssen die Reichen und die Firmen mehr in die Verantwortung nehmen.“
Rente: Wie lange sie arbeiten müssen, damit sie dann „so gut wie keine Rente bekommen“, sollte Roderich Kiesewetter (CDU) den Abiturientinnen beantworten: Auf jeden Fall nicht länger als 67. Wobei länger arbeiten darf, wer will.
Margit Stumm (Grüne) ist für eine Grundrente und mehr Flexibilität: „Wenn jemand früher aufhören will, soll er das tun – mit Abschlägen.“Silke Leber will ein flexibles Eintrittsalter ab 60 Jahren und die Zuverdienstgrenze abschaffen.
Ruben Rupp (AfD) will mehr Rente durch Unternehmensgründungen erreichen, damit die Wirtschaft wächst. Erziehungszeiten sollen stärker berücksichtigt und die Rente mit Mitteln aus der Flüchtlingsbetreuung finanziert werden. Was die Mädchen konterten, dass das Geld für die Integration ja trotzdem gebraucht werde, „auch wenn es Ihnen nicht passt“.
Medizinische Versorgung: Saskia Jürgens (Linke) Lösung: Die kleinen Gemeinden besser an den Nahverkehr anbinden, um die Patienten zum Arzt zu bringen. Damit weniger Ärzte in der Stadt und mehr aufs Land gehen, solle man die Bezahlung attraktiver machen. Auch Gemeinschaftspraxen oder medizinische Dienstleistungszentren kann sie sich vorstellen. Sie ist für eine Landarztquote, was Silke Leber (FDP) strikt ablehnt. Ihr Vorschlag: Die Budgetierung abzuschaffen. Gegen eine Quote ist auch Ruben Rupp (AfD). Er will der Landflucht durch Digitalisierung und staatliche Anreize für Ärzte, die aufs Land gehen, entgegenwirken.
Roderich Kiesewetter (CDU) ist wichtig, dass die Kliniken weiter kommunal geführt werden und enger mit den niedergelassenen Ärzten zusammenarbeiten. Das Gehaltsniveau des Pflegepersonals müsse angehoben werden. Dafür ist auch Leni Breymaier (SPD). Es gebe eine hohe Fluktuation, weil der Stress so groß sei. Deshalb müsse man auch am Pflegeschlüssel arbeiten, sprich mehr Schwestern und Pfleger pro Patient beschäftigen. Um mehr Ärzte aufs Land zu bekommen, ist sie dafür, den Numerus Clausus zu senken: „Dann kommen auch Leute mit Zweier-Abi“.
An der Zahl der Studenten liegt es nicht, ist Margit Stumpp (Grüne) überzeugt. Eher daran, dass viele Ärzte ins Ausland abwandern. Sie sprach sich für Arbeitszeitmodelle aus, bei denen sich Familie und Beruf vereinbaren lassen. Um die Kliniken besser zu finanzieren, müssten die Fallpauschalen angehoben werden.
Infrastruktur, Mobilität: Ohne Auto auf dem Land, das funktioniert nicht. Das geht den Kandidaten nicht anders. Alle fahren Auto, vier einen Diesel, auch die Grüne Margit Stumpp. Das muss aber nicht so bleiben. Wobei sie nicht allein auf E-Mobilität setzt, sondern auch auf Brennstoffzellen oder Gas. Wie Leni Breymaier (SPD). E-Mobilität sei nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn der Strom aus Kohlekraft gewonnen wird und es hochproblematisch ist, an die Bestandteile für Batterien zu kommen. Und der Betrug um den Verbrauch? Roderich Kiesewetter (CDU) war die Sprache beim Diesel-Gipfel viel zu gedämpft. Er hofft auf die Sammelklage der Verbraucher gegen die Hersteller, die er mit ermöglicht habe. Von den Herstellern wünscht er sich mehr Demut. In Zukunft setzt er auf vernetzte Mobilität mit der Bahn. Saskia Jürgens (Linke) möchte als Gegenrezept für permanent verstopfte Straßen mehr Gütertransport auf die Schiene bringen und den Nahverkehr attraktiver machen, zum Beispiel durch niedrigere Preise und ein flächendeckendes Netz mit Ruftaxis und Kleinbussen.
Für gut ausgebaute Straßen ist Silke Leber (FDP). Auch Ruben Rupp (AfD) begrüßt den Ausbau der B 29. Dass es hier vorangeht, schreibt sich Roderich Kiesewetter auf die Fahne. Leni Breymaier (SPD) will sich noch nicht auf einen Ausbau festlegen. Für Margit Stumpp (Grüne) geht Sanierung vor Ausbau. Sie will mehr Geld für die Bahn.
Sicherheit: Mehr Polizeipräsenz, bessere Ausrüstung der Polizei und mehr Polizisten, in diesen Forderungen sind sich alle Kandidaten einig. Mehr Sicherheit durch leichteren Zugang zu Waffen? Dass seine Partei das vertrete, stritt Ruben Rupp (AfD) rundweg ab. Leni Breymaier (SPD) ist für eine bessere Vernetzung der Polizei in den Bundesländern und der EU. Saskia Jürgens (Linke) warnt davor, die Bürgerrechte durch Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung einzuschränken und fordert nicht nur mehr Polizisten, sondern auch mehr Sozialarbeiter.
Margit Stumpp (Grüne) ist strikt dagegen, die Bundeswehr in der Inneren Sicherheit einzusetzen und ist sich darin einig mit Roderich Kiesewetter (CDU), der sich für mehr Prävention einsetzt.