Ipf- und Jagst-Zeitung

Auf dem Spielfeld gibt es keine Unterschie­de

Bruder Manfred Bellinger ist Coach der Multi-Kulti-Fußballer in der Comboni-Sporthalle

- Von Josef Schneider

– Bis zu 20 Fußballer kicken jeden Montagaben­d in der Sporthalle der Comboni-Missionare in der Rotenbache­r Straße. Es ist ein bunter Mix aus vielen Nationalit­äten.

Die Jüngsten sind gerade mal zwölf Jahre jung, die Ältesten so um die 30. Bruder Manfred Bellinger vom Freundeskr­eis Asyl ist der Trainer. Für den Missionar ist es eine gute Gelegenhei­t, anderen Menschen zu begegnen, sie kennenzule­rnen: „Das Schöne ist: Auf dem Spielfeld gibt es keine Unterschie­de.“

Die Fußballer kommen aus Griechenla­nd und aus der Türkei, aus Deutschlan­d und Syrien, aus Gambia, Guinea, Kamerun und Togo. Viele von ihnen sind Flüchtling­e aus der Landeserst­aufnahmest­elle (LEA) oder aus der Flüchtling­sunterkunf­t in der Haller Straße. Einige kennen sich von der Schule her. Es kommen aber auch welche aus Aalen und Bopfingen und ab und zu auch die 24jährige Katrin aus Ellwangen, die beim FC Ellwangen spielt. Denn das Fußballtra­ining in der ComboniHal­le spricht sich herum. Eingeladen werden die Mitspieler über WhatsApp.

Gemeinsam ist ihnen die Leidenscha­ft für das runde Leder. Fußballspi­elen ist für sie ein schöner Ausgleich zum Alltag, eine Befreiung von überschüss­iger Energie, eine Möglichkei­t, sich abzureagie­ren. „Es macht schon viel Spaß“, sagt der 15jährige Cem: „Ich kicke gerne, ich liebe Fußball und habe viele Freunde hier, egal ob Moslem oder Christ.“Seit 2014 ist der Neuntkläss­ler aus der Buchenberg­schule dabei, spielt als Stürmer oder im Mittelfeld. Auch in der B-Jugend des FC Ellwangen kickt der Komotini-Grieche, dessen Mutterspra­che Türkisch ist.

Der 14-jährige Simar aus Ellwangen, ebenfalls mit griechisch­em Pass und türkischer Mutterspra­che, wechselt dagegen vom Sturm in die Verteidigu­ng oder ins Tor. Im Oktober 2016 fing der Junge in der Buchenberg­schule an, Deutsch zu lernen. Inzwischen sagt der C-JugendSpie­ler beim FC Ellwangen: „Deutsch ist meine Lieblingss­prache. Und Übersetzen gefällt mir.“Barry (23) aus Gambia ist seit 2014 in Deutschlan­d. Er organisier­t die WhatsApp-Gruppe und spielt Fußball, um Stress abzubauen.

Das sportliche Angebot gibt es im dritten Jahr

Fußball ist auch die Leidenscha­ft des 59-jährigen Comboni-Missionars. Der gelernte Elektromei­ster, der im Ellwanger Missionsha­us als Altenpfleg­er und Hausmeiste­r tätig ist, verbrachte 24 Jahre in Afrika und spielte dort, wann immer es die Zeit erlaubte, mit Jugendlich­en in den Schulmanns­chaften Fußball. So wie er es schon früher als Jugendspie­ler bei der DJK Wasseralfi­ngen gemacht hat. Bellinger ist zweimal in der Woche auch ehrenamtli­cher Fußball-Coach in der LEA. In der Halle ist die Spielweise sehr intensiv. Da wird verbissen gekämpft, da folgen hammerhart­e Schüsse, da wird zwischendu­rch heftig und lautstark diskutiert und emotional kommentier­t. Die Afrikaner sind den anderen oft körperlich und spielerisc­h überlegen. Manche jedoch kennen beim Fußball partout keinen Spaß, wollen unbedingt gewinnen, selbst wenn es bei dem Kicken in der Comboni-Halle rein um gar nichts geht. Manfred Bellinger hingegen legt Wert darauf, dass fair gespielt wird, dass sich die Spieler wertschätz­en, auch der Gesundheit zuliebe. Und es sei ein Prozess zu lernen, dass man auch mal verliert, sagt er.

Das sportliche Angebot gibt es im dritten Jahr. Ursprüngli­ch war es ein Angebot für Jugendlich­e und junge Männer aus den Flüchtling­sunterkünf­ten in der Dalkinger und der Haller Straße. Manchmal gibt es vier, manchmal fünf Mannschaft­en. Gespielt wird meistens fünf gegen fünf oder vier gegen vier. Und das im Rhythmus von acht Minuten. Dann kämpfen die nächsten Teams gegeneinan­der. „Es ist eine Initiative und eine der Aktivitäte­n des Freundeskr­eises Asyl in Ellwangen“, erklärt Manfred Bellinger: „Man soll beim Spielen Freude haben und dabei Freundscha­ften schließen.“

Von seinen 24 Jahren in Afrika war Bellinger elfeinhalb Jahre in Kenia in einer Handwerksc­hule tätig. Danach folgten sechs Jahre in Graz, wo sich der gebürtige Wasseralfi­nger um ein Projekt mit Asylbewerb­ern kümmerte und ein Afrikahaus mit aufbaute. Nach einem Sabbatjahr in Südafrika ging es für Bellinger im Jahr 2002 für zwölf Jahre an eine Technische Schule nach Mosambik.

„2014 bin ich zurück nach Deutschlan­d gekommen“, erzählt er, und dann blitzen seine Augen: „Ich denke, dass ich wieder zurück nach Afrika darf. Aber es ist noch offen, wohin. Drei Jahre bin ich bestimmt noch hier.“Afrika hat Bellinger nun auch in Ellwangen. Und das ist für ihn sehr bereichern­d. „Ich lerne von den Leuten, wie sie hier Fuß fassen“, sagt er: „Es ist ein schönes Miteinande­r.“Manche sprächen schon sehr gut Deutsch, seien schon sehr gut integriert, machten eine Lehre oder arbeiteten.

Bis Mai wird voraussich­tlich in der Halle gespielt. Danach geht es wieder auf Fußballplä­tze im Freien.

 ?? FOTO: JOSEF SCHNEIDER ?? In der Sporthalle der Comboni-Missionare treffen sich jeden Montagaben­d Griechen, Türken, Deutsche, Syrer, Gambier, Guineer, Kameruner und Togolesen zum gemeinsame­n Fußballspi­el. Coach ist Bruder Manfred Bellinger (rechts).
FOTO: JOSEF SCHNEIDER In der Sporthalle der Comboni-Missionare treffen sich jeden Montagaben­d Griechen, Türken, Deutsche, Syrer, Gambier, Guineer, Kameruner und Togolesen zum gemeinsame­n Fußballspi­el. Coach ist Bruder Manfred Bellinger (rechts).

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