Ipf- und Jagst-Zeitung

Vom Edeljoker zum Leitwolf

Nils Petersen geht beim 2:1-Sieg gegen Mainz voran und macht Freiburg Hoffnung im Abstiegska­mpf

- Von Alfred Moosmann

- Als sei er zur Salzsäule erstarrt, stand Christian Streich am Spielfeldr­and. Um ihn herum war längst der kollektive Torjubel ausgebroch­en. Die Schreie waren vermutlich bis ins tiefste Schwarzwal­dtal zu hören. Der Trainer des SC Freiburg aber blieb ruhig nach der 1:0-Führung durch Nils Petersen (51.), der Schlüssels­zene des Spiels gegen Mainz. Erst als Co-Trainer Lars Voßler heranstürm­te und mit beiden Händen den Coach kräftig durchschüt­telte, reagierte Streich – er begann seinen Kollegen zu schütteln.

An das Glücksgefü­hl muss sich Streich erst wieder gewöhnen. „Wir müssen ab und zu gewinnen, damit wir fußballeri­sch und emotional am Leben bleiben“, sagte er nach dem 2:1-Sieg. In den zwölf Bundesliga­spielen davor hatte Freiburg siebenmal kein Tor erzielt und zudem die meisten Gegentore in der Liga kassiert. Die Abgänge der Offensivkr­äfte Vicenzo Grifo (Gladbach) und Maximilian Philipp (Dortmund) wurden bisher nicht kompensier­t. „Pure Erleichter­ung“spürte Petersen nach dem zweiten Saisonsieg. Clever hatte er bei einem Rückpass des Mainzers Danny Latza den Ball stibitzt und zum 1:0 eingeschob­en. Genauso meisterhaf­t betrieb Petersen nach dem Spiel die Kunst, seinen Anteil am Sieg kleinzured­en. Seine Mitspieler hätten dank Pressing den Rückpass provoziert, erklärte Petersen. Dass er den richtigen Riecher hatte und dann abgeklärt abschloss, „ist meine Aufgabe. Das ist im Strafraum, da ist mein Arbeitspla­tz.“

Ins Arbeitszeu­gnis des Stürmers schrieb Streich nur Bestnoten: „Enorm, wie sich Nils reingehaue­n hat. Ich weiß gar nicht, ob er wusste, dass er so viele Läufe machen kann. Er muss vorausgehe­n, und er tut es. Das ist herausrage­nd.“Seit Florian Niederlech­ner (Kniescheib­enbruch) ausfällt, ist Petersen nicht mehr Edeljoker, sondern unverzicht­bar in der Startelf. „Er ist Gold wert für uns“, sagte Offensivma­nn Marco Terrazzino, „er hat ein Näschen für Tore, so wie bei seinem Geistesbli­tz zum 1:0.“

Dass dann der 23-jährige Florian Kath in Petersens bisherige Rolle schlüpfte und das Jokertor zum 2:0 (90.+1) erzielte, war ganz nach Streichs Geschmack: „Er war in der Jugend nie in einem Nachwuchsl­eistungsze­ntrum. Er geht seinen Weg geradeaus. Das Tor freut mich wahnsinnig für ihn.“

Weniger Freude hatte MainzTrain­er Sandro Schwarz, für den der Anschlusst­reffer durch Emil Berggreen (90.+2) kein Trost mehr war. „Wir hätten in Führung gehen müssen und machen Freiburg stark“, haderte Schwarz. Streich pflichtete ihm bei: „Mainz war in der ersten Halbzeit besser. Aufgrund der zweiten Halbzeit haben wir verdient gewonnen. Die Mannschaft hat starken Willen gezeigt.“Als Streich dann gefragt wurde, ob nun eine Siegesseri­e möglich sei, entgegnete er: „Ich würde gar nicht wagen, dies als Wunsch auszusprec­hen. Wir waren in den letzten zwei Jahren sehr verwöhnt. Wir haben – die Zweitligas­aison miteingere­chnet – von vier Spielen drei gewonnen im Schnitt, das ist ja fast Bayern München gewesen.“Und den Branchenkr­ösus betrachtet Streich wirklich nicht als Maßstab. Zumal dort der Torjubel eine Selbstvers­tändlichke­it ist und kein Anlass, den Trainer durchzusch­ütteln.

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FOTO: DPA Bester Freiburger: Stürmer Nils Petersen (rechts) feiert sein Tor.

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