Wochenmarktbeschicker wollen an alten Platz zurück
Widmann, Scharer und Tschürtz möchten ihre Stände wieder am oberen Marktplatz haben – Planungen der Stadt laufen
- Fünfeinhalb Wochen ist es jetzt schon her, dass das Einkaufscenter Kubus Aalen am Markt seine Pforten geöffnet hat. Die eineinhalbjährige Bauzeit am oberen Marktplatz hatte auch ihre Schattenseiten. Wegen des Großprojekts mussten vier Stände des Aalener Wochenmarkts von hier in die Reichsstädter Straße umziehen. Zum Leidwesen der betroffenen Beschicker. Warum deren Stände allerdings nicht schon längst wieder an ihren angestammten Platz zurückverlegt worden sind, fragen sich viele Wochenmarktbesucher. Die „Aalener Nachrichten“sind der Sache auf den Grund gegangen.
Samstagmorgen auf dem Wochenmarkt. Zahlreiche Aalener und Auswärtige decken sich an den Marktständen mit Obst, Wurst, Oliven und Co. ein. Daran, dass vor dem Kubus Aalen am Markt und dem ehemaligen Gebäude, in dem Rossmann einst seinen Sitz hatte, kein Stand mehr zum Einkaufen einlädt, haben sie sich gewöhnt. Noch vor eineinhalb Jahren gab es hier Geflügel, Eier, Wild und Lamm von Scharer sowie Obst und Gemüse von Tschürtz. Mit der Einrichtung der Kubus-Baustelle Anfang des Jahres 2016 mussten die beiden Beschicker ihren angestammten Platz allerdings ebenso verlassen wie der Käsestand von Widmann und der Obstund Gemüsestand von Dambacher. Seither bieten alle vier weiter unten in der Reichsstädter Straße ihre Produkte an. Die Hoffnung der Beschicker war groß, dass sie nach der Fertigstellung des Einkaufscenters wieder an ihren alten Standort zurückkehren können. Doch bislang ist in dieser Hinsicht noch nichts passiert.
Eine Anfrage der „Aalener Nachrichten“an die Stadt beantwortet die Pressesprecherin Karin Haisch mit den Worten: Ein erstes Vorgespräch habe stattgefunden. Weitere Gespräche mit den betroffenen Marktbeschickern würden folgen, nachdem die Planungen abgeschlossen sind. Erste Ergebnisse gebe es in zwei Wochen.
Die Sicherheit geht vor – Lösungen wurden gefunden
An dem Vorgespräch am Donnerstagnachmittag teilgenommen hat der Sprecher der Marktbeschicker, Klaus Irtenkauf. Dieses sei sehr positiv gewesen. Vor allem der Standort vor dem Kubus musste neu bewertet werden, da das Einkaufcenter über mehrere Eingänge verfügt, die Arkaden überbaut wurden und auch der Notausgang nicht mit einem Stand blockiert werden darf. „Und die Sicherheit geht einfach vor“, sagt Irtenkauf. Hinzu komme noch die Außengastronomie von Aposto.
Intern habe man jedoch eine Lösung gefunden, die noch mit der Verwaltungsspitze sowie im Gespräch mit den betroffenen Beschickern abgestimmt werden müsse. Wenn alle ihr OK geben, stehe den Planungen nichts mehr im Weg. Alle vier von der Verlegung betroffenen Wochenmarktbeschicker hätten die Möglichkeit, wieder an den oberen Marktplatz zurückzukehren. Allerdings nicht vor Anfang November.
Froh, wieder an ihren alten Platz vor dem ehemaligen Kaufring-Gebäude zu kommen, ist Beate Mangold, Geschäftsführerin des Ellwanger Eierund Geflügelhandels Scharer. Der Umsatz in der Reichsstädter Straße sei einfach schlechter. „Die Besucher des Wochenmarkts bewegen sich in der Hauptachse der Innenstadt und nicht in den Nebenstraßen“, sagt Mangold. Manche Kunden hätten sich zwar im Laufe der Zeit an den Standort gewöhnt, doch dieser sei nicht mit dem am oberen Marktplatz zu vergleichen. Hier spiele allein aufgrund der Parkmöglichkeiten in der Rathaus-Tiefgarage die Musik. „Und wir haben auch von der Kundschaft profitiert, die die Bäckerei Walter aufgrund ihrer frühen Öffnungszeiten anzieht.“Frühaufsteher oder Nachtschichtler, die bereit frühmorgens den Weg in die City gefunden hätten, hätten sich am ScharerStand mit Fleisch und Co. eingedeckt.
Für die Bauarbeiten des Kubus‘ hatte Mangold stets Verständnis. Allerdings ist sie nach wie vor enttäuscht, dass Scharer als alteingesessener Wochenmarktbeschicker wegen der Baustelle den Platz räumen musste. „60 Jahre lang sind wir hier mit von der Partie. Aber wir mussten in eine Nebenstraße weichen, während dem Feinkoststand Parvaneh und dem Wurst- und Fleischwarenstand von Zeller eine Alternative in der Hauptachse des oberen Marktplatzes zugewiesen wurde.“
Große Umsatzeinbußen hat auch die Gärtnerei Tschürtz aus Essingen
„Die Laufkundschaft fehlt in der Reichsstädter Straße“, sagt Inge Dambacher.
die vergangenen eineinhalb Jahre verbucht. „Die Laufkundschaft fehlt in der Reichsstädter Straße“, sagt Inge
Dambacher, die auf dem Wochenmarkt seit über 30 Jahren ihre Kunden bedient. Vor allem das ältere Klientel, für das der obere Marktplatz eine Anlaufstelle gewesen sei, würde, voll mit Tüten bepackt, nicht den Weg in die Reichsstädter Straße und zurück in Kauf nehmen. „An dem alten Standort vor dem ehemaligen Rossmann-Gebäude hatten wir auch mehr Platz, um uns auszubreiten.“In der Reichsstädter Straße sei indes schon alles sehr beengt. Darüber hinaus sollte der Aalener Wochenmarkt am oberen Marktplatz wieder dichter werden. „Die Lücken, die seit eineinhalb Jahren hier klaffen, lassen einen Markt als nicht zusammengehörig erscheinen“, sagt Dambacher.
Verlust von 50 000 Euro – Stadt soll bei Gebühren entgegenkommen
Besonders verärgert über die Verlegung seines Standes vom oberen Marktplatz in die Reichsstädter Straße ist nach wie vor Markus Widmann, Inhaber des Käse-Feinkosthandels in Waiblingen. „An Samstagen haben wir im Gegensatz zum alten Standort nur den halben Umsatz gemacht, und am Mittwoch nicht einmal die Hälfte. Über die eineinhalb Jahre hinweg sprechen wir von 50 000 Euro an Verlusten.“Nicht selten habe Widmann, dessen Betrieb seit 50 Jahren auf dem Wochenmarkt präsent ist, überlegt, auf diesem seine Zelte abzubrechen. Vor diesem Schritt zurückgehalten hätten ihn seine beiden Mitarbeiter, die von dieser Tätigkeit leben würden. Auch wenn es für sie kein Zuckerschlecken gewesen sei, frühmorgens aufzustehen und sich trotz mangelnder Kundschaft bei Wind und Wetter die Beine in den Bauch zu stehen.
Angesichts des riesigen Verlustes, den Widmann während dieser Zeit gemacht habe, hätte er es sich gewünscht, dass die Stadt die Marktgebühren halbiert. „Doch das ist nicht passiert.“Widmann drängt darauf, an seinen alten Platz zurückzukehren. Und dann sei es für ihn eine Ehrensache, dass ihm die Stadt mit den Marktgebühren das nächste halbe Jahr entgegenkommt.
Angst vor massiven Umsatzeinbußen hatte auch Hermann Dambacher, der vor der Kubus-Baustelle seinen Obst- und Gemüsestand direkt vor dem Rathaus hatte und im Zuge der Bauarbeiten an die Stirnseite des Umweltmuseums ziehen musste. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen möchte er hier bleiben. „Der Platz hier ist zentral und gemütlich“, sagt Dambacher. Und die anfänglichen Umsatzeinbußen habe er die Zeit über wettgemacht.
Zudem hätten sich seine Kunden an den Platz gewöhnt, an dem der Obstund Gemüsehandel vom Schultheißenhöfle bereits vor 40 Jahren einen Stand betrieben hat. Dieser musste allerdings im Zuge der Eröffnung des Cafés Podium weichen. Jetzt ist Dambacher wieder hier gelandet. „Und das ist gut so.“