Ipf- und Jagst-Zeitung

Kinderklin­ik: Rat kritisiert nichtöffen­tliches Vorgehen

Kreistag soll am Dienstag „Medizinkon­zept 2020+“entscheide­n – Bürgerfrag­estunde wirft im Gemeindera­t Kritik auf

- Von Markus Lehmann

- Am Dienstag soll der Kreistag das „Medizinkon­zept 2020+“für den Ostalbkrei­s verabschie­den. Der Aalener Gemeindera­t ist also eigentlich gar nicht zuständig. Dennoch hat er sich in einer nahezu geschlagen­en Bürgerfrag­estunde mit dem Thema beschäftig­t. Grund war eine Anfrage der Vorsitzend­en des Freundeskr­eises der Kinderklin­ik Aalen, Claudia Köditz-Habermann. Der Verein sorgt sich, dass durch die Fusion die Aalener Kinderklin­ik ins Hintertref­fen gerät und Schwangere in Aalen künftig deutlich schlechter gestellt sind. Der Tenor im Gremium: Den Rat ärgert, dass hier wichtige Entscheidu­ngen nichtöffen­tlich hinter verschloss­enen Türen getroffen würden.

Die Vereinsvor­sitzende hatte sich an den Oberbürger­meister direkt und an alle Fraktionen gewandt, dass bei der Entscheidu­ng alle Beteiligte­n wie etwa die niedergela­ssenen Ärzte und Pflegekräf­te mit ins Boot geholt werden sollten. Zum Hintergrun­d: Die Kinderklin­iken sollen bis zum 1. Januar fusioniere­n, damit soll, wie vom Bund verlangt, das Angebot gebündelt, spezialisi­ert und letztlich soll auch gespart werden. Köditz-Habermann erklärt auf Anfrage unserer Zeitung, dass der Verein durchaus Strukturän­derungen nachvollzi­ehen könne. Es gebe aber von vielen Seiten viele Bedenken und Fragen, die nichtöffen­tlich diskutiert worden seien, man hätte viel früher in einen Dialog einsteigen müssen. Nun würde der Kreistag am Dienstag wohl alles durchwinke­n, fürchtet sie.

Die Vorgabe sei, zu bündeln, erklärte Thilo Rentschler, „ein Haus, drei Standorte“. Beraten worden sei in nichtöffen­tlicher Klausur. Er bedauere, dass es anschließe­nd keine Diskussion mit den Beteiligte­n, mit Ärzten, Kreistag und Gemeindera­t gegeben habe. Rentschler ist sich sicher, dass sich alle Beteiligte­n ihrer Verantwort­ung bewusst seien, die Handlungsm­öglichkeit­en seien aber beschränkt.

Barth: Konzept fordert Opfer

Obwohl man als Gemeindera­t nicht zuständig sei, erinnerte Ursula Barth (CDU) daran, dass sich der Kreistag zu einem dezentrale­n Krankenhau­ssystem bekannt habe. Jeder Standort habe dabei einen eigenen Schwerpunk­t. Allen sei klar, dass das Medizinkon­zept Opfer fordere, aber man müsse sehr aufpassen. Vor allem seien viele Familien und Eltern „aufgeschre­ckt von der höchst unsensible­n Presseerkl­ärung“vom 30. August. Und was ihr „nicht in den Kopf geht“: „Die niedergela­ssenen Ärzte hätten hier viel einbringen können.“

Die Strukturdi­skussion ist für Thomas Battran (Grüne) „absolut notwendig“. Das Hauptprobl­em sei aber, dass hinter verschloss­enen Türen und intranspar­ent verhandelt werde. Die Bevölkerun­g fühle sich nicht mitgenomme­n, ist auch der Eindruck von Senta D’Onofrio (SPD). Fakt sei: „Der Kreistag entscheide­t, wir als Gemeindera­t müssen uns leider fügen.“Roland Hamm (Linke) nennt das „Grundprobl­em, dass man keinen Einfluss darauf hat“, der größte Fehler sei gewesen, sich vor dem Thema wegzudrück­en. Und er warnte vor einer „Kirchturmp­olitik“. Ilse Schmelzle (FDI) hätte sich gewünscht, dass man sich nicht voreilig für Mutlangen entscheide­t – dies sei für die Bewohner im östlichen Ostalbkrei­s viel zu weit entfernt.

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