Der Rabenhof gedenkt der ermordeten „Pfleglinge“
Thomas Knies erinnert an die Opfer des menschenverachtenden Nationalsozialismus
- Mindestens 32 „Pfleglinge“aus der früheren Landesfürsorgeanstalt Rabenhof sind 1940 und 1941 im Rahmen der nationalsozialistischen, menschenverachtenden „Euthanasie-Politik“in den Gaskammern der Tötungsanstalten Grafeneck und Hadamar ermordet worden. Daran hat Thomas Knies, der Leiter Wohnen und Soziale Dienste der LWV Eingliederungshilfe GmbH Rabenhof, bei einer Gedenkveranstaltung am Dienstagnachmittag am Gedenkstein auf dem Rabenhof erinnert.
Seit mehr als 15 Jahren, alljährlich am Jahrestag der Abholung von 31 Rabenhof-Bewohnern durch die „grauen Busse“am 17. Oktober 1940 nach Grafeneck, gedenkt der Rabenhof seiner Opfer und aller Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die damals herrschende nationalsozialistische Ideologie hatte befunden, dass das Leben von „Schwachsinnigen“nicht lebenswert sei.
Thomas Knies ging vor mehr als 60 Zuhörern auf das Erinnern und Gedenken ein. „Wir können lernen, unser Leben und das anderer Menschen wertzuschätzen und dankbar dafür zu sein, nicht hungern, nicht frieren zu müssen, nicht verfolgt, nicht bedroht, nicht als unwert und der Vernichtung preisgegeben zu sein“, sagte er. Erinnern und Gedenken dienten so auch uns selbst, der Entwicklung unserer Persönlichkeit und der demokratischen Gestaltung unserer Gegenwart. Der 17. Oktober sei im Rabenhof allen Opfern der nationalsozialistischen „Euthanasie“Politik gewidmet, so auch den Bewohnern, die infolge von gezielter Unterversorgung wie Unterernährung oder fehlende medizinische Versorgung den Tod fanden, die zwangssterilisiert wurden, die für Propagandazwecke zu Filmaufnahmen missbraucht wurden, und den „Angehörigen, die über das Schicksal ihrer Kinder, Brüder, Schwestern, Tanten oder Onkel getäuscht wurden und die um diese trauern“.
Regina-Kino zeigt den Film „Nebel im August“
Knies erinnerte aber auch an all die anderen Opfer deutscher Verbrechen im Nationalsozialismus, so insbesondere an die Verfolgung der Juden, der Sinti und Roma und der Homosexuellen, an die zur Zwangsarbeit Verschleppten und Getöteten sowie an das Schicksal der vor allem russischen Kriegsgefangenen.
Thomas Knies und Heimbeiratsvorsitzende Marianne Stadler legten am Gedenkstein eine Blumenschale nieder. Brennende Kerzen erinnerten an die Opfer des Rabenhofs. Die würdevolle Veranstaltung wurde von Bettina Strohm (Gitarre, Gesang) musikalisch gestaltet. Sie sang von Krieg, Verfolgung und Hungersnot, vom Traum von Frieden und von der Suche nach einem besseren Land.
Im Anschluss an die knapp halbstündige Gedenkfeier wurde in Kooperation mit dem Regina-Kino der Film „Nebel im August“gezeigt. In diesem Film nach dem wahren Schicksal des 13-jährigen, als „asozial“eingestuften Jungen Ernst Lossa wird die Fortführung der „Euthanasie“-Aktion durch Tötung mit Medikamenten thematisiert. Lossa wurde in einem bayerischen Klinikum eingesperrt und dort 1944 umgebracht. Knies freute sich, dass unter den Kinobesuchern auch viele Schülerinnen und Schüler der Sankt Gertrudis waren, wo das Thema „Euthanasie“auf dem Lehrplan steht. Und im Peutinger-Gymnasium werde sich eine Schülerin im Rahmen einer Seminararbeit dieses Themas widmen.