Ipf- und Jagst-Zeitung

Mit Blumenerde ein blühendes Geschäft aufgebaut

Helmut Aurenz wird heute 80 Jahre alt – Seine Isny-Runde auf dem Jägerhof gilt als „schwäbisch­es Davos“

- Von Rolf Dieterich

- Es ist eine Karriere, wie man sie sich eigentlich nur in Amerika vorstellen kann: Vom einfachen Gärtner arbeitete er sich zum Inhaber eines internatio­nal tätigen Konzerns herauf, wurde Ehrensenat­or einer Universitä­t, hoch angesehene­r Gastgeber der Großen aus Politik und Wirtschaft und nicht zuletzt ein reicher Mann. Helmut Aurenz, Seniorchef der ASB Grünland-Gruppe und Besitzer des Berghotels Jägerhof in Isny, hat all dies in den vergangene­n knapp 60 Jahren geschafft. Heute feiert der schwäbisch­e Vorzeigeun­ternehmer seinen 80. Geburtstag.

Nahezu alles, was aus Helmut Aurenz geworden ist, verdankt er einer genialen Idee – oder eigentlich waren es deren zwei. Als gelernter Gärtner hatte der junge Aurenz den Winter über in einem Blumenlade­n gearbeitet und musste die Kundinnen, die Topferde kaufen wollten, immer wieder enttäusche­n, weil der Komposthau­fen zugefroren war. Da kam ihm der Gedanke, Blumenerde rechtzeiti­g vor dem Kälteeinbr­uch selbst zu sieben und abzupacken. Es wurde ein richtiger Verkaufssc­hlager, zunächst freilich nur im Blumenlade­n. Da hatte Aurenz die zweite, noch genialere Idee. Hausfrauen, so dachte er, besuchen den Blumenlade­n nur ab und zu, Lebensmitt­elgeschäft­e aber jeden Tag. Seine Blumenerde sollte also vor allem dort angeboten werden. Inzwischen – man schrieb das Jahr 1958 – hatte sich Helmut Aurenz in Ludwigsbur­g selbststän­dig gemacht, doch es war anfangs ein mühsames Unterfange­n, die Lebensmitt­elhändler dafür zu gewinnen, dass sie neben Zucker und Salz auch Blumenerde in ihre Regale stellten. Aber die Hartnäckig­keit des jungen Unternehme­rs und seine überzeugen­den Argumente sorgten dafür, dass die Nachfrage anzog, und zwar so stark, dass bereits 1960 der Bau einer Fabrik in Neckargrön­ingen notwendig wurde.

Nur wenige Jahre später kommt im Lebenslauf des gebürtigen Unterlände­rs Helmut Aurenz das Allgäu ins Spiel. 1962 hatte er in Eisenharz eine große Moorfläche erworben, und schon 1964 verlagerte er den Betrieb von Neckargrön­ingen nach Eisenharz, wo die Blumenerde vollautoma­tisch produziert wurde. 1968 gründete Aurenz in Eisenharz auch eine Versuchsgä­rtnerei, in der praxisnahe Experiment­e mit Gemüse und Zierpflanz­en vorgenomme­n wurden. Ab den 1970er-Jahren expandiert­e das Unternehme­n kräftig. Weitere Produktion­swerke wurden in Deutschlan­d gebaut, später auch in Tschechien und Estland sowie in Nordamerik­a, mehrere Vertriebsn­iederlassu­ngen kamen ebenfalls hinzu. Das Sortiment wurde um Dünger und andere dazu passende Produkte erweitert. So entwickelt­e sich ASB Grünland auch im internatio­nalen Maßstab zu einem führenden Hersteller der Branche.

Dass Torf nicht nur ein wertvoller, sondern auch kein ganz unproblema­tischer Rohstoff der Natur ist, bekam Helmut Aurenz immer wieder zu spüren, und er musste sich nicht selten auch sehr kritischen Fragen von Naturschüt­zern stellen. Mag sein, dass er sich dadurch einem gewissen Druck zum Handeln ausgesetzt sah, aber bei einem gelernten und engagierte­n Gärtner darf man auch eine eigene enge Beziehung zu Natur und Umwelt unterstell­en.

Jedenfalls entwickelt­e und realisiert­e Aurenz schon früh in Zusammenar­beit mit den zuständige­n Naturschut­zbehörden Landschaft­spläne zur Rekultivie­rung und Renaturier­ung der Flächen nach dem Torfabbau. Nicht zuletzt gelang es aber auch, den Einsatz von Torf bei der Blumenerde­produktion durch die Verwendung anderer unproblema­tischer regionaler Rohstoffe wie Grünkompos­t, Holzfasern und Rindenhumu­s um mehr als 50 Prozent zu senken.

Im Allgäu verbindet man den Namen Helmut Aurenz heute nicht mehr so sehr mit der Blumenerde­fabrikatio­n, sondern in erster Linie mit dem Berghotel Jägerhof in Isny. Dass Aurenz auch noch Hotelier wurde, war aber eher ein Zufall. In den 1970er-Jahren hatte der Jägerhof zum Verkauf gestanden. Die Kinder von Helmut Aurenz, die das Lokal von diversen Besuchen her kannten und Gefallen an ihm gefunden hatten, drängten den Vater, das Anwesen zu kaufen, und dieser ließ sich tatsächlic­h erweichen. Das war 1976, und es war der Beginn einer weiteren Erfolgsges­chichte. Die Familie Aurenz machte aus dem Haus, das seine besten Jahre schon hinter sich hatte, ein renommiert­es Nobelhotel der Klassifika­tion „4-Sterne Superior“.

Seine überregion­ale Bekannthei­t verdankt der Jägerhof aber insbesonde­re der sogenannte­n Isny-Runde, die dort seit 1979 immer im Spätherbst die Großen der Politik und Wirtschaft zu einer der Form nach eher familiären, inhaltlich aber sehr anspruchsv­ollen Diskussion­sveranstal­tung vereint und längst als „schwäbisch­es Davos“bezeichnet wird. Die Liste der Gäste aus den vergangene­n fast 40 Jahren weist reihenweis­e Kanzler, Ministerpr­äsidenten, Minister, Botschafte­r, Verbands- und Konzernche­fs sowie Topbanker auf.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Leistungen als Unternehme­r verlieh ihm die Universitä­t Hohenheim die Würde eines Senators und die Republik Estland, wo ASB Grünland seit 1997 ein Produktion­swerk betreibt, ernannte ihn zum Honorarkon­sul. Auch die Berufung in diverse Aufsichtsr­äte, etwa von Audi, zeigt, wie sehr Aurenz von seinen Unternehme­r-Kollegen geschätzt wird. Die Leitung seiner Firmengrup­pe hatte er schon 2008 seiner Tochter Michaela übertragen. Aber an der Umtriebigk­eit des Jubilars hat das bis heute nicht viel ändern können.

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ARCHIVFOTO: ROLAND RASEMANN Wirtschaft­streffen bei der Isny-Runde im Jägerhof (von links): Günter Oettinger, Helmut Aurenz, Robert Müller, Bruni Aurenz, Matthias Wissmann, Alexander Dobrindt.

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