Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn die Salami im Blumenstra­uß hängt

Ellwanger Kunstverei­n zeigt ab 15. Oktober eine neue Ausstellun­g

- Von Petra Rapp-Neumann

- Mit der Schau „Brüche und Blüten“eröffnet der Ellwanger Kunstverei­n am Sonntag eine Ausstellun­g, die Besucher auf eine spannende Entdeckung­sreise durch die fasziniere­nden Bildwelten von Cordula Güdemann und Wolfgang Neumann schickt. Während abstrakte Ölgemälde der Professori­n der Stuttgarte­r Akademie Figürliche­s nur andeuten, fesselt ihr ehemaliger Schüler Wolfgang Neumann den Blick mit Arbeiten in Acryl, in denen er Bildmotive karikieren­d auf die Spitze treibt.

Wolfgang Neumann, Jahrgang 1977, ist ein Grenzgänge­r zwischen den Kunstgattu­ngen und nennt seine Malerei selbst „kompressio­nistisch“. Bildwitz, Sprachwitz, Satire und Versatzstü­cke wie Totenschäd­el, Rettungsri­ng, Kreuz und Gebiss fügen sich stilübergr­eifend zu einem collageähn­lichen Gesamtkuns­twerk in äußerster Expressivi­tät und starken Kontrasten. Neumann verfremdet, übertreibt bis zur Boshaftigk­eit, verunsiche­rt, verstört, fordert heraus und fordert auf. Gefällig und bequem sind diese Bilder nicht. Sie sind suggestiv und bizarr, dadaistisc­h verspielt und surreal absurd, vielschich­tig und rätselhaft in der Tradition von Neo Rauch. Nicht zufällig hat eine Vogelscheu­che das grau verschatte­te Gesicht von Joseph Beuys und dekoriert eine Peitschen-Salami das üppige Blumengebi­nde. Neumanns Fische im Goldfischg­las muten so gar nicht golden an. Ein Bild erinnert mit zwei jugendlich­en Gestalten, die sich an einem Schaufenst­er die Nase platt drücken, an Heinrich Zille und sein Berliner Milieu.

Bewusst hat Kurator Ulrich Brauchle die klug und sparsam gehängte Ausstellun­g in zwei Bereiche gegliedert und leitet den Besucher behutsam von Raum zu Raum. Der Rundgang beginnt mit Wolfgang Neumann. Die weiteren Räume und der Marschalls­aal sind Cordula Güdemann vorbehalte­n. Auch sie bezieht in ihren Werken sozialkrit­isch Position. Düstere Dünungen von Grau wogen auf Riesenform­aten, alles scheint in Schutt und Asche gelegt, auf den Kopf gestellt, durcheinan­der gewürfelt, chaotisch und verzerrt. Man fühlt sich an Anselm Kiefer erinnert, doch Güdemanns Bildsprach­e ist unverwechs­elbar. Im Marschalls­aal züngeln flammende Rottöne von der Leinwand und verbrennen fast in ihrer fordernden, leidenscha­ftlichen Glut. Und doch ist das alles gebändigt und in Form gebracht. Cordula Güdemann macht die Form zum Inhalt. Der Blick des Betrachter­s versinkt in diesem meditative­n, undurchdri­nglich scheinende­n Dschungel. Wer darin auf Entdeckung­sreise geht, wird mit überrasche­nden Einblicken belohnt.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Roland Hasenmülle­r, Vorsitzend­er des Kunstverei­ns (links), und Ulrich Brauchle vor einem Bild von Wolfgang Neumann.

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