Auf dem Spielfeld gibt es keine Unterschiede
Bruder Manfred Bellinger ist Coach der Multi-Kulti-Fußballer in der Comboni-Sporthalle
– Bis zu 20 Fußballer kicken jeden Montagabend in der Sporthalle der Comboni-Missionare in der Rotenbacher Straße. Es ist ein bunter Mix aus vielen Nationalitäten.
Die Jüngsten sind gerade mal zwölf Jahre jung, die Ältesten so um die 30. Bruder Manfred Bellinger vom Freundeskreis Asyl ist der Trainer. Für den Missionar ist es eine gute Gelegenheit, anderen Menschen zu begegnen, sie kennenzulernen: „Das Schöne ist: Auf dem Spielfeld gibt es keine Unterschiede.“
Die Fußballer kommen aus Griechenland und aus der Türkei, aus Deutschland und Syrien, aus Gambia, Guinea, Kamerun und Togo. Viele von ihnen sind Flüchtlinge aus der Landeserstaufnahmestelle (LEA) oder aus der Flüchtlingsunterkunft in der Haller Straße. Einige kennen sich von der Schule her. Es kommen aber auch welche aus Aalen und Bopfingen und ab und zu auch die 24jährige Katrin aus Ellwangen, die beim FC Ellwangen spielt. Denn das Fußballtraining in der ComboniHalle spricht sich herum. Eingeladen werden die Mitspieler über WhatsApp.
Gemeinsam ist ihnen die Leidenschaft für das runde Leder. Fußballspielen ist für sie ein schöner Ausgleich zum Alltag, eine Befreiung von überschüssiger Energie, eine Möglichkeit, sich abzureagieren. „Es macht schon viel Spaß“, sagt der 15jährige Cem: „Ich kicke gerne, ich liebe Fußball und habe viele Freunde hier, egal ob Moslem oder Christ.“Seit 2014 ist der Neuntklässler aus der Buchenbergschule dabei, spielt als Stürmer oder im Mittelfeld. Auch in der B-Jugend des FC Ellwangen kickt der Komotini-Grieche, dessen Muttersprache Türkisch ist.
Der 14-jährige Simar aus Ellwangen, ebenfalls mit griechischem Pass und türkischer Muttersprache, wechselt dagegen vom Sturm in die Verteidigung oder ins Tor. Im Oktober 2016 fing der Junge in der Buchenbergschule an, Deutsch zu lernen. Inzwischen sagt der C-JugendSpieler beim FC Ellwangen: „Deutsch ist meine Lieblingssprache. Und Übersetzen gefällt mir.“Barry (23) aus Gambia ist seit 2014 in Deutschland. Er organisiert die WhatsApp-Gruppe und spielt Fußball, um Stress abzubauen.
Das sportliche Angebot gibt es im dritten Jahr
Fußball ist auch die Leidenschaft des 59-jährigen Comboni-Missionars. Der gelernte Elektromeister, der im Ellwanger Missionshaus als Altenpfleger und Hausmeister tätig ist, verbrachte 24 Jahre in Afrika und spielte dort, wann immer es die Zeit erlaubte, mit Jugendlichen in den Schulmannschaften Fußball. So wie er es schon früher als Jugendspieler bei der DJK Wasseralfingen gemacht hat. Bellinger ist zweimal in der Woche auch ehrenamtlicher Fußball-Coach in der LEA. In der Halle ist die Spielweise sehr intensiv. Da wird verbissen gekämpft, da folgen hammerharte Schüsse, da wird zwischendurch heftig und lautstark diskutiert und emotional kommentiert. Die Afrikaner sind den anderen oft körperlich und spielerisch überlegen. Manche jedoch kennen beim Fußball partout keinen Spaß, wollen unbedingt gewinnen, selbst wenn es bei dem Kicken in der Comboni-Halle rein um gar nichts geht. Manfred Bellinger hingegen legt Wert darauf, dass fair gespielt wird, dass sich die Spieler wertschätzen, auch der Gesundheit zuliebe. Und es sei ein Prozess zu lernen, dass man auch mal verliert, sagt er.
Das sportliche Angebot gibt es im dritten Jahr. Ursprünglich war es ein Angebot für Jugendliche und junge Männer aus den Flüchtlingsunterkünften in der Dalkinger und der Haller Straße. Manchmal gibt es vier, manchmal fünf Mannschaften. Gespielt wird meistens fünf gegen fünf oder vier gegen vier. Und das im Rhythmus von acht Minuten. Dann kämpfen die nächsten Teams gegeneinander. „Es ist eine Initiative und eine der Aktivitäten des Freundeskreises Asyl in Ellwangen“, erklärt Manfred Bellinger: „Man soll beim Spielen Freude haben und dabei Freundschaften schließen.“
Von seinen 24 Jahren in Afrika war Bellinger elfeinhalb Jahre in Kenia in einer Handwerkschule tätig. Danach folgten sechs Jahre in Graz, wo sich der gebürtige Wasseralfinger um ein Projekt mit Asylbewerbern kümmerte und ein Afrikahaus mit aufbaute. Nach einem Sabbatjahr in Südafrika ging es für Bellinger im Jahr 2002 für zwölf Jahre an eine Technische Schule nach Mosambik.
„2014 bin ich zurück nach Deutschland gekommen“, erzählt er, und dann blitzen seine Augen: „Ich denke, dass ich wieder zurück nach Afrika darf. Aber es ist noch offen, wohin. Drei Jahre bin ich bestimmt noch hier.“Afrika hat Bellinger nun auch in Ellwangen. Und das ist für ihn sehr bereichernd. „Ich lerne von den Leuten, wie sie hier Fuß fassen“, sagt er: „Es ist ein schönes Miteinander.“Manche sprächen schon sehr gut Deutsch, seien schon sehr gut integriert, machten eine Lehre oder arbeiteten.
Bis Mai wird voraussichtlich in der Halle gespielt. Danach geht es wieder auf Fußballplätze im Freien.