Watteweich in extreme Höhen
Männliche Sopranstimme fasziniert das Publikum in der Sankt-Johann-Kirche
- Mit geschlossenen Augen glaubte man eine Frauenstimme zu hören. Es ist aber ein Mann, Countertenor Robert Crowe. Watteweich erreicht er extreme Höhen, akzentuiert aber seinen Gesang trotzdem so scharf, dass er auch in schnellsten Läufen und rasantesten Koloraturen transparent bleibt. Kein Wunder, dass er das Publikum am Sonntagabend in der vollbesetzten Sankt-Johann-Kirche aufs Höchste faszinierte. Crowe reist mit der litauischen Organistin Julia Gillich-Naroschnaja durch die Welt. „Schon vor 20 Jahren hat Julia in Aalen gespielt, die mir über Studienfreundschaft bestens bekannt ist“, verrät Kirchenmusikdirektor Thomas Haller. Die Litauerin hat sich als äußerst einfühlsame Begleiterin von Robert Crowe einen Namen gemacht. Sie kennt sich vor allem auch mit so speziellen Barockorgeln aus, wie das von dem Wasseralfinger Orgelbauer Joseph Nikolaus Allgeyer stammende Instrument.
Im Mittelpunkt standen die Amen- und Alleluja-Arien Händels. „Niemand weiß, warum sie komponiert wurden“, erklärt Crowe. Händel hat wohl nur das Grundmuster notiert, der Sänger durfte improvisieren. Und da erwies sich Crowe als herausragend. „Das Publikum in der Barockzeit hat sofort gemerkt, wenn neue Verzierungen hinzukamen und hat sie mit Sonderapplaus bedacht“, kommentierte der Sänger.
Countertenöre in Alt-Lage gibt es relativ häufig, sehr selten sind aber männliche Sopranstimmen von der Qualität, über die Crowe verfügt. Bei ihm stimmt nicht nur die ausgefeilte Technik, sondern überrascht vor allem die vielseitige Gestaltung.
Abwechslungsreich hatte auch die Organistin ihr Solo-Programm zusammengestellt. Metallischer Glanz erfüllte die Passacaglia von Georg Muffat, devoter Klang bestimmte das „Veni Sancte Spiritus“von Peter Philipp, Kontrapunktik prägte das Präludium in e-Moll von Nicolaus Bruhns. Heiterkeit entstand unter den Zuhörern, als beim Finale der Orgel die Luft ausging – das einzige Mal im ganzen Programm. Das Ehepaar Haller imponierte sonst sehr beim tüchtigen abwechslungsweisen Bedienen des Blasebalgs.