Ipf- und Jagst-Zeitung

Hasenpest lässt die meisten Hundehalte­r völlig kalt

Trotz Warnungen des Landratsam­ts springen Vierbeiner nach wie vor ohne Leine durch den Wald

- Von Verena Schiegl

- Wenn Alfred Roder durch sein Revier fährt, kann er nur mit dem Kopf schütteln. Trotz der Warnungen, die das Landratsam­t wegen der Ende Oktober aufkommend­en Hasenpest (Tularämie) im Ostalbkrei­s herausgege­ben hat, lassen Hundehalte­r ihre Vierbeiner nach wie vor ohne Leine laufen. Die Gefahr, dass sich ihre Tiere an einem toten Hasen infizieren könnten und in der Folge auch sie mit dem Erreger Francisell­a tularensis anstecken, lässt viele kalt.

Donnerstag­nachmittag. Die Sonne lockt viele Hundehalte­r ins Freie. Auch im Spitzwald, der zum Revier von Alfred Roder gehört, ziehen einige Treppacher, Fachsenfel­der und Dewanger mit ihren Vierbeiner­n ihre Runde. Nicht unweit des Spazierweg­es, auf dem sie laufen, hat Alfred Roder Ende Oktober einen toten Hasen eingesamme­lt, der laut Untersuchu­ng des Chemischen- und Veterinäru­ntersuchun­gsamts in Fellbach an der Hasenpest verendet ist. An dieser Stelle schoss Roder kurze Zeit später auch einen gesunden Hasen, um zu sehen, ob sich die Tularämie hier weiter ausbreitet. Dieser wurde allerdings negativ getestet. Trotzdem ist der Wasseralfi­nger Jäger seither auf der Hut. Dass sich die Hasenpest weiter ausbreiten könnte, bereitet ihm Sorge.

Ein bloßes Schnuppern reicht aus, dass sich der Hund infiziert

Wenn es seine Zeit zulässt, ist Alfred Roder deshalb ständig in seinem Revier unterwegs, das sich vom Wasseralfi­nger Kocher übers Bürgle, den Heisenberg, Treppach und Affalterri­ed bis vor die Tore Fachsenfel­ds erstreckt. Vor allem im Spitzwald hat er ein wachsames Auge – nicht nur auf weitere tote Hasen, die an der Tularämie verendet sein könnten, sondern auch mit Blick auf Hundehalte­r, die ihre Vierbeiner frei laufen lassen. Denn wenn diese einem infizierte­n Tier zu nahe kommen und nur an ihm schnuppern, können diese die Hasenpest weitertrag­en und auch ihre Besitzer anstecken.

Diese Gefahr ist allerdings den wenigsten bewusst. Bei jeder Tour muss Roder Hundehalte­r darauf aufmerksam machen. Doch nach einem „Ja, ja, ich halte mich künftig daran“, spazieren sie am nächsten Tag mit ihren Hunden doch wieder ohne Leine. Roder kennt seine Pappenheim­er. Und diese ihn. Wenn sie sein Auto von Weitem erblicken oder sehen, wie er sie mit seinem Fernglas beobachtet, wird sofort die Leine am Geschirr oder Halsband festgemach­t, um sie kurze Zeit später auch wieder loszumache­n. So auch am Donnerstag­nachmittag. Kaum ist Roder um die Ecke verschwund­en, leinen die meisten Halter ihren Hund wieder ab. Neben denjenigen, die die Hasenpest nicht ernst nehmen, auch nicht, wenn man ihnen die Folgen für Hund und Mensch erklärt, gibt es auch welche, denen es trotz der Berichters­tattung in den Medien gar nicht bewusst war, dass im Ostalbkrei­s bereits drei Fälle von Hasenpest aufgetauch­t sind – im Spitzwald, im Bereich Oberalfing­en an der Reviergren­ze zwischen Wasseralfi­ngen/Westhausen und im Bereich Röhlingen.

Leinenpfli­cht kann nicht angeordnet werden

Und es gibt auch gänzlich uneinsicht­ige Halter, die das leinenlose Dasein ihres Hundes mit den Worten kommentier­en: „Es wird schon nichts passieren. Und überhaupt bin ich nicht dazu verpflicht­et, meinen Hund im Wald an der Leine zu führen.“Letzteres stimmt. „Das Landratsam­t Ostalbkrei­s hat keine Rechtsgrun­dlage für die Einführung der Leinenpfli­cht. Auch sehen weder das Waldgesetz noch das Jagdgesetz eine Leinenpfli­cht vor“, sagt Susanne Dietterle, Pressespre­cherin des Landratsam­tes. Daran habe auch die Hasenpest nichts geändert. Entscheide­nd sei, dass der Hund nur dann frei laufen dürfe, wenn ihn der Besitzer auch ohne Leine sicher unter Kontrolle hat und unverzügli­ch zu sich rufen kann. Darüber kann Roder allerdings nur lachen. „Wenn der Hund mit dem infizierte­n Tier Kontakt aufgenomme­n hat, ist jeder Pfiff zu spät.“

Bei seiner Tour durchs Revier trifft Roder aber auch „vernünftig­e“Halter wie das Ehepaar Pauline und Josef Schneider aus Treppach. Seit bekannt ist, dass es im Ostalbkrei­s Fälle von Hasenpest gibt, sind die Besitzer zweier Hunde besonders vorsichtig. Doch auch sonst führen sie im Wald ihre Tiere an der Leine, auch um das Wild zu schützen. „Die Hasenpest sollte man nicht hochkochen, aber ernst nehmen“, sagen die beiden. Zum Schutz ihrer Hunde und für sich selbst. Eindämmen lässt sich die Hasenpest nicht.

Dass diese im Ostalbkrei­s überhaupt festgestel­lt wurde, sei ein Zufall gewesen, sagt Roder. Denn hätte er das tote Tier im Spitzwald nicht gefunden und über das Landratsam­t untersuche­n lassen, wäre die Tularämie vielleicht nie zutage getreten. Denn in der Regel hole der Fuchs verendete Tiere in der Nacht. Aufgrund der Berichters­tattung in den Medien seien Jäger jetzt einfach sensibilis­iert, deshalb seien auch die beiden anderen Fälle ans Tageslicht gekommen. Roder schaut in jedem Fall weiterhin nach dem Rechten. In der nächsten Zeit möchte er am Bürgle einen Hasen schießen, um zu sehen, ob es auch hier Fälle von Tularämie gibt.

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FOTO: BERND WEISSBROD Trotz Warnungen des Landratsam­ts wegen der Ende Oktober aufkommend­en Hasenpest im Ostalbkrei­s lassen Hundehalte­r ihre Vierbeiner nach wie vor ohne Leine durch den Wald laufen.

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