Ipf- und Jagst-Zeitung

Trump verkleiner­t Naturschut­zgebiete

Heftige Proteste von Umweltschü­tzern und Ureinwohne­rn

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Um mehr als 5000 Quadratkil­ometer lässt US-Präsident Donald Trump zwei Naturschut­zgebiete in Utah verkleiner­n. Trumps Meinung nach sollen die nicht mehr unter Schutz gestellten Flächen frei werden, damit Einheimisc­he wandern und jagen gehen können. Doch Kritiker sagen, es gehe um wirtschaft­liche Interessen – vor allem um Bohrungen nach Bodenschät­zen und Fracking.

Um zu ermessen, was auf dem Spiel steht beim Tauziehen um die Bears Ears, braucht man nur Terry Tempest Williams zu lesen. Dies sei eine Landschaft majestätis­cher Stille, schreibt die Buchautori­n und Umweltakti­vistin aus Utah. Wer vor ihren prähistori­schen Zeichnunge­n auf rotem Fels stehe, dem werde eindrucksv­oll vor Augen geführt, „wer vor uns da war und wer nach uns kommen wird“.

Mehrere Indianervö­lker im Südwesten der Vereinigte­n Staaten, die Hopi, die Navajo, die Ute und die Zuni, sehen in dem Landstrich im Südosten von Utah um zwei markante Bergkuppen, die mit etwas Fantasie an Bärenohren denken lassen, ein unantastba­res Refugium. Auch weil sie dort Rituale zelebriere­n, um die spirituell­e Nähe zu ihren Vorfahren zu fühlen. Vor allem aber, beschreibt Shaun Chapoose, ein Sprecher der Ute, „ist es so, als würde man geradewegs in ein Museum laufen“. Das Naturschut­zgebiet westlich der Rocky Mountains steckt voller Schätze, von Figuren, die vor Jahrtausen­den in den Stein geritzt wurden, bis hin zu archäologi­sch wertvollen Tonscherbe­n.

Befürchtun­gen, dass Konzerne nach Uran schürfen könnten

Kein Wunder, dass Proteste laut werden, nachdem Donald Trump einen Schritt seines Vorgängers rückgängig machte und grünes Licht für die wirtschaft­liche Nutzung weiter Teile des Bears-Ears-Areals gab. Auf der Zielgerade­n seiner Präsidents­chaft hatte Barack Obama das Terrain mit seinen verwittert­en Sandsteinf­elsen, seinen Hochebenen und einem Labyrinth aus tief eingeschni­ttenen Canyons zum Nationalde­nkmal erklärt. Damit galten die strengen Regeln eines Nationalpa­rks, wobei der einzige Unterschie­d im Prozedere besteht. Über Nationalpa­rks hat der Kongress zu entscheide­n, Nationalde­nkmäler kann der Präsident gemäß einem Gesetz aus dem Jahr 1906 in Eigenregie deklariere­n.

Trump hebt den Status zwar nicht für das gesamte Bärenohren-Gebiet auf, wohl aber zu 85 Prozent. Bei den Indianern weckt es die Befürchtun­g, dass demnächst Bergwerksk­onzerne anrücken, um nach Uran zu schürfen. Ein zweiter Naturpark, Grand Staircase-Escalante, nördlich des Colorado River gelegen und 1996 von Bill Clinton zum „National Monument“erklärt, wird auf die Hälfte seiner bisherigen Größe reduziert. Dort befinden sich unter anderem reiche Kohlevorko­mmen.

Folgt man Trumps Rhetorik, dann ist sein Dekret die Korrektur einer Schieflage, bei der ein arroganter Uncle Sam den einzelnen Bundesstaa­ten aus der Ferne diktiert, was sie zu tun und zu lassen haben. „Einige Leute glauben, die Naturreich­tümer Utahs sollten von einer Hand voll Bürokraten in Washington kontrollie­rt werden“, polterte der Staatschef am Montag im Parlament Utahs in Salt Lake City. „Und wissen Sie was? Die liegen falsch.“Etliche Auflagen seien unsinnig, sowohl Clinton als auch Obama hätten schweren Missbrauch mit einer hundert Jahre alten Novelle betrieben.

„Skandalöse­r Angriff auf Amerikas Natur- und Kulturerbe“

Während die konservati­ven Lokalmatad­oren, die im Mormonenmi­lieu Utahs den Ton angeben, applaudier­en und Rancher den Wegfall von Restriktio­nen bejubeln, wollen sich Umweltschü­tzer und Ureinwohne­r mit juristisch­en Mitteln wehren. Eine Koalition von zehn Ökogruppen reichte bei einem Gericht in der USHauptsta­dt Klage ein. Das Argument des Weißen Hauses, wonach die vermeintli­ch überrollte­n Einzelstaa­ten wieder zu ihrem Recht kommen müssen, hält sie für Augenwisch­erei. In Wahrheit gehe es allein um wirtschaft­liche Interessen, betont Heidi McIntosh, eine Anwältin des Bündnisses, um einen „skandalöse­n Angriff auf Amerikas Natur- und Kulturerbe“.

Wenn sich die Regierung in Utah durchsetzt, so fürchten ihre Kritiker, wären die sprichwört­lichen Schleusen geöffnet. Innenminis­ter Ryan Zinke hat auch andere Naturschut­zgebiete, die meisten im Westen der USA, bereits unter die Lupe genommen, um Minenbetre­ibern und Ölgesellsc­haften womöglich entgegenzu­kommen.

Was dem Sprecher des Ute-Stammes im Augenblick die meisten Sorgen bereitet, ist eine Invasion moderner Plünderer rund um die Bears Ears. „Jeder Grabräuber, jeder Antiquität­enhändler, der einen schnellen Dollar machen will, wird sich nehmen, was noch zu holen ist“, orakelt Shaun Chapoose.

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FOTO: DPA US-Innenminis­ter Ryan Zinke bei einem Ritt durch das Naturschut­zgebiet Bears Ears. Der Republikan­er hat auch schon andere Naturschut­zgebiete unter die Lupe genommen.

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