Vordergründiges und Hintersinniges im Farrenstall
Josef Brustmann erklärte in Neuler, warum er so frei sein kann – und trotzdem angebunden
- „Sind Katholiken, wenn sie demonstrieren, Protestanten“? Oder beim Blick über einen Friedhof „Warum ist ein Wahlgang ein Urnengang?“Fragen, die sich einer stellt, der wohl viel darüber nachgedacht hat. Oder nicht? Beim Kabarettisten Josef Brustmann aus dem oberbayerischen Wolfratshausen kommt man gar nicht zum Nachdenken, denn seine Sätze, oft nur Halbsätze, kommen so schnell, dass keine Zeit für eine Antwort bleibt. In Neuler wurde er mit Glockengeläut begrüßt, denn genau mit Programmbeginn in der Kulturscheuer Farrenstall läutete von der benachbarten Pfarrkirche die „Angelus-Glocke“. „Das ist mir bis jetzt auch noch nie passiert“, räsonierte er und hatte die Lacher auf seiner Seite.
„Ich bin so frei“, heißt das Programm, das sich die Veranstaltungsmacher des Farrenstalls für den unterhaltsamen und manchmal tiefer gehenden Abend ausgesucht hatten. Und der ehemalige gymnasiale Musiklehrer begann auch sofort mit dem kategorischen Imperativ des „ach so gescheiten“Immanuel Kant. Er legte ihn allerdings ganz pragmatisch aus: „Wenn du eine Frau heiratest, ist es vorbei mit deiner Willensfreiheit“.
Publikum schnell eingefangen
„Sagt eine Rosine zur anderen: Warum hast du einen Helm auf?“– „Ich muss morgen in den Stollen!“Mit solchen Wortspielereien hat er das dankbare Publikum schnell eingefangen. Und er bedankt sich bei ihm: „Der Applaus ist berechtigt“! Aber auch Nachdenkliches kommt von dem sympathischen Oberbayern herüber. Mit sieben Geschwistern im kleinen Dörfchen Waldram aufgewachsen und mehr Zeit in den Isarauen als in der Schule verbracht, schwärmt er von seiner Kindheit und Jugend. „Hier hatten wir alle Freiheit der Welt, heute haben wir höchstens noch Freizeit“, philosophiert er. Da fehlt auch der erste Kuss mit der Summer-Kathy nicht, wenngleich er sich dabei von ihrem Goldfisch Hemingway beobachtet fühlt, wohingegen er mit den Schweinen Hamlet, Omelett und Kotelett des Nachbarbauern keine Probleme hat.
Man erahnt den alten Lehrer, der immer wieder zum Mitsingen einlädt und in Lehrermanier Gäste aus dem Publikum auf die Bühne zitiert, um eine musikalische Begleitung zu haben. Die Politiker bekommen ebenfalls ihr Fett weg: „Über Stoiber mache ich keine Witze, über den lache ich auch so“. Berliner vergleicht er mit Münchnern, wobei er sagt, dass ihm das Knappe des Münchners besser gefalle als das preußisch Ausschweifende. Beispiel gefällig? Eine Berlinerin fragt den Trambahnschaffner: „Ich möchte zum Tierpark Hellabrunn“– „Als was“, fragt der maulfaule Münchner zurück.
Gegen Ende des Programms lässt Brustmann einen kleinen selbstgebastelten Drachen steigen; Symbol für Freiheit. Aber das funktioniert nur, wenn der Drachen an der Schnur hängt: Freiheit braucht eine Anbindung an die Realität. „Gstanzl“, deftig bayerische Vierzeiler, die nicht unbedingt für die Zeitung sind, ergänzen seine Einschätzungen. Dann noch rhetorische Fragen mit überraschenden Antworten gleich dazu: „Wo wohnen die Katzen in der Stadt?“– „Im Miezhaus“.