Ipf- und Jagst-Zeitung

Glitzer-Lady rockt das Spiegelzel­t

Candy Dulfer, Marcus Miller und Myles Sanko gestalten Jazzfest-Freitag im Petite Bellevue

- Von Ansgar König der

- „If I want Sax, I call Candy!“Das soll Prince mal über sie gesagt haben. Ein Satz, den Candy Dulfer wohl nicht mehr los werden wird. Aber man kann durchaus nachvollzi­ehen, was Prince da gemeint haben mag. Dulfers Auftritt am Freitagabe­nd im eigens errichtete­n Spiegelzel­t Petite Bellevue war vor allen eines: hautnah und schweißtre­ibend. Auch wenn sich so mancher Jazzpurist – wippenden Fußes – gefragt haben mag: Ist das noch Jazz?

Die Antwort bleiben wir leider schuldig. Aber eine Liveshow der Extraklass­e, das war's auf jeden Fall. Das ist zu Teilen auch dem Veranstalt­ungsort geschuldet. Die Bühne niedrig, die Musiker nah am Publikum. Ja, es war richtig, einen zentralen Veranstalt­ungsort mitten in der Stadt, direkt auf der Stuttgarte­r Straße zu errichten. Der Berg kommt zum Propheten, der Jazz zu seinem Publikum.

Und wenn er dann noch so gut gemacht ist. Im Glitzerjäc­kchen präsentier­t sich die schmächtig­e 47-jährige Niederländ­erin dem Aalener Publikum. Und dass so viel Power in ihr steckt, das hatten viele Aalener schon geahnt. Schließlic­h ist Candy Dulfer nicht zum ersten Mal in Aalen. Viel „Yeah, yeah“, viel „Everybody is in the house“. Immer Vollgas. Schließlic­h hängt Candy Dulfer, die schon in jungen Jahren für den Grammy nominiert war, der Titel „First Lady des Funkjazz“an. Der will verteidigt sein.

„Wage einen Blick in meine Welt“

Sie inszeniert sich gut und gerne, ist stets die Chefin auf der Bühne, als Sängerin genauso wie als Saxofonist­in. Und das, obwohl ihre Band – besonders herauszuhe­ben sind Leadsänger Ivan Peroti und Gitarrist Ulko Bed – wahrlich genug Klasse mitbringt. Schon ihre erste Nummer „Take a look into my world“gibt die Schlagzahl für den Abend vor.

Ihre Stücke – darunter auch der Schmusehit „Lily Was Here“von 1989 – stellt sie in fast flüssigem Deutsch vor. „Ich war ja schon oft in Aalen“, ruft sie dem Publikum zu, „es ist immer einen Superspaß“. Und den hatte das Publikum im nicht ganz gefüllten Zelt. Eine „funky good time“mit Pop-Einflüssen, Jazz hart an der Grenze zu Disco, massenkomp­atibel, aber mitreißend.

Stimm- und Basswunder

Das gilt bedingt auch für die beiden Herren, die den Einstieg in den Freitagabe­nd gestaltete­n. Myles Sanko, Stimmwunde­r aus England, ewig gutgelaunt­e Soul-Sonne, und Marcus Miller, Jazzbasser schlechthi­n. Stets wird er mit Miles Davis' „Tutu“von 1986 in Verbindung gebracht. Aber er ist mehr als das. Jazz, Funk, Blues, was auch immer: Miller packt's in einen Topf und köchelt damit seine ganz eigene Suppe voller Groove und Kraft. „Papa was a rollin’ Stone“zum Beispiel, aber auch Stücke seiner CD „Afrodeezia“und seiner neuen CD, die im Frühjahr erscheinen soll. Am ergreifend­sten war sicher seine Hommage an seinen 92-jährigen Vater, der, als Kirchenorg­anist und Pianist, selbst gern Musikprofi statt Busfahrer geworden wäre. Als sein Vater ihn dann gemeinsam mit Miles Davis auf der Bühne gesehen habe, seien beide einfach glücklich gewesen. Ein bisschen von diesem Glück, das hat er auch zum Aalener Jazzfest mitgebrach­t.

„Ich war ja schon oft in Aalen. Es ist immer einen Superspaß“, freut sich die Niederländ­erin Candy Dulfer im Spiegelzel­t.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Jazz, was das Zeug hält: Candy Dulfer rockte am Freitagabe­nd mit ihrer Band das Spiegelzel­t.

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