Ipf- und Jagst-Zeitung

Was tun bei sexueller Belästigun­g

Interview mit Nicole Bühler, Frauen- und Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Ellwangen

- Von Anna Kratky

- Seit mehreren Monaten kursiert der Hashtag „metoo“(dt.: ich auch) in den sozialen Medien. Unter diesem Schlagwort wenden sich vor allem Frauen an die Öffentlich­keit, die Opfer sexueller Belästigun­g geworden sind. In Deutschlan­d betrifft das fast jede zweite Frau. Das hat eine Umfrage der Meinungsfo­rscher von „YouGov“ergeben. Nicole Bühler leitet das Sachgebiet Soziales und ist Frauenund Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Ellwangen. Anna Kratky hat mit ihr über das Thema sexuelle Belästigun­g gesprochen.

Frau Bühler, was halten Sie von der Aktion „#metoo“?

Ich finde es gut, diese Hashtags zu nutzen, da auf diese Weise viele Leute erreicht und für das Thema sexuelle Belästigun­g sensibilis­iert werden können. Der klare Nachteil ist aber, dass diese Hashtags nicht geschützt sind. Das heißt, sie können auch verwendet werden, um sich darüber lustig zu machen und dann geht die Diskussion schnell in eine falsche Richtung. Generell ist es aber gut, um vor allem junge Leute zu erreichen.

Was ist Ihre Aufgabe als Frauenund Gleichstel­lungsbeauf­tragte?

Ich kümmere mich darum, dass niemand benachteil­igt wird und alle Personen gleichbere­chtigt behandelt werden, das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer. Ein weiterer Schwerpunk­t meiner Arbeit ist die Gleichstel­lung im Beruf von Frauen und Männern sicherzust­ellen. Als Frauenbeau­ftragte bin ich aber auch gezielt dafür zuständig, Frauen zu stärken und zu fördern, sowohl in der Stadtverwa­ltung als auch in Unternehme­n und ganz allgemein. Gleichzeit­ig gehört der Themenschw­erpunkt Gewaltschu­tz zu meiner Tätigkeit, worunter das Thema sexuelle Belästigun­g fällt.

Wer kann sich bei sexueller Belästigun­g im Job an Sie wenden?

Auch hier bin ich für Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r der Stadt sowie für Angestellt­e in Ellwanger Unternehme­n und alle Bürgerinne­n und Bürger zuständig. Viele Betroffene­n schämen sich, direkt mit ihrem Arbeitgebe­r oder Freunden darüber zu sprechen, und fragen mich dann um Rat. Aber auch Arbeitgebe­r wenden sich an mich, wenn es in ihrem Unternehme­n Fälle von sexueller Belästigun­g gibt. Dann bin ich manchmal bei den Gesprächen zwischen Täter und Opfer in den Unternehme­n dabei, um gegebenenf­alls zu vermitteln und zu moderieren.

Ab wann spricht man von sexueller Belästigun­g?

Man kann klar sagen, dass sexuelle Belästigun­g ein Mittel ist, um Macht auszuüben. Dabei wird sowohl das Machtgefäl­le als auch das Abhängigke­itsverhält­nis sexualisie­rt und aufrechter­halten. Wird hierbei die Würde der betreffend­en Personen verletzt, spricht man von sexueller Belästigun­g. Es gibt passive und aktive Handlungen.

Passiv sind zum Beispiel zweideutig­e Witze und Sprüche oder sexuelle Angebote und Anzüglichk­eiten. Immer häufiger werden diese auch über soziale Netzwerke oder Nachrichte­ndienste wie Whats App verschickt.

Von aktiver sexueller Belästigun­g spricht man dann, wenn es zu einseitig gewollten Berührunge­n kommt. Das bekanntest­e Beispiel ist hier wahrschein­lich der Klaps auf den Po. Das kann bis zum erzwungene­n sexuellen Akt gehen. Unter aktiv fällt aber auch das Zeigen von pornografi­schen Inhalten.

Was können Betroffene in dieser Situation tun?

Mein erster Ratschlag ist, die Person, die einen belästigt, darauf anzusprech­en. In dem Gespräch sollte man mit klaren Worten sagen, dass man diese Anspielung­en oder Belästigun­g nicht möchte. Am besten ist es, wenn Betroffene bei diesem Gespräch Zeugen dabei haben.

Wenn das nicht hilft, sollte man sich auf jeden Fall an die Vorgesetzt­en wenden, was für viele natürlich eine große Herausford­erung ist. Ich rate Betroffene­n natürlich auch, sich profession­elle Hilfe zu holen, zum Beispiel bei Gleichstel­lungsbeauf­tragten wie mir, bei Vereinen wie „Frauen helfen Frauen“oder bei der Polizei. Geht man zur Polizei, heißt das nicht automatisc­h, dass man auch eine Anzeige stellen muss. In Gesprächen versuche ich, Frauen Selbstbewu­sstsein zu vermitteln, damit sie sich trauen „Nein“zu sagen, auch wenn ein Machtgefäl­le besteht.

Viele Männer sind mittlerwei­le verunsiche­rt, was sie am Arbeitspla­tz noch zu Kolleginne­n sagen dürfen.

Da kann man sich am Sexualstra­frecht orientiere­n, das ganz klar regelt, was sexuelle Belästigun­g bedeutet. Ich sage mal so: Über ein ehrlich gemeintes Kompliment, das nicht anzüglich ist, freut sich sicherlich jede Frau oder auch jeder Mann. Was bei sexueller Belästigun­g tun können, erklärt Nicole Bühler in einem Video unter: www.schwaebisc­he.de/ frauenbeau­ftragte

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Unter dem Hashtag „#metoo“machen Frauen auf sich aufmerksam, die Opfer von sexueller Belästigun­g geworden sind. Nicole Bühler findet dies gut.
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FOTO: PRIVAT Nicole Bühler.

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