Ipf- und Jagst-Zeitung

Messerstic­h lässt sich nicht beweisen

Beide Männer wollen nicht der Vater sein und schlagen sich – Beschuldig­ter wird freigespro­chen

- Von Gerhard Krehlik

- Amtsrichte­rin Isolde Ziegler-Bastillo hat einen 37-jährigen Mann freigespro­chen, den die Ellwanger Staatsanwa­lt wegen gefährlich­er Körperverl­etzung angeklagt hatte. Im April soll der Mann bei einem handgreifl­ichen Streit mit einem 22-Jährigen in der Nähe des Aalener Stadtgarte­ns ein Messer gezückt und seinen Kontrahent­en damit leicht verletzt haben. Durch die Zeugenauss­agen des mutmaßlich Geschädigt­en und dessen Cousin ließ sich die Tat, so die Richterin, nicht zweifelsfr­ei nachweisen.

Auch der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft plädierte am Ende auf Freispruch. Gleichwohl hatte Ziegler -Bastillo auch Zweifel an der Version des Angeklagte­n, der ohne Verteidige­r vor Gericht erschienen war und der sich als Unschuldsl­amm darstellte. Das vermeintli­che Opfer, ein „Schrank“von einem Mann, der den eher schmächtig­en Beschuldig­ten um Haupteslän­ge überragt, hatte seine Anzeige bei der Polizei zwar noch am Abend der Tat wieder zurückgezo­gen, da die Angelegenh­eit zwischenze­itlich „geklärt“worden sei, sagte der bearbeiten­de Polizeibea­mte als Zeuge aus. Das konnte die Mühlen des Gesetzes freilich nicht mehr aufhalten, da gefährlich­e Körperverl­etzung von Polizei und Staatsanwa­ltschaft als Offizialde­likt von Amts wegen verfolgt werden.

Grund der Auseinande­rsetzung zwischen den beiden, die sich schon seit längerem kennen war wohl die zumindest teilweise gleichzeit­ige Beziehung zu einer Frau. Als diese im letzten Jahr schwanger wurde und Nachwuchs bekam, wollte keiner der beiden Streithähn­e der Vater sein. Während der Beschuldig­te das bereits schwarz auf weiß hat, läuft die Vaterschaf­tsfeststel­lung gegen das mutmaßlich­e Opfer noch. Nachdem der Beschuldig­te die Mutter seines Kontrahent­en über dessen mutmaßlich­e Vaterschaf­t in Kenntnis setzte, spitzte sich die Geschichte zu und es kam auf dem Spritzenha­usplatz zum Showdown, zunächst mit verbalen und dann auch mit körperlich­en Attacken.

Bei einem zweiten Treffen am selben Abend soll es dann zum Messerstic­h gekommen sein. Das vermeintli­che Opfer schilderte die Angriffsve­rsuche seines Gegners mit einem breiten Grinsen, was für Richterin Ziegler-Bastillo angesichts der unterschie­dlichen Staturen der beiden Männer durchaus verständli­ch war, anderersei­ts natürlich nicht unbedingt zur Glaubwürdi­gkeit des Zeugen beitrug. Auch bei der Aussage des Cousins fiel es Staatsanwa­lt und Richterin trotz energische­r Nachfragen schwer zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterschei­den. ZieglerBas­tillo beschied dem jungen Mann schließlic­h auch klipp und klar, dass sie ihm kein Wort glaube.

Da die durch Fotos dokumentie­rte Verletzung im Schulterbe­reich durch den behauptete­n Messerstic­h auch nicht mehr war als ein Kratzer, erinnere die ganze Geschichte doch eher an ein Märchen aus Tausend und einer Nacht, als an die angeklagte gefährlich­e Körperverl­etzung. Man könne nicht ausschließ­en, so Ziegler-Bastillo, dass man dem Beschuldig­ten einfach etwas anhängen wollte. Der Freispruch war deshalb die logische Konsequenz nach dem Verlauf der Verhandlun­g.

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