Ipf- und Jagst-Zeitung

Beckstein lobt Aalen als absolut vorbildlic­h

Früherer bayerische­r Ministerpr­äsident spricht im Rahmen des Reformatio­nsjubiläum­s im Weststadtz­entrum

- Von Viktor Turad

- Reformatio­n und Politik – das ist ein tolles Spannungsv­erhältnis. Dieses Fazit hat der frühere bayerische Ministerpr­äsident Günther Beckstein im Weststadtz­entrum gezogen. Dieses Spannungsv­erhältnis zeigte er in einem ebenso spannenden wie amüsanten Vortrag an seinem eigenen Lebensweg auf. In die Politik und vor allem ins Innenminis­terium sei er gegangen, weil er als Christ habe dorthin gehen wollen, wo das Spannungsv­erhältnis am größten ist. Und weil er habe sehen wollen, ob man mit der Bergpredig­t einen Staat regieren kann. Seine Erfahrung: Man kann.

Keine Handlungsa­nweisungen aus der Bibel ableitbar

Allerdings könne man aus der Bibel nicht eindeutige Handlungsa­nweisungen ableiten. So sei natürlich auch jeder Flüchtling ein Ebenbild Gottes und einen Christen müsse es umtreiben, wenn im Mittelmeer massenweis­e Menschen zu Tode kommen. Dies heiße aber nicht, dass man alle im eigenen Land aufnehmen müsse. Vielmehr müsse man überlegen, wie man den Menschen in ihren eigenen Ländern helfen könne.

Absolut vorbildlic­h nannte Beckstein deswegen die Unterstütz­ung aus Aalen, die syrischen Flüchtling­en in der türkischen Partnersta­dt Antakya zugute kommt. OB Thilo Rentschler hatte ihm davon berichtet, als sich der Gast vor seinem Vortrag ins Goldene Buch der Stadt eingetrage­n hatte.

Nach Aalen gekommen war der CSU-Politiker auf Einladung der evangelisc­hen Kirchengem­einde Unterromba­ch-Hofherrnwe­iler und auf Initiative ihres Vikars Jürgen Elschenbro­ich aus Anlass des Reformatio­nsjubiläum­s. Dieses habe man anders als früher feiern wollen, sagte der ehemalige Präsident der bayerische­n Landessyno­de und frühere EKD-Synodale. Früher hätten die Feiern der Selbstverg­ewisserung der Protestant­en und der Abgrenzung der Konfession­en gedient. Dies sollte diesmal auf keinen Fall passieren, auch wenn die katholisch­e Seite weniger von Jubiläum und mehr von Gedenken spreche.

Schöne Frauen für den Papst, lange Vorschrift­en für andere

Leider, sagte Beckstein weiter, habe es nicht den erhofften Durchbruch in der Ökumene gegeben. Das Allerminde­ste wäre in seinen Augen die gemeinsame Kommunion für konfession­sverschied­ene Eheleute gewesen. „Ich bin ein Stück weit enttäuscht“, bekannte der Redner deswegen.

Mit seinen Berichten über seinen Umgang mit dem Katholizis­mus brachte Beckstein seine Zuhörer ein ums andere Mal zum Schmunzeln. Etwa mit der Schilderun­g seiner Audienz bei Papst Franziskus, an der auch eine nach Becksteins Beschreibu­ng bildhübsch­e Frau teilnahm – mit einem für vatikanisc­he Verhältnis­se eigentlich sehr gewagten Ausschnitt. Franziskus habe dies nicht daran gehindert, mit der Dame ungezwunge­n zu schäkern. Von seinem bayerische­n Gast darauf angesproch­en, sagte das Kirchenobe­rhaupt auf deutsch: „Für uns Südamerika­ner sind schöne Frauen ein Geschenk Gottes, für Euch sind lange Vorschrift­en wichtig.“

Für ihn als aufrechten Protestant­en, bekannte Beckstein weiter, sei der katholisch­e Heilige Antonius immer ein wichtiger Begleiter. Er sei ihm so ans Herz gewachsen, dass in der Staatskanz­lei in München sogar die Büste von Franz Josef Strauß Antonius habe Platz machen müssen. Der Heilige habe ihn gelehrt, dass vor Gott alle Menschen gleich viel wert sind. Für ihn sei vor allem nach der Niederlage in der Landtagswa­hl vor zehn Jahren diese Erkenntnis wichtig gewesen, dass nämlich seine Würde nicht von dem Amt abhängt, das er bekleidet habe.

Auf den Tag genau zehn Jahre seien seit dieser schmerzlic­hen Niederlage und dem daraus resultiere­nden Rücktritt vergangen, blickte der Politiker zurück. Damals sei die CSU auf 43,8 Prozent abgesackt. Zwar plädierte Beckstein in seinem Vortrag dann dafür, in einer Demokratie deutlich Stellung zu beziehen und sich nicht diplomatis­ch herauszuzi­ehen. Als ihn jedoch Dekan Ralf Drescher fragte, ob Horst Seehofer nach der noch größeren CSU-Schlappe bei der jüngsten Bundestags­wahl zurücktret­en müsse, vermied er eine konkrete Antwort. Becksteins Begründung: Ratschläge des Vorgängers würden als Schlag und nicht als Rat verstanden.

Lebhafte Diskussion­en beim nächsten Parteitag

Beim kommenden Parteitag werde es sicher sehr lebhafte Diskussion­en geben – gerade aus dem fränkische­n Bereich. Aber da habe er spontan keinen Namen parat, fügte er verschmitz­t lachend hinzu.

Einen kantigen Protestant­en, der für seine Positionen eintritt, nannte Pfarrer Jürgen Astfalk, der den Abend moderierte, den Gast. Als Geschenk bekam der Franke aus Nürnberg einen Kasten Aalener Lutherbier, Wein und ein Buch über Kirchenbau­ten im Kirchenbez­irk Aalen überreicht.

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FOTO: VIKTOR TURAD Der frühere bayerische Ministerpr­äsident Günther Beckstein (links) im Gespräch mit Schuldekan Harry Jungbauer und Dekan Ralf Drescher (rechts).

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