Ipf- und Jagst-Zeitung

Neue Fahndung nach Ex-RAF-Mitglieder­n

Ehemaligen Terroriste­n wird Serie von Raubüberfä­llen angelastet

- Von Michael Evers

(dpa) - Mit einer Serie von Raubüberfä­llen brachten drei seit Jahrzehnte­n untergetau­chte ehemalige RAF-Terroriste­n die Polizei im Jahr 2015 wieder auf ihre Spur. Wie die Fahnder nun vermuten, könnte das Trio sich möglicherw­eise im Mittelmeer­raum aufhalten und jeweils zu den Raubüberfä­llen ins vertraute Norddeutsc­hland angereist sein.

Es sei nicht auszuschli­eßen, so die Ermittler, dass die ehemaligen RAFMitglie­der Ernst-Volker Staub (63 Jahre), Burkhard Garweg (49) und Daniela Klette (59) in Italien, Frankreich oder Spanien Unterschlu­pf gefunden haben, teilte das Landeskrim­inalamt Niedersach­sen (LKA) am Montag mit.

Möglicherw­eise können die drei ehemaligen Linksterro­risten auf alte Netzwerke Gleichgesi­nnter wie die baskische Eta oder die Roten Brigaden in Italien zurückgrei­fen. Staub wurde angeblich auch auf einem Campingpla­tz in Norditalie­n gesehen, eindeutig identifizi­ert wurde er nach Angaben der Fahnder allerdings nicht. Außerdem könnten die drei sich nach LKA-Angaben in den Niederland­en aufhalten, wo bereits umfangreic­her nach dem Trio gefahndet wurde. Ein bei der Fahrt über die Grenze nach Holland ausgeschal­tetes Handy sowie der Schnipsel einer holländisc­hen Zeitung in einem Tatwagen waren unter anderem der Grund für die Annahme.

Neue Tatvideos

Mit bislang unveröffen­tlichten Tatvideos startete das LKA am Montag einen neuen Fahndungsa­ufruf nach dem Trio, das es für mindestens neun Raubüberfä­lle in Norddeutsc­hland verantwort­lich hält. Eine Videoseque­nz zeigt Staub und Garweg bei einem Überfall in Hildesheim, auf einer zweiten sind die beiden in einem Bus in Osnabrück zu sehen, als sie auf dem Weg zum Kauf eines Gebrauchtw­agens sind, den sie für einen der Überfälle benötigen. Zuletzt schlugen die drei im Juni 2016 in Cremlingen bei Braunschwe­ig zu. Mit Panzerfaus­t und Automatikg­ewehr überfielen dort zwei Männer und eine Frau einen Geldtransp­orter und ein Geschäft.

Für einen Aufenthalt der Gesuchten im Ausland spricht nach Einschätzu­ng der Fahnder die Tatsache, dass es trotz intensiver Fahndung bislang keinen entscheide­nden Hinweis in Deutschlan­d gegeben hat. Dennoch könnten die drei sich – möglicherw­eise ebenfalls mithilfe von einigen Unterstütz­ern – auch hier aufhalten. Die Gebiete um Bielefeld, Porta Westfalica und Osnabrück sind für die Fahnder des LKA wegen Gebrauchtw­agenkäufen durch das Trio dort von besonderem Interesse. Hier dürften die drei nach Angaben des LKA besonders häufig gewesen sein.

Dritte Generation

Garweg, Klette und Staub gehören zur sogenannte­n dritten Generation der RAF. Sie wurde aktiv, als zentrale Figuren wie Andreas Baader und Ulrike Meinhof längst tot waren. Auf ihr Konto sollen mehrere Morde gehen, so an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen im Jahr 1989 und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991). Mit Terror haben die jüngsten kriminelle­n Machenscha­ften des Trios wohl nichts mehr zu tun, eher mit der Altersvors­orge. „Das Leben in der Illegalitä­t ist wesentlich teurer als ein legales Leben“, sagte Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock vor Kurzem dem Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“. Die Beute aus allen Überfällen zusammen soll bei etlichen Hunderttau­send Euro liegen.

Mit falschen Pässen ausgestatt­et gehen die „RAF-Rentner“nach Vermutung der Fahnder keiner geregelten Arbeit nach, womöglich haben sie Unterstütz­er. Ihre Lebensgesc­hichte und ihre Kontakte aber bleiben für die Ermittler trotz aller bisheriger Erkenntnis­se nebulös. „Die sind wie vom Erdboden verschluck­t, hoch profession­ell“, meint ein Beamter.

Mit den relativ aktuellen Fahndungsb­ildern aber bestehe laut LKA die Möglichkei­t, dass sie anhand ihrer Gesichter von der Öffentlich­keit erkannt werden können. Wo auch immer sich die Ex-RAF-Mitglieder auch aufhalten.

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FOTO: DPA Das obige Bild einer Überwachun­gskamera zeigt nach starkem Vermuten der Ermittler die Ex-RAF-Mitglieder Burkhard Garweg (re.) und ErnstVolke­r Staub, die im Mai 2016 in Hildesheim vergeblich versuchen, einen Geldboten zu überfallen. Unten Garweg (vorn)...
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