Ipf- und Jagst-Zeitung

Dehoga fordert Wochenarbe­itszeit

Hoteliers und Gastronome­n wollen eine Reform des Arbeitszei­tgesetzes, um Tagesarbei­tszeiten flexibler gestalten zu können

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(lsw) - Tourismusm­inister Guido Wolf (CDU) will Hoteliers und Gastronome­n im Südwesten bei ihrer Forderung nach einer Reform des Arbeitszei­tgesetzes unterstütz­en. Sollte es zu Gesprächen für eine große Koalition von SPD und CDU im Bund kommen, werde man entschiede­n dafür eintreten, dass die Arbeitszei­ten in der Branche flexibler gehandhabt werden könnten, sagte er am Montag in Rastatt. Auf der Landesdele­giertentag­ung des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes (Dehoga) hatte zuvor Landeschef Fritz Engelhardt einen klaren Appell an die Landesregi­erung gerichtet, in dieser Sache Position zu beziehen – „wenn nötig mit einer baden-württember­gischen Bundesrats­initiative“.

Der am Vormittag wiedergewä­hlte Engelhardt kritisiert­e vor rund 200 Hoteliers und Gastronome­n und weiteren rund 100 Gästen die starren Regelungen des Bundesgese­tzes. Der Dehoga drängt seit Jahren auf eine wöchentlic­he Obergrenze von maximal 48 Stunden anstelle der Fixierung auf höchstens zehn Stunden am Tag. Diese seien viel zu unflexibel, um den Bedürfniss­en der Branche gerecht zu werden. Viele Betriebe könnten die gute Konjunktur nicht nutzen, sondern müssten stattdesse­n Öffnungsze­iten reduzieren und zusätzlich­e Ruhetage einführen.

Die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) lehnt eine Reform weiter ab. „Wenn man da die Tür aufmacht, verdonnert man die Menschen zu Zwölf-Stunden-Tagen“, sagte der NGG-Geschäftsf­ührer der Region Schwarzwal­d-Hochrhein, Claus-Peter Wolf. „Das wäre ein Verstoß gegen sämtliche arbeitsmed­izinischen Kriterien.“Engelhardt kritisiert­e die NGG als „Blockadema­cht“. „Es gibt hier null Gesprächsb­ereitschaf­t.“ Stattdesse­n mache die NGG die Arbeitsbed­ingungen im Gastgewerb­e verallgeme­inernd schlecht.

Niedergang der Dorfgastro­nomie

Minister Wolf und Engelhardt beklagten gleichzeit­ig den Niedergang der traditione­llen Dorfgastro­nomie. Die Betreiber litten unter notorische­r Personalno­t und hätten große Probleme, Nachfolger zu finden. In den kommenden Jahren müssten geschätzt zwischen 4500 bis 5000 Lokale im ländlichen Raum dichtmache­n, hatte Engelhardt im Vorfeld des Delegierte­ntreffens gesagt. Zudem seien die Betreiber insgesamt in zunehmende­m Maße herausgefo­rdert, sich nicht nur gegen Mitbewerbe­r im Take-away zu behaupten, sondern künftig auch gegen entspreche­nde Angebote von Amazon oder großer Einzelhand­elsketten wie Rewe zu bestehen.

„Das Sterben von Gastronomi­ebetrieben und Dorfkneipe­n nimmt uns ein Stück Bürgerkult­ur“, sagte Tourismusm­inister Wolf. „Menschen werden zu Hause einsam, wenn sie nicht in der Kneipe Gemeinscha­ft erleben können.“Einer Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2012 zufolge waren seinerzeit bereits etwa 60 der rund 600 Südwest-Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern ohne Gastronomi­e.

Der Dehoga Landesverb­and vertritt die Interessen von rund 31 000 Betrieben aus der Branche. Diese erwirtscha­fteten nach Zahlen von 2015 einen Umsatz von etwa elf Milliarden Euro.

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FOTO: OH Fritz Engelhardt

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