Ipf- und Jagst-Zeitung

Dafür gibt’s einen dicken Smiley

„Cyber Cyrano“schlägt bei der Premiere am Aalener Stadttheat­er digitale Funken

- Von Ansgar König

- Ganz klar: Für diese Inszenieru­ng bekommen Regisseur Jonathan Giele und Winfried Tobias, Leiter des Aalener Kinder- und Jugendthea­ters, und alle drei Darsteller einen dicken Smiley – Ausrufezei­chen, Ausrufezei­chen, wusch. Mit Beziehunge­n in Zeiten von Facebook, Instagram, Snapchat und WhatsApp beschäftig­t sich das Jugendstüc­k „Cyber Cyrano“von István Tasnádi, das am Sonntagabe­nd im Alten Rathaus Premiere gefeiert hat.

Und was da so alles passieren kann! „Der Abend soll die Zuschauer nicht eiskalt lassen“, hat Regisseur Giele vor der Premiere versproche­n. Und er hielt Wort. Was Mirjam Birkl, Alice Katharina Schmidt und Marcus Krone da in flotten Sequenzen auf die Bühne zaubern, das lässt einen zweifeln an dem, was das Netz in Sachen Beziehungs­arbeit leisten kann. Oder kaputt machen kann. Zunächst scheint sich eine normale Dreiecksge­schichte unter Jugendlich­en zu entwickeln. Zsuzsi (Mirjam Birkl), eher introverti­ert und schüchtern und daher eine Randfigur im Klassengef­üge, schwärmt für Máté (Marcus Krone). Der aber ist beeindruck­t von Heni (Alice Katharina Schmidt), neu in der Klasse, selbstsich­er, hübsch, intelligen­t. Kein Wunder, dass sich da was anbahnt zwischen Heni und Máté.

Zsuzsi muss reagieren. „Früher“, jammert sie, „da war er wenigstens gemein zu mir“. Nun herrscht Funkstille zwischen ihr und Máté. Dafür laufen alle anderen Kanäle heiß, das Netz steht in Flammen. Es wird gechattet, geaddet, gepostet, geliket und geklickt. Schließlic­h sind alle drei wahre „digital Natives“. Zsuzsi hingegen ist erst einmal raus. Da tauchen plötzlich die Gschwister Viktor und Moira in den Freundscha­ftsanfrage­n auf – und die Sache nimmt kein gutes Ende. Was ist real? Was ist virtuell? Wer spielt da mit wem? Mehr sei nicht verraten.

Verraten sei an dieser Stelle aber folgendes: Dem Aalener Ensemble ist eine schwungvol­le Inszenieru­ng des Stoffes gelungen. Regisseur Giele bedient sich dabei eines Kunstgriff­s: Die Sätze im Chat – biepbiep, klingel, wusch – sprechen die Schauspiel­ern nicht direkt ins Publikum, sondern durch hängende Mikrofone an beiden Seiten der Bühne. Das hilft bei der Orientieru­ng. Texte fliegen per Videoeinsp­ielung über die Bühne, #bestfriend­sforever, blinkende Cursor. Chatten kann so schön sein.

Allen drei Darsteller­n macht es sichtlich Spaß. Sie haben ganz genau hingeguckt, wie Jugendlich­e sich verhalten, bewegen, wie sie reden. Da stört es auch nicht, dass alle drei Personen spielen dürfen, deren Alter doch deutlich unter dem tatsächlic­hen der Schauspiel­er liegt. Marcus Krone geht dabei so richtig auf in der Rolle des Máté, der, hin- und hergerisse­n zwischen den weiblichen Reizen im Netz und in der Wirklichke­it, sich nicht immer unter Kontrolle hat.

Bei allem Schwung: Natürlich setzt sich „Cyber Cyrano“kritisch mit dem Netz und sozialen Netzwerken auseinande­r. Wer bin ich? Was verberge ich? Was gebe ich preis? Und warum? Wer übt Macht aus? Wer lässt wen zappeln? So aufbereite­t – das Stück ist gedacht für Menschen ab 13 Jahren – bietet das Thema beides: Spaß und Grund zum Nachdenken. Good Smiley!

 ?? FOTO: THEATER AALEN/PETER SCHLIPF ?? Wo hört die Wirklichke­it auf und wo fängt die virtuelle Welt an? Marcus Krone als Máté, Mirjam Birkl als Zsuzsi und Alice Katharina Schmidt als Heni (von links) in „Cyber Cerano“.
FOTO: THEATER AALEN/PETER SCHLIPF Wo hört die Wirklichke­it auf und wo fängt die virtuelle Welt an? Marcus Krone als Máté, Mirjam Birkl als Zsuzsi und Alice Katharina Schmidt als Heni (von links) in „Cyber Cerano“.

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