Wolf reißt Schafe nahe Heilbronn
Agrarminister Peter Hauk will nach erstem Wolfsriss Jagd auf „Isegrimm“wieder erweitern
(tja) - Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) hält die bisher vom Land getroffenen Maßnahmen zum Schutz vor Wölfen für unzureichend. „Das wird nicht ausreichen, um den Wolf von Viehherden fernzuhalten. Das ist nur möglich, wenn man in den Bestand eingreift“, sagte Hauk am Montag. Er plädiert deshalb dafür, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern. Zuvor war bekannt geworden, dass erstmals seit 100 Jahren ein Wolf im Land Schafe gerissen hatte.
- Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) hält die bisher vom Land getroffenen Maßnahmen zum Schutz vor Wölfen für unzureichend. „Das wird nicht ausreichen, um den Wolf von Viehherden fernzuhalten. Das ist nur möglich, wenn man in den Bestand eingreift“, sagte Hauk am Montag der „Schwäbischen Zeitung“. Zuvor war bekannt geworden, dass erstmals seit 100 Jahren ein Wolf im Land Schafe gerissen hatte.
Hauk plädierte dafür, die Möglichkeiten zum Abschuss der streng geschützten Tiere zu erweitern. „Man muss den Wölfen beibringen, dass Schafe keine leichte Beute sind. Das geht mit Herdenschutzhunden, aber auch mit Pulver und Kupfer. Leider sind weder die Naturschutzverwaltung noch die Verbände bereit, Wolfsbestände zum Schutz unserer Kulturlandschaft zu regulieren.“Damit attackiert er das von Franz Untersteller (Grüne) geführte Landesumweltministerium. Ihm untersteht die Naturschutzverwaltung.
Derzeit unterliegen Wölfe dem Naturschutzrecht. Damit dürfen nur sogenannte Problemwölfe abgeschossen werden. Dafür benötigt man außerdem eine Genehmigung. Hauk fordert nun, den Wolf ins Jagdrecht zu überführen. „Der Wolf wird bei uns heimisch werden, das lässt sich nicht verhindern. Deswegen müssen wir vorsorgen und die Grundlagen dafür schaffen, dass wir den Bestand regulieren können.“Tiere im Jagdrecht dürfen von Menschen mit Jagdschein erlegt werden. Doch kann man Ausnahmen zu ihrem Schutz festschreiben, etwa Schonzeiten, in denen die Tiere nicht gejagt werden dürfen. Einzelgenehmigungen, wie es das Naturschutzrecht vorsieht, braucht ein Jäger dann aber nicht mehr.
Das grün geführte Umweltministerium setzt dagegen vor allem auf Herdenschutz durch ausgebildete Hunde und spezielle Zäune. Diese werden in Notfällen auch vom Land bereitgestellt. „Ich weiß, dass viele mit großer Besorgnis auf Wolfsnachweise reagieren. Und dass es jetzt erstmals einen nachgewiesenen Wolfsriss gegeben hat, ist sicher kein Ereignis, das zur Beruhigung beiträgt. Aber es ist auch kein Grund, in Panik zu verfallen und um die wirtschaftliche Existenz zu fürchten“, sagte Untersteller in Stuttgart.
Dass es ein Wolf war, der die Schafe in Baden-Württemberg gerissen hat, hat eine genetische Untersuchung von drei am 7. Oktober bei Widdern (Kreis Heilbronn) getöteten Schafen ergeben. Das teilte das Umweltministerium am Montag in Stuttgart mit. Die Untersuchung des Senckenberg-Instituts für Wildtiergenetik im hessischen Gelnhausen kam demnach zweifelsfrei zu dem Ergebnis. Woher der Wolf kam, versuchen die Wissenschaftler nach Angaben des Ministeriums mit weiteren Analysen herauszufinden.
Schäfer bekommt Entschädigung
Die Wolfsexperten von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg gehen davon aus, dass es sich um jenen Wolf handelte, der am 3. September im hessischen Teil des Odenwalds gesichtet wurde. Die Wildbiologin Judith Ohl hält ihn für ein Jungtier, das die Region nördlich von Heilbronn auf der Suche nach einem Revier durchstreift hat. Obwohl er sich hauptsächlich von Wildtieren ernähre, fresse er auch Schafe, wenn sie einfacher für ihn erreichbar seien. Die Lämmerweide war nicht umzäunt, sondern nur durch den Bach Kessach und einen Mühlkanal abgegrenzt – für einen Wolf kein Hindernis.
Der Halter der Lämmer, Michael Straußberger, kann in den nächsten Wochen mit Geld vom Naturschutzbund (Nabu) rechnen, der den Ausgleichsfonds Wolf verwaltet und jetzt erstmals Geld auszahlen muss. Je nach Rasse, Alter, Geschlecht bekommt der Halter zwischen 50 Euro und 400 Euro pro gerissenem Tier. „Dieser erste Riss in Baden-Württemberg zeigt: Die Rückkehr des Wolfs steht unmittelbar bevor“, sagte NabuWolfsexpertin Felicitas Rechtenwald.
Den Schafzüchtern geht das zu schnell. Die Ideen aus einem gemeinsam mit dem Nabu betriebenen und vom Land mit 200 000 Euro unterstützten Pilotprojekt zum Herdenschutz müssten erst noch umgesetzt werden, sagte die Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands, Anette Wohlfarth. Mehrere Schäfer hätten am Montag nach der Nachricht vom Wolfsriss beim Verband angerufen und gefragt: „Was machen wir jetzt?“Wohlfarth teilte ihre Sorge: „Es ist jederzeit mit weiteren Rissen zu rechnen.“Ein Wolfsangriff könne für Schäfer existenzgefährdend sein, beispielsweise wenn eine Herde flüchte und dabei außerhalb der Weide Schaden anrichte. Der Herdenschutzbeauftragte der Rinderunion, Torsten Sommer, fordert Rechtssicherheit, dass dem Tierhalter alle Schäden ersetzt werden, die in der Folge eines Wolfsangriffes entstehen.