Mit jedem Klingeln kommt die Angst
Familie mit drei schwer behinderten Töchtern droht die Abschiebung nach Mazedonien – Bürger kämpfen um dauerhaftes Bleiberecht
- Die Familie Jashari lebt in Angst. Der siebenköpfigen Familie aus Mazedonien droht die Abschiebung. Die Flucht nach Deutschland im Jahr 2014 war für Muhamedali und Kefsere Jashari die einzige Hoffnung, ihren Kindern zu helfen. Drei der fünf Töchter sind mehrfach schwer behindert. In Mazedonien hätte sich ihr Gesundheitszustand immer mehr verschlechtert. Mittlerweile wurden sie erfolgreich am Olgahospital in Stuttgart operiert, die Behandlung ist allerdings nicht abgeschlossen, sagt Christa Pötzl, die sich aus humanitären Gründen vehement dafür einsetzt, dass die Familie in Oberkochen bleiben kann.
Muhamedali und Kefsere Jashari sind mit den Nerven am Ende. Der Ausdruck in ihren Augen zeugt von Angst und Verzweiflung. Seit knapp zwei Wochen sitzt die Familie auf gepackten Koffern. Jede Nacht kann es sein, dass sie von der Polizei abgeholt und an den Flughafen gebracht wird. Kefsere Jashari kann nicht mehr schlafen. Bei jedem Klingeln an der Tür oder bei jedem Auto, das am Haus vorfährt, beginnt ihr Herz zu rasen. Auch den Kindern der Familie geht es psychisch schlecht. Sie klagen über Bauch- und Kopfschmerzen und fragen ständig, warum sie nicht hier bleiben dürfen.
Melika, Almina und Elmedina haben ein schweres Schicksal
Die Belastung ist immens hoch, sagt das Ehepaar. Und die bevorstehende Abschiebung zehre an den Kräften. Dabei haben die Eltern ohnehin genug Sorgen. Die 16-jährige Elmedina, die 15jährige Almina und die siebenjährige Melika leiden an einer seltenen Knochenerkrankung. Ihr Skelett ist verkrümmt, die Beine sind verkürzt. Elmedina, die kleinwüchsig ist, kann ohne Schmerzen nur wenige Meter ohne Rollstuhl zurücklegen. Darüber hinaus ist sie ebenso wie ihre jüngere Schwester Melika stark sehbehindert – eine Folge, die die Krankheit nach sich zieht. Almina ist sogar vollständig erblindet, dazu hörgeschädigt, die meiste Zeit an den Rollstuhl gefesselt und leidet darüber hinaus an Epilepsie. Die Mädchen müssen rund um die Uhr betreut werden, sagt das Ehepaar Jashari, das sich zudem noch um die beiden gesunden Töchter Melek (10) und Rumejsa (2) kümmern muss.
Die Krankheit ihrer drei Töchter war für das Ehepaar der Grund, nach Deutschland zu fliehen. Eine medizinische Versorgung sei in Mazedonien nicht möglich. Für eine Krankheit wie die sogenannte spondylometaphysäre Dysplasie sei das Land nicht eingerichtet. Selbst in der Kinderklinik in der Hauptstadt Skopje, in der die Familie lebte, konnte man den Mädchen nicht helfen. Auch die erforderlichen Medikamente gibt es nicht. Ganz zu schweigen von einer schulischen Einrichtung, in der die Mädchen gefördert werden und die auf ihre Mehrfachbehinderung ausgerichtet ist.
Krankheit muss ständig weiterbehandelt werden
Geholfen werden konnte den Mädchen erst im Olgahospital in Stuttgart. Alle drei wurden hier operiert, um ihre Beine zu begradigen. Für Almina stehen allerdings noch zwei Operationen am linken Bein an. Im rechten befinden sich immer noch Schrauben, die entfernt werden müssen. Und auch bei den anderen beiden Mädchen sind die Behandlungen noch lange nicht beendet. „Ihre Krankheit muss orthopädisch und physiotherapeutisch ständig weiterbehandelt werden“, sagt Christa Pötzl von der katholischen Kirchengemeinde Sankt Peter & Paul Oberkochen, die sich wie andere Gemeindemitglieder für ein Bleiberecht der mehr als gebeutelten Familie einsetzt. Im Falle einer Abschiebung nach Mazedonien würde sich der Gesundheitszustand der Mädchen wieder verschlechtern und alle Operationen wären umsonst gewesen. Zudem sei es nicht ausgeschlossen, dass auch Melika und Elmedina wie ihre Schwester Almina irgendwann vollständig ihr Augenlicht verlieren. Eine Sorge, die den Eltern Tag für Tag zu schaffen macht.
Unabhängig von der mangelnden medizinischen Versorgung in ihrem Heimatland würden die Mädchen dort in den eigenen vier Wänden dahinvegetieren, sagt Pötzl. Einrichtungen wie die Königin-Olga-Schule der Nikolauspflege in Heidenheim, die Elmedina und Almina besuchen und in der sie zahlreiche Hilfeleistungen bekommen, gibt es dort nicht. Und auch keine Aussicht, mit ihrer Mehrfachbehinderung dort jemals eine Berufsausbildung machen zu können. Elmedina, die wie ihre Schwestern perfekt deutsch spricht, träumt von einer Arbeit als Bürokauffrau. Und auch Melek, die in die Dreißentalschule geht, möchte gerne hier bleiben.
„Die Belastung ist immens hoch“, sagt das Ehepaar Jashari. Ein Beitrag von steht unter www.schwaebische.de/ abschiebung-aalen