De Maizière denkt an muslimische Feiertage
Vorschlag des Bundesinnenministers im niedersächsischen Wahlkampf löst Kritik aus
- Ein Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der auf einer Wahlkampfveranstaltung in Wolfenbüttel die Einführung muslimischer Feiertage ins Gespräch gebracht hat, ist in seiner Partei auf breite Ablehnung gestoßen. Bernd Althusmann, Landeschef der Niedersachsen-CDU und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl am Sonntag, berief sich auf „eine lange Tradition“von christlichen Feiertagen in Deutschland. Für eine Änderung sehe er keinen Bedarf. De Maizière hatte in seiner Rede gesagt: „Ich bin bereit, darüber zu reden, ob wir auch mal einen muslimischen Feiertag einführen.“
Ablehnung für de Maizières Idee kam nicht nur von Wahlkämpfer Althusmann. „Wir haben eine christlich-jüdische religiöse Prägung, keine islamische“, sagte CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach zur „Schwäbischen Zeitung“. „Ich würde etwas anderes thematisieren: Wann haben endlich Christen in allen islamischen Ländern die gleiche Religionsfreiheit wie die Muslime bei uns?“, sagte er. In Deutschland könne wirklich jeder nach seiner Fasson selig werden. „Das gilt auch für das Feiern religiöser Feste.“Ob der Staat zukünftig auch nichtchristliche Feiertage unter den Schutz einer gesetzlichen Regelung stellen solle, sei eine andere Frage. „Dafür sehe ich keinen wirklich überzeugenden Grund“, sagte Bosbach am Freitag.
- Schlussspurt in Niedersachsen. Noch einmal schalteten sich am Freitag Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) in den Wahlkampf ein, denn es wird mit einem engen Rennen bei der vorgezogenen Landtagswahl am Sonntag gerechnet. Als im August die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten überraschend zur CDU übertrat, weil ihre eigene Partei sie nicht wieder aufstellen wollte, verlor Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) seine Ein-Stimmen-Regierungsmehrheit für Rot-Grün. CDU-Landeschef Bernd Althusmann freute sich auf die vorgezogene Neuwahl und führte jede Umfrage an. Im August lag die CDU noch zwölf Prozentpunkte vor der SPD.
Alles neu im Oktober
Doch in den letzten Wochen ist der Wind umgeschlagen. Erst zog die SPD in Umfragen gleich, seit Neuestem überholt sie sogar die CDU. Im politischen Berlin gilt es als bekannter Effekt, dass die Wähler in den Ländern eine Art Ausgleich für die Bundestagswahl schaffen, auch wenn es eigentlich um ein Land geht. Vielleicht liegt der Umschwung aber auch an Stephan Weil.
Der bodenständige SPD-Politiker regiert Niedersachsen seit vier Jahren zusammen mit den Grünen. Davor war er Oberbürgermeister in Hannover. Der 58-jährige Jurist gilt als ruhig und besonnen, die Leute sprechen gerne mit ihm, er lächelt freundlich und vermittelt das Gefühl. dass er sich schon um sie kümmern wird. Obgleich er sich selbst als Linken bezeichnet, kann er doch Wähler in der Mitte ansprechen. Bei den Jusos hatte er einst den Spitznamen Helmut Schmidt, unter Jusos war das allerdings keine Auszeichnung.
In die Bredouille geriet Weil, als 2015 der Betrug mit den Abgaswerten des VW-Konzerns publik wurde. Als Ministerpräsident sitzt Weil im Aufsichtsrat von VW, wie vor ihm alle Ministerpräsidenten auch. Die CDU wollte im Wahlkampf damit punkten, dass Weil eine Regierungserklärung zu VW vorab an den Konzern zum Gegenlesen gab. „Sie sind am Ende vom Konzern-Vorstand durch die Manege gezogen worden“, warf Herausforderer Althusmann dem Ministerpräsidenten im Fernsehduell vor. Doch der Vorwurf zündete nicht richtig. Denn es war schon lange vorher herausgekommen, dass auch die CDU-Ministerpräsidenten immer mit VW kooperierten. Der Kollegialität zwischen CDU und SPD, in Niedersachsen ohnehin schlecht, haben die Anschuldigungen allerdings weiter geschadet.
Sein CDU-Herausforderer Bernd Althusmann hat den Spitznamen „Panzer“, weil er einst Kompaniechef einer Panzertruppe bei der Bundeswehr war. Gradlinigkeit und auch eine gewisse Robustheit werden dem 50-Jährigen attestiert, der 1994 in den Landtag kam, später Staatssekretär wurde und zuletzt Kultusminister im Kabinett McAllisters war. Damals übrigens der deutschlandweit letzte CDU-Kultusminister eines Landes, worauf McAllister gerne stolz hinwies. Nach der Wahlniederlage ging McAllister ins Europaparlament, Bernd Althusmann nach Namibia, als Leiter der dortigen Niederlassung der Adenauer-Stiftung.
In den vergangenen Wochen setzte Althusmann darauf, der SPD vorzuwerfen, sie wolle das Land künftig Rot-Rot-Grün regieren. Das hatte bei der Wahl an der Saar gut gewirkt und für einen CDU-Sieg gesorgt. Stephan Weil hat zwar erklärt, dass er die Linken, die derzeit in Umfragen um die fünf Prozent liegen, aus dem Landtag heraushalten wolle. Er hat aber nicht komplett ausgeschlossen, mit den Linken zu koalieren. Auch Parteichef Martin Schulz hat dies nicht getan.
Derzeit allerdings würde es für ein rot-rot-grünes Bündnis auch gar nicht reichen. Und das ist das Problem. Gleich, ob CDU oder SPD den Ministerpräsidenten stellen, es könnten Dreier-Kombis oder eine Große Koalition erforderlich werden.
Mehrheitsfindung problematisch
Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Denn CDU und Grüne zusammen in einer JamaikaKoalition ist angesichts des Wechsels von Elke Twesten von den Grünen zur CDU nur schwer vorstellbar. Eine Ampel wiederum hat die FDP abgelehnt, sie will nicht Rot-Grün zur Mehrheit verhelfen.