Wie Jazzer miteinander reden
Dominic Miller beschließt den Samstagabend im Petite Bellevue mit ruhigen Tönen
- „Das ist eine Weltpremiere“, murmelt Dominic Miller ins Publikum des Petite Bellevue, „ich habe noch nie einen Gig gespielt, bei dem ständig der Föhn läuft.“Und trotzdem war der Auftritt des gebürtigen Argentiniers sicher einer der Höhepunkte des 26. Aalener Jazzfests. Nicht wegen des Föhns natürlich, Miller sprach damit die laute Heizungsanlage des Spiegelzelts an.
Er nahm’s mit einem Lächeln. Überhaupt: Dominic Miller, den sie überall die „rechte und die linke Hand von Sting“nennen, präsentierte sich als grundsympathischer Musiker, als Meister seines Fachs und als großer Freund des Aalener Jazzfests: „Ich bin jetzt zum dritten?, vierten? Mal hier. Ich mag dieses Festival. Die Leute, die es machen, die lieben einfach diese Musik.“Lob aus berufenem Munde. Und Freunden verzeiht man ja gerne die eine oder andere Nachlässigkeit. Und überhaupt, so schlimm war’s auch gar nicht mit dem Heizungsgebläse.
Dafür sorgte nicht nur Miller selbst, sondern auch Nicolas Fiszman am Bass und Miles Bould am Schlagzeug – wahre Großmeister in ihrem Metier. Und wenn alle drei ihre Instrumente meisterlich beherrschen, kommt schnell Kommunikation auf – die drei Herren reden über ihre Instrumente miteinander. Ein Blickkontakt genügt, und aus langsam wird schnell, aus leise wird laut, ein Basssolo geht über in ein Schlagzeugsolo bis hin zum perfekt getimten Schlussakkord.
Das macht Spaß. Nicht nur dem Publikum. Auch den Musikern. Mitten im Solo springt Bassist Nicolas Fiszman lauthals lachend auf. Da hält’s auch den Gitarristen nicht mehr auf dem Sitzen, und gemeinsam machen sich die beiden wie zwei ausgelassene Teenager gegenseitig Feuer. „Trust me, I’m a guitarist“, sagt Miller lachend.
Ein einziger Genuss
Man hätte dem Trio mit geschlossenen Augen stundenlang zuhören können. „A Day In The Life“, die fulminante Schlussnummer des 1967erMeisterwerks „Sgt. Peppers Lonley Hearts Club Band“der Beatles, Miller selbst geschriebene Stücke „Shape Of My Heart“oder „Rush Hour“– ein einziger Genuss.
Miller, 1960 in Buenos Aires geboren, spielt seine Akustische mit viel südamerikanischen Einflüssen, mal sanft, mal mild. Die Liste der Musiker, mit denen er schon zusammengearbeitet hat, ist lang und reicht von Luciano Pavarotti über Rod Stewart bis zu Ronan Keating. Da lässt sich schier unendlich schöpfen. Und er ist ein wahrer Meister der lässig eingeworfenen Zwischenakkorde. Das wird nicht zuletzt im schon oft, aber immer wieder gerne gehörten „Fields Of Gold“von Sting klar. Wieder herrscht – vom Heizungsgebläse mal abgesehen – Stille im Zelt.