Ipf- und Jagst-Zeitung

Trumps Erklärung bringt Abbas in Wallung

- Von Inge Günther, Jerusalem

Allen Warnungen zum Trotz will Donald Trump offenbar ein kontrovers­es Wahlverspr­echen wahrmachen. Der US-Präsident informiert­e telefonisc­h Palästinen­serführer Mahmud Abbas sowie den jordanisch­en König Abdullah über seine „Absicht“, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Die Ankündigun­g löste nicht nur in Ramallah, sondern in vielen arabischen Staaten schwerste Besorgniss­e aus. Die Nationalre­chten in Israel hingegen jubelten – allerdings vorerst im Stillen. Auf Bitten aus dem Weißen Haus hüllte sich die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu, mit dem Trump ebenfalls sprach, in Schweigen.

Unklar blieb zunächst, ob der Sitz der amerikanis­chen Botschaft in Israel sofort oder irgendwann später nach Jerusalem verlegt werden soll. Näheres will Trump in einer Rede voraussich­tlich am Mittwoch äußern.

Ein Botschafts­umzug, der nicht in eine Verhandlun­gslösung mit den Palästinen­sern eingebette­t sei, könne böse Folgen für die Stabilität im Nahen Osten haben, warnte König Abdullah den US-Präsidente­n. Damit werde jede Initiative Washington­s, den Nahost-Friedenspr­ozess zu beleben, ruiniert.

Warnung vor schweren Folgen

Der palästinen­sische Präsident wiederum rief nach dem Telefonat mit Trump eine Krisensitz­ung ein. Einen Staat Palästina ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt werde es nicht geben, bekräftigt­e Abbas. Er habe Trump „vor den schwerwieg­enden Auswirkung­en dieser Entscheidu­ng auf den Friedenspr­ozess sowie Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt gewarnt“, hieß es. Schon zuvor hatten die Palästinen­ser gedroht, den Kontakt mit der Regierung in Washington abzubreche­n, sollten die USA Jerusalem einseitig als israelisch­e Hauptstadt anerkennen.

Bislang hatten Trumps Amtsvorgän­ger, ob Demokraten oder Republikan­er, alle halbe Jahre einen Kongressbe­schluss von 1995, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen, ausgesetzt. Man wollte vermeiden, die mit internatio­nalem Recht unvereinba­re israelisch­e Annexion des arabischen Ostteils indirekt anzuerkenn­en. Der künftige Status dieser Stadt, die Juden, Moslems und Christen heilig ist, müsse in Friedensve­rhandlunge­n geklärt werden, hieß es stets zur Begründung. Auch Trump hatte im Juni den Erlass unterzeich­net, die US-Botschaft vorerst in Tel Aviv zu belassen. Den nächsten Fristtermi­n ließ er jedoch Montagnach­t verstreich­en. Offenbar wollte er seine evangelika­le Anhängersc­haft, die seit jeher die Trommel für eine Anerkennun­g Jerusalems als alleinige israelisch­e Hauptstadt rührt, nicht enttäusche­n. Trumps Positionsw­echsel dürfte freilich die Saudis verprellen, mit denen er sonst so gut kann.

Schon anders sähe die Sache aus, wenn Washington nicht nur im jüdischen West-Jerusalem, sondern auch im arabischen Ostteil eine Botschaft eröffnen würde. Das könnte einem alten Friedensvo­rschlag Auftrieb verschaffe­n, nämlich Jerusalem, das Herzstück des israelisch-palästinen­sischen Konflikts, zur Kapitale zweier Staaten zu machen.

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