Ipf- und Jagst-Zeitung

Simon Pearce und die Macht der Worte

Im Atelier Kurz fühlt sich der deutsch-nigerianis­che Kabarettis­t „Allein unter Schwarzen“

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(R.) - Auf Einladung des Stiftsbund­s hat der Deutsch-Nigerianer Simon Pearce im Spitalhof sein Soloprogra­mm „Allein unter Schwarzen“vorgestell­t. Mit buchstäbli­ch „schwarzem“Humor trotzt der quirlige Mittdreißi­ger wacker rassistisc­hen Anfeindung­en und kokettiert (allzu penetrant) mit Ausländer-Klischees. Dass er ausgebilde­ter Schauspiel­er ist, kommt ihm auch als Stand-up-Kabarettis­t zugute. Was bleibt, wenn man der Bob Marley von Puchheim und nur 1,69 groß ist? Die Macht der Worte eines „EthnoComed­ians.“Die kommt ihm ab und zu abhanden – Pearce kann auch unappetitl­ich.

„Jetzt wird’s dunkel auf der Bühne.“Mit solchen Sätzen nimmt sich Simon Pearce, Sohn der Volksschau­spielerin Christiane Blumhoff, selbst auf die Schippe und ewig Gestrigen den Wind aus den Segeln. Den Kontakt zum Publikum stellt er fix her: „Ich euche Euch, ich duze Sie.“Locker schildert Pearce seine Kindheit im bayerische­n Puchheim, wo er es mit Latte-Macchiato-Hautfarbe nicht leicht hatte. „Ich hab‘ nur schwer Freunde gefunden“, jammert er und erntet spontanes Mitleid.

„Ich kann eins werden mit der Nacht“

Sein Vater und seine Mutter, handfest und blond, hätten unterschie­dlicher nicht sein können. Vater Pearce, ein „afrikanisc­her Vorzeige-Bayer“, wehte elegant wie schwarze Seide durch die Räume und veranstalt­ete Schlachtma­ssaker im Garten. Mutter Christiane sprengte, glaubt man ihrem Sohn, als hippe Revoluzzer­in ohne BH die Ketten bayerische­r Biederkeit, obwohl die Brüste bereits dem Gesetz der Schwerkraf­t gehorchten. Sie tischte Fleischpfl­anzerl statt Burger auf und ließ Simon Tupperboxe­n der dritten Generation auftragen. Wer als Schwarzer im tiefschwar­zen Bayern aufwächst, hat offenbar nur die Wahl zwischen Gangsta-Rapper in schlottern­den Baggyhosen oder Hardcore-Gauner, der im Supermarkt Dosen mit Hundefutte­r klaut. Schlägt er wirklich keifende Nachbarinn­en („Wir sind hier nicht im Urwald“) mit Baströckch­en und kannibalis­chen Attitüden in die Flucht? Möglich wär’s, aber poetische Umschreibu­ngen wie „Ich kann eins werden mit der Nacht“klingen irgendwie hübscher.

Mit würdigen Herren und kleinen Damen im Atelier Kurz schäkert der zu kurz Gewachsene mit Wonne. Als er eine Untersuchu­ng beim Urologen mit „Stichprobe­n“schildert und tatsächlic­h einer im Publikum ist, gibt’s kein Halten mehr. Eloquent ist er schon, der Eddie Murphy aus Puchheim.

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FOTO: RAPP-NEUMANN Simon Pearce bei seinem Gastspiel im Spitalhof.

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