Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Meister der Bäder

Janis Gentner aus Abtsgmünd ist Deutschlan­ds bester Platten,- Fliesen- und Mosaiklege­r

- Von Eva-Marie Mihai

- Was die wenigsten Aalener wissen: Die Bäder an den beiden hohen Wohnblöcke­n in der Aalener Gartenstra­ße sind von einem deutschen Meister der Fliesen-, Plattenund Mosaiklege­r höchstpers­önlich bearbeitet worden: Der 19-jährige Janis Gentner darf sich seit dem Herbst mit dem Titel schmücken.

In idyllische­r Abgeschied­enheit in Hüttenhöfe liegt die Werkstatt von Gentners Ausbilderf­irma Fliesen Abele. Ein Hallentor auf dem ehemaligen Bauernhof ist hochgezoge­n, in der Werkstatt ist eine etwa mannshohe Mauer aufgebaut, an der angehende Fliesenmei­ster ihr Können erproben können. An der Werkbank daneben klebt Gentner mit routiniert­en Handbewegu­ngen eine etwa 20 Zentimeter große Fliese auf ein doppelseit­iges Klebeband auf einer Holzplatte. Er zeichnet mit Bleistift die Schnittkan­te, fährt dann mit einem Werkzeug, das aussieht wie ein Mörser, nach Gentners Worten aber ein Fliesensch­neider ist, darüber und trennt die Platte durch. So arbeitet also Deutschlan­ds bester Fliesenleg­er aus dem Gesellenab­schlussjah­r 2017.

Chef war nervöser als der Wettkämpfe­r selbst

Im Juli hatte er die Prüfung als Fliesen-, Platten- und Mosaiklege­r abgelegt und schloss als Kammersieg­er der Handwerska­mmer Ulm ab. Es folgten der Landes- und der Bundeswett­bewerb. Dabei erhalten die Gesellen eine Zeichnung, deren Maße eingehalte­n werden müssen. Dann geht es darum, das aufgezeich­nete Bild mit bunten Fliesen nachzubaue­n und an eine Wand zu kleben. Die Radien müssen selbst berechnet werden, ebenso die Fugenbreit­en.

Am meisten Punkte erhält, wer innerhalb der vorgegeben­en Zeit maßgenau und sauber das Fliesenbil­d umgesetzt hat. „Da kommst du rein, wenn du übst“, sagt der Handwerker. „Man entwickelt das Gefühl und das Talent.“Doch trotz allem: Es sei knapp gewesen, erzählt der Abtsgmünde­r, aber es habe gereicht. Auch, weil sein Konkurrent sich verhaspelt habe und vor den Zuschauern unruhig geworden sei. Natürlich seien die vorbeizieh­enden Schulklass­en manchmal nervig, aber damit müsse man zurechtkom­men. Übung und Ruhe, beides habe er mitgebrach­t und beides habe ihm zum Sieg verholfen, sagt er. Während die anderen sich Stress gemacht hatten, habe er sich einfach auf seinen Zeitplan in seinem Kopf verlassen.

Zu den deutschen Meistersch­aften in Sigmaringe­n reisten seine Kollegen zur Unterstütz­ung an. „Da hatte ich einen Vorteil, dass der Wettbewerb in Baden-Württember­g ausgetrage­n wurde.“

„Ich war nervöser als er“, erzählt sein Chef Patrick Abele von dem Wettbewerb. „Er hatte vorher viel geübt und man hat ihm den Sieg natürlich gegönnt.“Nach dem Wettbewerb habe sein Chef ihm erzählt, dass er beinahe ausgeraste­t sei, als er gesehen habe, wie Gentner trotz tickender Uhr in aller Seelenruhe Fliese für Fliese beklebt habe, statt wie die anderen die Wandfläche mit Kleber zu bestreiche­n. Schlussend­lich habe sich aber gerade diese Akribie bewährt.

Mit dem Ergebnis, dass er die Chance hat nächstes Jahr mit dem Nationalte­am zur EM nach Budapest zu fahren. Er spekuliert aber auf die WM 2019 in Sydney, wenn er noch ein Jahr Erfahrunge­n gesammelt hat. „Da dabei zu sein – das ist mein Ziel.“

„Architekte­n bekommen fast keine Handwerker mehr“

Er habe sich nicht immer im Handwerk gesehen, erzählt Gentner. Vor der Ausbildung habe er sich für IT oder automatisi­erte Prozesse interessie­rt. In seiner Freizeit ging er Ringen – und lernte dort seinen künftigen Chef Patrick Abele kenne. Mit 15 habe er dann den Mofaschein machen wollen, was seine Mutter erlaubte, aber nicht bezahlte. Also jobbte er bei Abele als Bauhelfer, verdiente sich seinen ersten Führersche­in und nebenbei eine Ausbildung­sstelle. „Eine Ausbildung ist nie falsch“, sagt Gentner. „Darauf kannst du aufbauen.“Er habe vor, den Meister zu machen. Damit darf er aber erst nach der WM anfangen, weil der Wettbewerb Junghandwe­rkern vorbehalte­n ist.

Für seinen Beruf sieht er durchaus eine Zukunft. „Die Architekte­n bekommen fast keine Handwerker mehr.“Und unter denen gäbe es viele Ü50-Jährige, die in den kommenden Jahre in Rente gingen. Er mag seine Arbeit, erzählt Gentner. Und den Dialog mit den Kunden. „Ich bin frei und kann kreativ arbeiten.“

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FOTO: EVA-MARIE MIHAI In der Werkstatt in Hüttenhöfe hat sich Janis Gentner an den Wochenende­n auf die Wettkämpfe vorbereite­t.

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