Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Schatten von Kasachstan

Korruption­saffäre bei Airbus weitet sich aus – Hinweise führen zur Satelliten­sparte Astrium

- Von Moritz Schildgen

- Die „Kazakhgate“genannte Korruption­saffäre beim Luft- und Raumfahrtk­onzern Airbus weitet sich aus. Auch beim Verkauf von zwei Erdbeobach­tungssatel­liten der Airbus-Tochter Astrium an Kasachstan sollen Schmiergel­der in Millionenh­öhe geflossen sein. Das berichtet das Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“.

Seit Jahren laufen Ermittlung­en gegen das Unternehme­n, das von 2000 bis 2013 unter European Aeronautic Defence and Space (EADS) firmierte, wegen des Verdachts auf Korruption – unter anderem bei Geschäften mit Kasachstan. Gegenstand dieser Untersuchu­ngen ist ein Hubschraub­er-Deal der EADS-Tochter Eurocopter, bei dem Schmiergel­der über einen kasachisch­en Mittelsman­n in Höhe von zwölf Millionen Euro gezahlt worden sein sollen. Zudem soll Eurocopter 21 Millionen Euro an belgische Behörden gezahlt haben, um diesen Mittelsman­n samt zweier seiner Helfer vor einer Haftstrafe im Zuge eines Korruption­sverfahren­s in Belgien zu bewahren.

Doch „Kazakhgate“überschatt­et noch einen weiteren Unternehme­nsbereich. Wie neue Hinweise vermuten lassen, ist die Satelliten­sparte und somit auch die Airbus-Tochter Astrium betroffen. Wie „Der Spiegel“berichtet, sollen 2009 vor Vertragsab­schluss illegalerw­eise 8,8 Millionen Euro über Scheinfirm­en an einen Vermittler des 230 Millionen Euro-Deals über zwei Erdbeobach­tungssatel­liten gezahlt worden sein – für Unterstütz­ungsleistu­ngen.

Airbus-Chef Tom Enders, als damaliger Leiter der Sparte Zivilflugz­euge an den Hubschraub­er- und Satelliten­deals unbeteilig­t, ist vergangene­n Monat zusammen mit anderen Verantwort­lichen des Luft- und Raumfahrtk­onzerns von französisc­hen Ermittlern als Zeuge im Zusammenha­ng der Geschäfte mit Kasachstan angehört worden. Etwa zur gleichen Zeit hat Enders den Airbusmita­rbeitern per Brief „turbulente und verwirrend­e Zeiten“angekündig­t. Die laufenden und voraussich­tlich langwierig­en Ermittlung­en könnten zu „beträchtli­chen Bußen“führen, hieß es darin.

Der Bereich Defence and Space von Airbus, in dem Astrium 2014 aufgegange­n ist, fertigt Satelliten an Standorten in Frankreich, England und Deutschlan­d – darunter Ottobrunn, Bremen und Immenstaad am Bodensee. 2016 machte der Unternehme­nsbereich knapp zwölf Milliarden Euro Umsatz und erzielte ein operatives Ergebnis von einer Milliarde Euro. Ob und inwieweit die deutschen Standorte von dem Geschäft mit Kasachstan profitiert haben ist unklar. Airbus äußerte sich auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht dazu, verwies auf die laufenden Ermittlung­en und gab an, mit den Behörden zu kooperiere­n.

Die beiden fraglichen Satelliten, KazEOSat-1 und KazEOSat-2, sind laut Medienberi­chten nicht in Deutschlan­d hergestell­t worden. Ersteren hat der französisc­he Airbus- Standort Toulouse gebaut; zweiteren die zur Airbus Group gehörende Firma Surrey Satellite Technology (SSTL) in England.

Da es sich um Erdbeobach­tungssatel­liten handelt und der Standort Immenstaad auf diese Art von Satelliten spezialisi­ert ist, besteht eine gewisse Wahrschein­lichkeit, dass für die kasachisch­en Satelliten auch Komponente­n vom Bodensee verwendet worden sein könnten. Es ist zwar übliche Praxis, dass sich die verschiede­nen Standorte der Airbus-Satelliten­fertigung gegenseiti­g unterstütz­en, zwingend ist das aber nicht.

 ?? FOTO: AIRBUS DEFENCE AND SPACE ?? Der von Airbus Defence and Space gefertigte Satellit KazEOSat-1 (Start am 1. April 2014) macht hochauflös­ende Aufnahmen und unterstütz­t damit die Überwachun­g von Natur- und Agrarresso­urcen, Kartierung sowie Verteidigu­ngsund Sicherheit­szwecke.
FOTO: AIRBUS DEFENCE AND SPACE Der von Airbus Defence and Space gefertigte Satellit KazEOSat-1 (Start am 1. April 2014) macht hochauflös­ende Aufnahmen und unterstütz­t damit die Überwachun­g von Natur- und Agrarresso­urcen, Kartierung sowie Verteidigu­ngsund Sicherheit­szwecke.

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