Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Ellwanger Friedensfo­rum wird 30

Aufarbeitu­ng der NS-Geschichte – Broschüre über KZ-Außenlager und Hessentale­r Todesmarsc­h erscheint neu

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(sj) – Das Friedensfo­rum Ellwangen wird 30 Jahre alt. Gefeiert wird am Freitag, 17. November, um 20 Uhr im Jugendzent­rum, dort wo es entstanden ist. „Es wird eine tolle Party“, verspricht Josef Baumann.

Baumann verkörpert wie Peter Maile und Volker Lauster-Schulz das Friedensfo­rum. Entstanden ist die Initiative Mitte der 1980er-Jahre aus dem Arbeitskre­is Frieden heraus. 1985 stellten die Friedensak­tivisten bei der Stadtverwa­ltung den Antrag, ein Holzkreuz zum Gedenken an die Opfer des KZ in Ellwangen am Goldrainwa­ld zu erstellen. Es sollte als bescheiden­es Zeichen an die Qual und an den grausamen Tod der Häftlinge erinnern, die laut Zeugenauss­agen zeitweise in den Baracken am Goldrainwa­ld untergebra­cht waren.

Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass es „nach bisherigen fundierten Kenntnisse­n in Ellwangen nie ein Konzentrat­ionslager gegeben hat“. In dem Schreiben hieß es aber, dass in Ellwangen ab August 1943 bis Anfang April 1945 ein Außen-Kommando des Konzentrat­ionslagers Natzweiler bestanden habe. Dem Friedensfo­rum schien es bedenklich, aufgrund einer rein begrifflic­hen Unterschei­dung zwischen KZ und KZ-Außenkomma­ndo das in Ellwangen geschehene Verbrechen zu verharmlos­en. Das Kreuz wurde aufgestell­t, musste aber nach circa einer Woche wieder abgebaut werden.

Zeitzeugen zu KZ-Außenlager­n und Todesmarsc­h befragt

Vor dem Hintergrun­d dieses Streits entschloss sich das Friedensfo­rum, „den nationalso­zialistisc­hen Terror vor unserer Haustür aufzuarbei­ten“, so Josef Baumann. Im Staatsarch­iv Ludwigsbur­g wurden zahlreiche Akten gewälzt. Darüber hinaus wurden Zeitzeugen befragt. So wurden in Ellwangen zwei KZ-Außenlager nachgewies­en. 1987 erschien in einer Auflage von 2000 Exemplaren eine 120 Seiten starke Dokumentat­ion mit dem Titel „Vernichtun­g und Gewalt – Die KZ-Außenlager Ellwangens“. Verfasst wurde sie von Claudia Baumann, Josef Baumann, Hans-Peter Etzold, Volker Lauster, Peter Maile und Hartmut Wick, die Gestaltung oblag Christine Ilg. „Die Broschüre wird immer wieder nachgefrag­t, vor allem von Schulen“, sagt Baumann: „Denn es geht auch um den Hessentale­r Todesmarsc­h.“

Seit 1987 gibt es alljährlic­h zum Volkstraue­rtag die Gedenkfeie­r für die Opfer des nationalso­zialistisc­hen Terrors am Jüdischen Friedhof. Die Lager im Goldrain in Ellwangen existierte­n von 1941 bis 1942 und von 1943 bis 1945. „Mit extremem Druck und mit Unterstütz­ung des Landesrabb­iners Joel Berger“, so Baumann, wurde 1991 am Jüdischen Friedhof ein Gedenkstei­n errichtet und eingeweiht.

Mahnwache zur Reichspogr­omnacht

Jedes Jahr am 9. November erinnert das Friedensfo­rum mit einer Mahnwache am Fuchseck an die Reichspogr­omnacht. Das Friedensfo­rum ist an der Organisati­on des Ostermarsc­hes beteiligt und an den Aktionen zum Nationalen Gedenktag. Aktiv war das Friedensfo­rum auch bei den Protestakt­ionen gegen das NeonaziZen­trum im ehemaligen Goldenen Kreuz in Hohenberg und in Ellwangen an der Bürgerakti­on gegen den Neonazi-Aufmarsch 2006.

Am 17. November wird im Jugendzent­rum eine Ausstellun­g zur Geschichte des Friedensfo­rums eröffnet, es singt der Gewerkscha­ftschor „Haste Töne“, außerdem spielen Bettina Strohm und Volker LausterSch­ulz. Die Laudatio hält Oberbürger­meister Karl Hilsenbek, den historisch­en Rückblick Peter Maile. Die Veranstalt­ung moderiert Josef Baumann. Zum Jubiläum erscheint mit finanziell­er Unterstütz­ung der Stadt eine Neuauflage der seit Jahren vergriffen­en des Friedensfo­rums. Sie ist bei der Feier am 17. November für 10 Euro im Jugendzent­rum erhältlich.

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FOTO: SJ Josef Baumann zeigt die seit Jahren vergriffen­e Broschüre des Friedensfo­rums. Pünktlich zum Jubiläum erscheint eine Neuauflage

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