Was Wähler von den Bundestagskandidaten wissen wollen
(ij) - Einen dicken Stapel Karten mit Fragen aus dem Publikum gilt es noch zu beantworten. Zuhörer hatten bei der von der „Ipf- und Jagst-Zeitung“und den „Aalener Nachrichten“veranstalteten Podiumsdiskussion am Dienstag vergangener Woche die Möglichkeit, selbst Fragen an die sechs Bundestagskandidaten zu stellen. Sie taten das so engagiert, dass an jenem Abend nur ein Bruchteil beantwortet werden konnte. Zum Teil hatten die Kandidaten zu den angesprochenen Themen jedoch auch schon in den von uns publizierten Wahlprüfsteinen Stellung bezogen. Eine weitere Auswahl an Fragen finden Sie auf dieser Seite. Da auch hier der Platz nicht reicht, finden Sie die ausführlichen Antworten auf schwäbische.de/podium-fragen.
Fremdenfeindlichkeit ist oft unbegründet und Fortschritte werden von rechts ignoriert. Wie wollen Sie Hetze und Rassismus entgegenwirken?
Ich unterstütze „Pulse of Europe“offiziell und stehe uneingeschränkt zum europäischen Gedanken für Freiheit und Wohlstand. Den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu bewahren, ist die dringendste Aufgabe zum Erhalt unserer Demokratie. Gute Präventionsarbeit, Stärkung des Ehrenamt und gute Bildungschancen, verbunden mit der Förderung und Forderung von Migranten, sind dazu geeignete Mittel, um Hetze und Rassismus den Nährboden zu entziehen. Mir ist es wichtig, Zivilcourage schon bei Schülern und im Alltag zu fördern.
Wer garantiert die ersatzlose Abschaffung des Solis?
Die Union hat dazu in ihrem Regierungsprogramm Stellung bezogen und setzt das um, wenn sie sich in der kommenden Regierungskoalition damit durchsetzt: Ab der nächsten Wahlperiode mit einer Entlastung von vier Milliarden Euro, dann ab 2024 mit einer schrittweisen Abschaffung des Soli. In sieben Jahren soll es damit keinen Soli mehr geben.
Warum reist man Flüchtlingsfamilien auseinander, schiebt Frau und Kinder ab und der Mann bleibt hier?
Es gilt das Prinzip der Familieneinheit. Minderjährige Kinder können nicht von ihren Eltern getrennt werden. Mir sind wenige Fälle bekannt, bei denen ein Familienteil aufgrund einer Arbeitsplatzstelle geduldet wird, jedoch volljährige Kinder im Asylverfahren abgelehnt und deshalb abgeschoben wurden. Oft betrifft das Familien aus sicheren Herkunftsländern des Balkans. Die reguläre Arbeitsmigration wird nun über Behörden vor Ort begleitet und die Menschen nicht im Glauben gelassen, man könne mittels eines Asylantrags in Deutschland mit der gesamten Familie bleiben. Gleichzeitig finanzieren wir aber auch für Zurückgekehrte Wiedere ing liederungsmaßn ahmen.
Ich bin seit 2017 Regelaltersrentnerin mit 566 Euro im Monat von der DRV. Ich habe drei Kinder vor 1992 geboren und bekomme nur jeweils zwei Jahre angerechnet. Wann setzt sich die SPD für das dritte Jahr Mütterrente ein für meine Jahrgänge?
Ich setze mich seit es die Mütterrente gibt für eine gleiche Bewertung ein. Meine Mutter, Jahrgang 1919, bekam zunächst für ihre fünf Kinder nichts und dann jeweils einen Punkt. Ich will, dass die Mütterrente komplett aus Steuern finanziert wird und nicht aus Rentenversicherungsbeiträgen.
Wer sichert garantiert die ersatzlose Abschaffung des Solis?
Die SPD hat die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2020 für untere und mittlere Einkommen konkret im Programm.
Kann man soziale Berufe durch gezielte Steuererleichterung attraktiver für junge Leute machen?
Soziale Berufe sind aufzuwerten. Da sind sich viele einig. Wir sollten uns auch darin einig sein, dass das dann eben Geld kostet. Von gutem Willen und schönen Worten können die Betroffenen nicht abbeißen.
Welche Maßnahmen wollen Sie in den nächsten vier Jahren ergreifen, um den Klimawandel auf das 1,5Grad-Ziel zu begrenzen?
Das zentrale Element ist ein bundesweites Klimaschutzgesetz. Damit beschreiben wir den Klimaschutzpfad bis 2050 und setzen verbindliche und planbare Ziele. Ziel ist, bis 2015 den Ausstoß klimaschädlicher Gase um 95 Prozent zu senken. Dazu gehört eine Mischung aus Effizienz-, Einsparund Umstellmaßnahmen. Nur einige Beispiele: Wir wollen den Deckel beim Zubau regenerativer Energie aufheben. Gleichzeitig treiben wir die Forschung und Entwicklung für Speicher voran. Den Strommarkt werden wir reformieren, damit leicht regelbare Gaskraftwerke wirtschaftlich betrieben werden. Wir nehmen die 20 dreckigsten Braunkohleblöcke vom Netz und bauen die etwa 52 Milliarden Euro klimaschädlicher Subventionen im Bundeshaushalt schrittweise ab. Daneben fördern wir Einspar- und Effizienzentwicklungen. Neben Industrie und Energiewirtschaft müssen auch der Verkehr, die Landwirtschaft und der Gebäudesektor ihren Beitrag leisten. Klimaschutz ist eine internationale Aufgabe. Wenn die USA unter Trump ausfällt, müssen wir Europäer um so mehr kompensieren. Dazu gehören folgende Maßnahmen: In der Handelspolitik müssen CO
eine Voraussetzung für neue Abkommen sein. Der EU-Emissionshandel muss reformiert werden, damit der Ausstoß von Klimagasen wieder echtes Geld kostet. Hierfür müssen überschüssige CO2-Zertifikate dauerhaft gelöscht und die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten beendet werden. Für alle 27 Staaten der EU muss bis 2050 eine CO von mindestens 95 Prozent gegenüber 1990 verpflichtend sein.
Wer sichert garantiert die ersatzlose Abschaffung des Solis?
Der Soli in der jetzigen Form ist überholt. Wir haben inzwischen ein Auseinanderdriften der Lebensverhältnisse unabhängig von der ehemaligen Zugehörigkeit zum Westen oder Osten. Die betroffenen Städte und Gemeinden brauchen Unterstützung vom Bund, die zum Beispiel durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen gegenfinanziert wird. Wir Grüne wollen deshalb struktur-und finanzschwachen Kommunen unabhängig von der Himmelsrichtung unter die Arme greifen. Unser Ziel ist eine angemessene finanzielle Ausstattung für alle. Mit einem Altschuldenfonds ermöglichen wir hoch verschuldeten Städten und Gemeinden einen Neustart. Die Einnahmen werden wir mit der kommunalen Wirtschaftssteuer verlässlicher und die Grundsteuer gerechter machen, um auch so flächensparendes Bauen zu begünstigen und gegen Flächenverbrauch und Baulandspekulationen vorzugehen. Der Bund und die Länder dürfen Städte und Gemeinden nicht mehr mit immer neuen Aufgaben belasten, ohne das nötige Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Unser Grundsatz lautet: Wer bestellt, bezahlt. Außerdem brauchen wir mehr nachhaltige Investitionen. Seit Jahrzehnten fallen immer wieder Sanierungen und Instandsetzungen von öffentlicher Infrastruktur dem Rotstift zum Opfer oder werden ohne ökologischen und nachhaltigen Nutzen realisiert. Dieser Investitionsstau konzentriert sich ausgerechnet auf die finanziell gebeutelten Kommunen. Mit unserem grünen Investitionsprogramm im zweistelligen Milliardenbereich wollen wir in einem ersten Schritt bei der Sanierung von Schulen helfen, da hier in vielen Orten die Not am größten ist.
Kann man soziale Berufe durch gezielte Steuererleichterung attraktiver für junge Leute machen?
Eine gezielte Steuererleichterung hilft nicht. Zum einen zahlen geringe Einkommen wenig Steuern, zum Anderen würden noch mehr Ausnahmen Schlupflöcher bieten und das Recht komplizieren. Wirklich helfen würde eine angemessene Bezahlung. Dafür müssen wir die Krankenversicherung umbauen. Wir Grüne wollen die gesetzliche und private Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln. Alle Bürger und Bürgerinnen beteiligen sich. Auf Aktiengewinne und Kapitaleinkünfte werden ebenfalls Beiträge erhoben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernehmen wieder jeweils die Hälfte des Beitrags und die bisher allein von den Arbeitnehmern getragenen Zusatzbeiträge werden wieder abgeschafft. Außerdem brauchen soziale Berufe bessere Arbeitsbedingungen.
Welche Maßnahmen wollen Sie in den nächsten vier Jahren ergreifen, um den Klimawandel auf das 1,5-GradZiel zu begrenzen?
Hier wollen die Freien Demokraten Geld in die Forschung stecken, denn nur Forschung und Technologieoffenheit bringt uns weiter und Deutschland allein kann das Ziel nicht erreichen. Daran müssen alle Staaten, auch USA und China, arbeiten. Wir wollen den Emissionshandel als globales Klimaschutzinstrument weiterentwickeln und dafür internationale Kooperationspartner finden.
Fremdenfeindlichkeit ist oft unbegründet und Fortschritte werden von rechts ignoriert. Wie wollen Sie Hetze und Rassismus entgegenwirken?
Hier hilft nur Aufklärung, Aufklärung, und nochmals Aufklärung.
Kann man soziale Berufe durch gezielte Steuererleichterung attraktiver für junge Leute machen?
Wenn wir Steuererleichterung machen, dann für alle. Es fehlen nicht nur in den sozialen Berufen junge Leute, sondern auch im Handwerk. Heutzutage wollen alle studieren und keiner mehr körperlich oder schwer arbeiten. Hier müssen wir forschen und Lösungen finden, um mit unseren Kräften die Arbeit bewältigen zu können.
Fremdenfeindlichkeit ist oft unbegründet und Fortschritte werden von rechts ignoriert. Wie wollen Sie Hetze und Rassismus entgegenwirken?
Die Linke ist Teil des bundesweiten Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“. In Aalen und in Schwäbisch Gmünd gibt es dieses Regionalbündnis, welches sich regelmäßig trifft, um Aktionen zur Aufklärung über Fremdenfeindlichkeit, Flucht, Fluchtursachen und Integration zu planen. Hinzu kommen Veranstaltungen des Miteinanders und der Solidarität. Die Linke verfolgt ebenfalls das Ziel über die genannten Punkte aufzuklären. Unsere Haltung ist die eines konsequenten, gelebten, gewaltfreien und aufklärenden, Antifaschismus. Neben dem Gespräch mit der Bevölkerung gibt es zwei zentrale Faktoren, die wir politisch angehen müssen und wollen. Zum einen ist das die soziale Gerechtigkeit. Rechte Gesinnung erhielt erst dadurch so viel Gehör, weil es bereits seit Jahren an wichtigen Elementen der öffentlichen Daseinsvorsorge fehlt, beispielsweise bezahlbarer Wohnraum oder Chancengleichheit in der Bildung. Die Bevölkerung leidet unter dem Mangel, der durch das neokapitalistische und profitorientierte politische Agieren der letzten Regierungen entstanden ist und gerät immer tiefer in prekäre Lebenssituationen. Diese Situation nutzen rechte Parteien für ihre rassistische Hetze. Der zweite Faktor sind die Fluchtursachen, die politisch bekämpft werden müssen. Die Linke will Waffenexporte verbieten, Deutschland eine Vermittlerrolle, statt einer militärischen Rolle zukommen lassen und somit militärische Einsätze unterbinden. Wir sind der Meinung: Gewalt erzeugt Gegengewalt. Frieden wird nicht mit Waffen, sondern mit zivilen Friedensprojekten gemacht. Außerdem wollen wir ausbeuterische und undemokratische Freihandelsabkommen wie EPA abschaffen.
Wer sichert garantiert die ersatzlose Abschaffung des Solis?
Die neuen Bundesländer sind leider wirtschaftlich immer noch hinter den alten Bundesländern her. Ein verbreitetes Missverständnis ist die Auffassung, der Solidaritätszuschlag sei eine Sondersteuer, die der Westen für den Aufbau Ost bezahlen muss. Dabei wird oft außer Acht gelassen, dass der Osten den Solidaritätszuschlag ebenfalls zahlt. Auch werden die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag nicht zur Finanzierung von Ausgaben in Ostdeutschland verwendet. Er hat mit dem Solidarpakt, also den Transferleistungen an die ostdeutschen Länder, nichts zu tun. Stattdessen fließt er ohne Zweckbindung in den Bundeshaushalt und zwar ausschließlich in diesen. Länder und Kommunen sind an den Einnahmen nicht beteiligt. Daher ist die Behauptung, der Solidaritätszuschlag diene dem Aufbau Ost, eine Mogelpackung. Tatsächlich wird er aus „Solidarität“mit dem Bundeshaushalt erhoben. Die Fraktion Die Linke setzt sich für ein gerechtes Steuersystem ein. Wir wollen Vermögenseinkommen, große Erbschaften und Finanzgeschäfte wesentlich stärker belasten als bisher. Dadurch erhält der Bund zusätzliche Einnahmen, und der Solidaritätszuschlag kann schrittweise gesenkt werden.
Kann man soziale Berufe durch gezielte Steuererleichterung attraktiver für junge Leute machen?
Nicht die Steuern sind das Problem der Unattraktivität sozialer Berufe, sondern fehlende Anerkennung, die dortigen Arbeitsbedingungen und eine schlechte Bezahlung. Durch die fortschreitende Privatisierung vor allem des Gesundheitswesens hat die Prekarisierung dort enorm zugenommen. Ein weiterer Punkt ist hierbei auch, dass häufig die Berufsausbildung nicht kostenfrei ist. Die Linke kämpft für kostenlose Ausbildungen und Weiterbildungen. Wir sind der Meinung, dass soziale Berufe einer der wichtigsten Faktoren unserer Gesellschaft sind und diese Menschen eine bemerkenswerte und oft auch schwere Arbeit erbringen. Dafür müssen sie Anerkennung und eine bessere Bezahlung erhalten. Wir wollen in Bildung und Kinderbetreuung investieren und setzten uns für mehr Personal und bessere Löhne ein. Dasselbe gilt für Pflegeberufe: mindestens 100 000 neue Pflegekräfte und einen Pflegemindestlohn von 14,50 Euro. Durch eine gerechte Besteuerung, bei der niedrige und mittlere Einkommen entlastet werden, Konzerne und Superreiche jedoch mehr in ihre Verantwortung genommen werden, ist dies finanzierbar.
Welche Maßnahmen wollen Sie in den nächsten vier Jahren ergreifen, um den Klimawandel auf das 1,5Grad-Ziel zu begrenzen?
Da die angeblich von Menschen verursachte Klimakatastrophe eine Weltuntergangstheorie ist, muss sie wissenschaftlich sauber und zweifelsfrei bewiesen werden, bevor wir Millionen Arbeitsplätze gefährden und unseren Wohlstand riskieren. Dieser eindeutige Nachweis steht bis heute aus.
Gestern tauchte in meinem Facebook-Feed eine Anzeige der AfD auf. Darin werden muslimische Einwanderer als Todesstoß für Deutschland bezeichnet. Wie soll sich meine muslimische Frau fühlen wenn sie das liest?
Wenn sie sich als integriert-assimilierte Deutsche sieht und ihren Glauben nicht im Sinne des muslimischen Mainstreams des Nahen Ostens auslebt, also als politische Identität und in Abgrenzung zu westlichen Werten, dann muss sie sich nicht angesprochen fühlen. Im Gegenteil: Der massenhafte Zustrom vieler antiwestlicher Muslime zerstört das Ansehen von gut angepassten, reformorientierten Muslimen und daran sollten besonders die gut assimilierten Muslime auch kein Interesse haben.
Warum soll der Bürger leichteren Zugang zu Waffen haben? Steht in Ihrem Parteiprogramm. Wollen Sie die Flüchtlinge mit Waffengewalt aufhalten?
In unserem Parteiprogramm steht: „Vorschlag der EU-Kommission hat das EU-Parlament in Reaktion auf die Terroranschläge von Paris im November 2015 die EU-Feuerwaffenrichtlinie geändert. Damit kommt es zu einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts. (...) Die Umsetzung der EUFeuerwaffenrichtlinie lehnen wir ab.“Grundsätzlich lehnen wir also die weitere Verschärfung im bereits bestehenden Waffenrecht ab.