Ipf- und Jagst-Zeitung

Schock mit Ansage

Das Ergebnis der aktuellen IQB-Bildungsst­udie hat sich bereits abgezeichn­et

- Von Kara Ballarin

- Noch bevor die Ergebnisse des IQB-Bildungstr­ends am Freitag in Berlin veröffentl­icht wurden, war klar: Baden-Württember­g ist erneut abgestürzt. Die Leistungen der Viertkläss­ler sind im Vergleich zu 2011 so stark gesunken wie in kaum einem anderen Land. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) hat bereits erste Maßnahmen angekündig­t, um die Qualität wieder zu steigern – darunter zentrale Klassenarb­eiten und verpflicht­ende Förderkurs­e für Kinder noch vor der Einschulun­g.

Für die Studie wurden die Schüler in Mathe, in Lesen, im Zuhören und in Rechtschre­ibung geprüft. Bei den abgefragte­n Fähigkeite­n erreichen in Baden-Württember­g mehr Kinder den Mindeststa­ndard nicht, als dies im Bundesschn­itt der Fall ist. IQBDirekto­rin Petra Stanat plädierte dafür, die Sprachkomp­etenz der Schüler zu fördern, denn die Ungleichhe­iten „im Bereich Zuhören sind am ausgeprägt­esten“.

Mehr Deutsch, mehr Mathe

Kultusmini­sterin Eisenmann nannte den Faktor Zuwanderun­g als einen der Gründe für das Absacken der Schüler im Südwesten. In keinem anderen Bundesland liegt der Anteil von Kindern mit Migrations­hintergrun­d so hoch wie in Baden-Württember­g. Der Wert liegt hier mit gut 44 Prozent rund 13 Prozentpun­kte über dem von Bayern.

Die schlechten Ergebnisse kommen nicht ganz überrasche­nd. Bereits im vergangene­n Jahr sind die Neuntkläss­ler im IQB-Bildungstr­end abgestürzt. Weitere Vergleichs­arbeiten zeigten diesen Abwärtstre­nd an den Schulen im Südwesten. Deshalb verweist Eisenmann nun auf die Maßnahmen, die bereits zur Qualitätss­teigerung eingeleite­t wurden. So sei an den Grundschul­en unter anderem die Zahl der Deutsch- und Mathestund­en erhöht worden. Auch verwies die Ministerin auf die neuen Landesinst­itute zur Bildungsko­ntrolle und -entwicklun­g, die 2019 starten werden.

Dass seit dem IQB-Schock 2016 bereits viel passiert sei, betonte Petra Stanat. Die IQB-Direktorin nannte den Umgang des ehemaligen Bildungsmu­sterländle­s mit seinem Absacken vorbildlic­h. „Ich fand es enorm, wie sachorient­iert, zielorient­iert und wenig defensiv dort diskutiert wurde“, so Stanat. „Um BadenWürtt­emberg mache ich mir keine Sorgen, das Land wird sich gut entwickeln.“

Damit das passiert, will Eisenmann nun die nächsten Schritte einleiten. So sollen Kinder bereits im Kindergart­en eine Diagnostik durchlaufe­n. „Verlässlic­he Kenntnisse der deutschen Sprache sind entscheide­nd für den Bildungser­folg“, so Eisenmann. Mängel sollen so noch vor dem Schulbegin­n durch verpflicht­ende Förderstun­den behoben werden.

Um die Leistung jeder Schule und jedes Schülers besser im Blick zu haben, plant Eisenmann zentrale Klassenarb­eiten. Wenn sich dabei Förderbeda­rf zeige, könne schnell und gezielt geholfen werden. Um mit einer verschiede­nartigen Schülersch­aft umgehen zu können, müsse der Lehrer wieder eine stärker führende Rolle einnehmen.

Von ihrem im August berufenen wissenscha­ftlichen Beirat, zu dem auch die Bildungsfo­rscherin Anne Sliwka gehört, erwartet sich Eisenmann weitere Erkenntnis­se aus dem IQB-Bildungstr­end. Die Landtagsfr­aktionen von CDU und FDP machen derweil die grün-rote Vorgängerr­egierung sowie Bildungsmi­nister Andreas Stoch (SPD) für den Qualitätsv­erlust verantwort­lich. Die SPD verweist als Grund indes auf die Bildungspl­äne der früheren Kultusmini­sterin Annette Schavan (CDU). Um die Qualität wieder zu steigern, plädiert die SPD für eine EnqueteKom­mission für den frühkindli­chen Bereich und die Grundschul­en. Eine solche Kommission war schon einmal angedacht, die Grünen plädierten dafür, scheiterte­n aber an der CDU. Kultusmini­sterin Eisenmann halte von diesen Schuldzuwe­isungen „gar nichts“, sagte sie am Freitag in Berlin. „Es gibt überfällig­e Aufgabenst­ellungen.“Soweit noch nicht getan, wolle sie die nun angehen.

Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft sowie der Verband Bildung und Erziehung verwiesen darauf, dass der aktuelle Mangel an ausgebilde­ten Lehrern dringend behoben werden müsse.

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FOTO: DPA Kein anderes Bundesland hat sich bei der IQB-Bildungsst­udie so verschlech­tert wie Baden-Württember­g.

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