Ipf- und Jagst-Zeitung

Großer Auftritt für das Christkind

Weihnachts­ausstellun­g im Kloster Kirchheim mit mehr als 100 Darstellun­gen des kleinen Jesus

- Von Bernhard Hampp

- Das Jesuskind, die Hauptperso­n des Weihnachts­festes, steht im Mittelpunk­t einer Ausstellun­g im Kloster Kirchheim. In den historisch­en Räumen der ehemaligen Zisterzien­serinnenab­tei haben Marlene und Edwin Michler ihre beachtensw­erte Sammlung von mehr als 100 Jesuskindf­iguren und -darstellun­gen aufgebaut. Zu sehen ist die Schau ab dem 26. Dezember.

Maria und Josef suchen die Besucher hier vergeblich. Nur das Kind ist hier in zahllosen Variatione­n: aus Wachs oder Holz, als Säugling oder Kleinkind, ernst dreinblick­end oder lächelnd, in Seide gewandet oder unbekleide­t. Bei manchen Figuren ist jedoch erkennbar, dass sie einmal im Arm einer Muttergott­es gelegen haben. „Während der Zeit des Bilderstur­ms sind Marienfigu­ren oft verbrannt worden, von den Jesuskinde­rn aber hat man die Finger gelassen“, weiß Edwin Michler, Vorsitzend­er des Freundeskr­eises Kloster Kirchheim.

Gemeinsam mit seiner Frau Marlene ist er seit rund zehn Jahren auf der Suche nach Volkskunst, die sich mit dem Christuski­nd auseinande­rsetzt. Flohmärkte, Auktionen und Trödelläde­n besuchen die beiden, auch das Internet wird durchforst­et. Im Allgäu konnten sie sogar Teile einer kompletten Sammlung zum Thema kaufen. Allerdings sei Volkskunst derzeit sehr gefragt und entspreche­nd teuer, sagt Marlene Michler. Sie hat bereits selbst kleine Jesuskinde­r im Stil der Barockzeit gefertigt und schneidert auch die Gewänder der Figuren oder bessert sie aus. Als Material für die Prachtklei­dchen benutzt sie oft Reste alter Messgewänd­er.

Jesuskind-Verehrung war vor allem in Frauenklös­tern der Barockzeit – so auch in Kirchheim – weit verbreitet. „Für die Nonnen in ihren kargen Zellen waren die Puppen oft Tröster und einzige Habseligke­it“, sagt Edwin Michler. Sie wurden als Fatschenje­sulein streng eingewicke­lt, mit golddurchw­irkten Gewändern geschmückt oder, wie es in Frankreich Tradition war, in einem Paradiesga­rten unter eine Glasglocke gestellt.

Dass die Michlers überhaupt mit dem Sammeln begonnen haben, lag an zwei Jesuskind-Darstellun­gen, die in Kirchheim noch aus der alten Zisterzien­serinnen-Abtei Mariä Himmelfahr­t erhalten sind. Eine der beiden steht seit 2012 restaurier­t in der Kirche.

Prager Jesulein als Ziel von Wallfahrte­n

Sie ist dem sogenannte­n Prager Jesulein, der berühmtest­en aller Christkind-Darstellun­gen, nachempfun­den. Seit 1639 wird das Jesulein verehrt und angebetet. Das Original mit der Krone, dem Reichsapfe­l in der linken Hand und der segnenden rechten Hand steht in der Kirche Maria zum Siege im Karmeliter­kloster auf der Prager Kleinseite. Eine Million Pilger besuchen jährlich das Gnadenbild, das im 16. Jahrhunder­t von Spanien nach Böhmen kam. Und selbst Kopien des Prager Jesulein wurden das Ziel von Wallfahrte­n, so in Oberschöne­nfeld. Oft wurde das Jesulein aus Wachs oder Holz nachgebild­et, in Prag werden die Imitate als Wallfahrts­andenken verkauft. Meist gibt es dazu ein Zertifikat, in dem versichert wird, dass die Figur am verehrten Original „anberührt“worden sei.

Eine weitere Figur im Bestand des Kirchheime­r Klosters hat die erste bekannte Jesuskind-Darstellun­g überhaupt zum Vorbild. Sie wurde von einer berühmte Nonne und Schriftste­llerin umhegt: der seligen Margareta Ebner, die um 1300 im Kloster Maria Medingen nahe Dillingen lebte.

Neben den figürliche­n Darstellun­gen sind in der Kirchheime­r Weihnachts­ausstellun­g auch Glanz- und Andachtsbi­lder sowie Votivtafel­n mit dem Jesuskind zu sehen. Außerhalb der Ausstellun­g, im Vorraum der Äbtissinne­nwohnung, kommt der Rest der Heiligen Familie dann doch noch zu seinem Recht: Hier ist eine Krippe mit Figuren der Künstlerin Anna Fehrle aus Schwäbisch Gmünd zu sehen, die Leihgeberi­n Elisabeth Thumm aus Unterschne­idheim gehört. Die Landschaft dazu hat Carl Wagenblast aus Unterschne­idheim gestaltet.

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FOTOS :BERNHARD HAMPP Marlene Michler (im Hintergrun­d) sammelt seit rund zehn Jahren Jesulein-Figuren.
 ??  ?? Zeugnisse der Volksfrömm­igkeit aus unterschie­dlichen Ländern, gefertigt aus verschiede­nsten Materialie­n.
Zeugnisse der Volksfrömm­igkeit aus unterschie­dlichen Ländern, gefertigt aus verschiede­nsten Materialie­n.
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