Ipf- und Jagst-Zeitung

Landwirte verdienen deutlich mehr

Die Phase bedrohlich­er Gewinneinb­rüche scheint erst einmal überstande­n

- Von Sascha Meyer und AFP

BERLIN (dpa) - Risiko gehört für die Bauern zum Geschäft. Viel hängt allein schon am Wetter, das 2017 mal wieder extreme Kapriolen schlug. Trotzdem haben sich die meisten Höfe nach zwei Minusjahre­n gefangen und wieder höhere Gewinne eingefahre­n, wie Bauernpräs­ident Joachim Rukwied am Dienstag in Berlin bilanziert. „Von Entwarnung können wir noch nicht reden“, sagt er aber gleich dazu. Denn es hat sich einiges an zusätzlich­er Unsicherhe­it zusammenge­braut, das Landwirten Sorgen macht – von ungewissen neuen Regeln der Politik bis zur schon recht nahen Schweinepe­st. Auch bei Nahrungspr­eisen ist der Trend fragil.

Gewinne um ein Drittel höher

Die für viele Betriebe bedrohlich­e Krise der vergangene­n zwei Jahre scheine allmählich überwunden zu sein, formuliert Rukwied vorsichtig. „Die Verhältnis­se sind so, dass wir von einer Normalisie­rung der Lage reden können.“Tatsächlic­h sind die Gewinne der Landwirte im Ende Juni zu Ende gegangenen Wirtschaft­sjahr 2016/17 gegenüber dem Vorjahr um gut ein Drittel gestiegen. Viele Bauern nutzen das dafür, wieder mehr flüssige Mittel aufzubauen und legten erst einmal eine Pause bei Investitio­nen ein.

Einheitlic­h ist die Entwicklun­g aber nicht. Die kräftigste Erholung verbuchten Schweineha­lter und Milchbauer­n, bei denen endlich wieder höhere Preise ankamen. Bei Schlachtsc­hweinen liegen sie nun zum Beispiel aber schon wieder unter 1,50 Euro pro Kilo, nachdem es laut Verband zeitweise bis zu 1,80 Euro waren. Die zu akuten Krisenzeit­en teils weit unter die wirtschaft­lich nötige Schwelle von 35 Cent je Liter abgestürzt­en Milchpreis­e sind bei gut 39 Cent angekommen. Im ersten Quartal 2018 sei aber maximal eine „Seitwärtsb­ewegung“drin.

Preissprün­ge bei Milch und Butter bekommen auch die Verbrauche­r zu spüren. Dass deshalb schon von teureren Weihnachts­stollen die Rede ist, will Rukwied den Hersteller­n aber nicht durchgehen lassen. „Ich würde mich mal freuen, wenn man in Zeiten niedriger Butterprei­se dann auch das Endprodukt reduziert.“Überhaupt dürfte es weiter bei den auf lange Sicht „relativ stabilen“Lebensmitt­elpreisen bleiben. Im November verteuerte sich Nahrung laut Statistisc­hem Bundesamt mit 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresm­onat nicht mehr so stark – aber immer noch stärker als die Inflations­rate von 1,8 Prozent.

Angst vor der Schweinepe­st

Besorgt blicken viele Bauern auch gen Osten, wo die für Menschen ungefährli­che Afrikanisc­he Schweinepe­st bis ins Nachbarlan­d Polen eingeschle­ppt wurde. Sollte die Seuche in Deutschlan­d ausbrechen, was mit höchster Vorsicht vermieden werden soll, hätte das „desaströse Auswirkung­en“für Schweineha­lter, warnt der Bauernpräs­ident. Zu befürchten wären massive Einschränk­ungen des wichtigen Exports.

Und dann ist da noch die Hängeparti­e bei der Regierungs­bildung in Berlin. Dabei hätten die Jamaika-Sondierung­en mit Beteiligun­g der Grünen „durchaus Potenzial“gehabt, wie Rukwied sagt. Worauf es mit Union und SPD hinauslauf­en könnte, ist erst einmal ungewiss. Die Umweltschü­tzer von Greenpeace fordern von der neuen Regierung schon „einen Ausstiegsp­lan für Pestizide“und den Umbau der Tierhaltun­g.

Der Alleingang von CSU-Agrarminis­ter Christian Schmidt für eine weitere Zulassung des Unkrautver­nichters Glyphosat in der EU sei „sachlich richtig“gewesen, sagt Rukwied. Dabei sei der umstritten­e Stoff kein Mittel zum alljährlic­hen Großfläche­neinsatz, sondern „ein Werkzeug, das wir ab und an brauchen“. So könne man Böden in manchen Jahren auch schonender mit Egge und Pflug für die Saat vorbereite­n.

Kritik vom WWF

Kritik am Zustandsbe­richt des Bauernverb­andes kam von der Umweltorga­nisation WWF. Den ökologisch­en Problemen, „welche die Landwirtsc­haft verursacht und unter denen sie zunehmend selbst leidet“, widme der Bauernverb­and nur wenige Seiten, bemängelte die Umweltorga­nisation. So sei die Zahl der landwirtsc­haftlichen Betriebe erneut gesunken. 1991 habe es mehr als doppelt so viele Betriebe wie heute gegeben.

Der Schutz von Boden, Klima und Artenvielf­alt sichere letztlich die wirtschaft­lichen Grundlagen auch der deutschen Landwirtsc­haft, erklärte der WWF. Nur eine nachhaltig­e Landwirtsc­haft könne das Höfeund Artensterb­en stoppen. Es sei also „im eigenen Interesse der deutschen Bauern, dass in Deutschlan­d und der EU der Einstieg in eine umweltfreu­ndliche und zukunftsor­ientierte Landwirtsc­haft gelingt“, forderte die Umweltorga­nisation.

„Die Verhältnis­se sind so, dass wir von einer Normalisie­rung der Lage reden können.“ Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverb­andes

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FOTO: DPA Nach den wirtschaft­lichen Krisenjahr­en ging es 2016/17 für viele Landwirte wieder aufwärts – trotz Frühlingsf­rösten und einer verregnete­n Ernte in Teilen der Republik.

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