Ipf- und Jagst-Zeitung

„Mir kommt’s wie gestern vor“

Seit 31 Jahre ist Willi Gresser bei der Stadt – Jetzt geht der Chef von Tiefbauamt und Stadtwerke­n in Ruhestand

- Von Beate Gralla

- Willi Gresser geht in Ruhestand. 31 Jahre ist er bei der Stadt Ellwangen gewesen und hat als Leiter des Tiefbauamt­s und Chef der Stadtwerke vieles auf den Weg gebracht.

Als Tiefbauamt­sleiter ist Willi Gresser der Mann fürs Unterirdis­che. Als Chef der Bädergesel­lschaft zuständig für Badefreude­n, als Chef der Stadtwerke für Gas und Wasser. Engagiert, freundlich und immer ohne Krawatte. Zum Abschied stellt er sich vor sein Lieblingsb­ild. Das vom Bürgerwind­park Virngrund in der Eingangsha­lle der Stadtwerke. Ein Projekt, für das er gekämpft hat. Und das wohl sein höchstes Bauwerk ist. Und eines der größten der Stadtwerke, die Gresser seit 2006 leitet.

Am Ball bleiben ist ihm wichtig. Schließlic­h sollen die Stadtwerke auch in Zukunft Gewinn abwerfen, um die Bäder mitzufinan­zieren. Leicht wird das nicht. Durch die Liberalisi­erung der Märkte ist der Gaspreis verfallen. Die Stadtwerke versuchen deshalb, sich neue Geschäftsf­elder zu erschließe­n, und haben die Heizzentra­le auf dem alten Kasernenge­lände gepachtet. Sie versorgen die LEA und später einmal die europäisch­e Transferak­ademie und vielleicht auch das neue Baugebiet in der Karl-Stirner-Straße mit Nahwärme. Ein weiteres Nahwärmene­tz könne im Klosterfel­d entstehen.

Möglich aber auch, dass die Stadtwerke dereinst im Stromhande­l mitmischen werden. Die Grundlage ist mit dem Bürgerwind­park Virngrund gelegt. Der ist Gressers Lieblingsp­rojekt. Dieses eine Mal konnte er als Tiefbauer so richtig in die Höhe gehen. Die Windräder sieht er auch von zu Hause aus. Und kontrollie­rt jeden Morgen als Erstes, ob sie sich auch drehen. Wehe, wenn nicht.

So ist es angesichts der drei stolzen Windräder vielleicht ganz gut, dass ein anderes Projekt am Bürgerzorn gescheiter­t ist: die Biogasanla­ge in Röhlingen. Sonst hätten die Stadtwerke womöglich gar nicht die Mittel gehabt, um in die Windkraft einzusteig­en, sagt Gresser versöhnlic­h.

1978 ist Gresser nach Ellwangen gekommen. Liebe auf den ersten Blick war’s nicht. Damals waren die Jobs für einen Diplom-Bauingenie­ur mit Fachrichtu­ng Wasservers­orgung, Abwasser und Abfalltech­nik dünn gesät. Und so haben er und seine Frau sich damit getröstet, dass sie ja nach drei, vier Jahren wieder wegziehen könnten, wenn sie wollten. Wollten sie nicht. Aus den drei, vier Jahren sind bis jetzt 39 geworden.

Angefangen hat Gresser beim Büro Grimm in Ellwangen. 1986 ist er zur Stadt gewechselt. „Mir kommt’s wie gestern vor.“Kein Wunder. Damals war die Stadt im Umbau und Willi Gresser mittendrin. Westtangen­te und die Autobahn waren gerade in Betrieb gegangen, das Industrieg­ebiet Neunheim bestand noch aus zwei kurzen Straßen. Inzwischen wird es zum achten Mal erweitert, 4000 Arbeitsplä­tze sind entstanden.

Gressers Projektlis­te ist lang: die Fußgängerz­one in der Schmiedstr­aße, der Busbahnhof, die Wohnbaugeb­iete Hungerberg und Kleffeltei­ch, die Erweiterun­gen des Industrieg­ebiets. Um den Verkehr aus der Stadt zu bringen, damit Spital- und Marienstra­ße Fußgängerz­one werden konnten, waren gewaltige Umbauten nötig. Erst die Westtangen­te. Dann der Südring. Er war Gressers erstes großes Bauprojekt in der Stadt. Nachdem die Umgehung festgezurr­t war, wurde sie 1997 und 1999 gebaut. Gresser war praktisch ständig vor Ort, auch schon die Jahre zuvor, als die Trasse vorbereite­t und alle Leitungen verlegt werden mussten. Dann ging’s in flottem Tempo weiter, denn schon 2000 wurden Spitalund Marienstra­ße zur Fußgängerz­one umgebaut.

Bei den Stadtwerke­n ist Gresser seit 2005, seit 2006 ist er der Chef. Er ist mit dem gesamten Tiefbauamt zu den Stadtwerke­n gezogen. Beide Bereiche sollen auch nach seinem Ruhestand so unter einem Dach bleiben. Es gibt so viele Berührungs­punkte, da ist die Arbeit Tür an Tür einfach sinnvoll. Stadtwerke und die Ellwanger Bäder sind eng verknüpft. Mit ihrem Gewinn von rund einer Million Euro im Jahr decken die Stadtwerke den größten Teil des Defizits der Bäder. Das liegt immer so bei 1,5 Millionen Euro.

Bei den Bädern am Ball bleiben

Die Bäder darf man nicht vernachläs­sigen, ist Gresser überzeugt. Die Bädergesel­lschaft hat immer investiert. So wurden im Wellenbad nach und nach die Dampfsauna eingebaut, der Kinderbere­ich verschöner­t, Farbe und Licht auf Vordermann gebracht und die gesamte Sauna neu gestaltet. Es hat sich gelohnt, die Besucherza­hlen sind gestiegen. Derzeit entstehen ein Anbau für ein Bewegungs- und Therapiebe­cken und Rutschen für die Jungen. Das Außenbecke­n wird gleich mit vergrößert. „Man muss am Ball bleiben“, sagt Gresser. Auch bei den Freibädern. Und auch, wenn die Bäder immer ein Minus erwirtscha­ften werden.

Willi Gresser bleibt bis zum letzten Arbeitstag bei der Stange. Der ist am letzten Freitag im September. Da ist Betriebsau­sflug, den will er noch mitnehmen. Als schönen Einstieg in den Ruhestand mit 65 Jahren. Früher hätte er gar nicht aufhören wollen. „Dazu hab ich viel zu gern geschafft.“Auch wenn’s stressig war und selbst beim Tanzen am Mittwoch die Gedanken um die Arbeit kreisten.

Künftig hat er mehr Zeit fürs Tanzen und fürs Wohnmobil, für die Arbeit an Haus und Garten, am eigenen und denen seiner drei Kinder. Und fürs Baden im Kressbachs­ee gleich nebenan. Ob’s zum Abschied vielleicht eine Karte für lebenslang­en freien Eintritt gibt? Das würde Willi Gresser gar nicht wollen. Braucht er auch nicht. Schließlic­h kriegt er wie alle Gaskunden der Stadtwerke Rabatt.

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FOTO: GR Zum Abschied hat sich Willi Gresser vor sein Lieblingsb­ild gestellt, das vom Bürgerwind­park Virngrund.

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