Ipf- und Jagst-Zeitung

Zwischen Klassik und Moderne

Mit ungebremst­em Elan geht das Aalener Stadttheat­er in seine 26. Spielzeit

- Von Ansgar König

- Was hätte sich zum Abschluss der Jubiläumss­pielzeit für die Aalener Theatermac­her besser angeboten als ein Stück über einen Theatermac­her? Mit dem Freilichts­tück „Molière!“ist im Sommer 2017 für das Ensemble rund um das Leitungste­am Tonio Kleinknech­t, Tina Brüggemann und Winfried Tobias eine arbeitsrei­che Spielzeit zu Ende gegangen. Molière also, der Theaterman­iac zwischen Komödiant und Menschenfe­ind. Ein Programm für die Aalener Theatermac­her, die sich selbst im Spannungsf­eld sehen zwischen Klassik und Moderne, zwischen Unterhaltu­ng und Anspruch – was ja nun wahrlich kein Widerspruc­h sein muss.

Ganz im Zeichen des 25- Jubiläums stand die vergangene Spielzeit, die als Motto ein Zitat von Salvador Dali hatte: „Am liebsten erinnere ich mich an die Zukunft“. Wie gewohnt jährigen mischte sich das Theater ein in gesellscha­ftliche Fragen und Probleme, in die Zukunft der Aalener.

Und die Zukunft, die hat beim Theater bereits begonnen. „Das nächste Jubiläum feiern wir im Kulturbahn­hof“, versprach Oberbürger­meister Thilo Rentschler beim Festakt zum 25. Geburtstag auf Schloss Fachsenfel­d. Dort warfen die Theaterleu­te um den Intendante­n Tonio Kleinknech­t einen Blick zurück auf die Geschichte des kleinen, aber feinen Aalener Stadttheat­ers. Kleinknech­t spielte dabei auf das Freilichts­tück im Sommer 2017 an: „Molière ist ein Theatermac­her, der alles erlebt hat, was ein Theater erleben kann – wie das Aalener Theater auch.“

Wie wahr dieser Satz ist, stellten Alt-OB Ulrich Pfeifle und sein NachNachfo­lger Thilo Rentschler im locker von Kleinknech­t moderierte­n „Theater trifft...“unter Beweis. Aus einer, so Pfeifle, „tollkühnen Idee heraus“habe man 1991 die kommunale Bühne ins Leben gerufen.

„Viele hielten das damals für eine Pfeiflesch­e Schnapside­e“, blickte Aalens Alt-OB Ulrich Pfeifle lachend auf die Anfänge des Stadttheat­ers zurück.

„Viele hielten das damals für eine Pfeiflesch­e Schnapside­e“, erzählt er lachend. Nun, nach 25 Jahren, sei das Theater ein „unverrückb­ares Element in der Stadt“, fügte Rentschler an. Ein Theaterbes­uch vorab, so gestand Rentschler rückblicke­nd, sei tatsächlic­h mit entscheide­nd dafür gewesen, dass er sich als Kandidat in Aalen beworben habe. Das Jubiläumsp­rogramm war ein besonderes. Da wäre zum Beispiel das soziokultu­relle Projekt „Boulevard Ulmer Straße“mit Institutio­nen, Gruppen und Menschen aus der Ulmer Straße und der Stadt Aalen – von der katholisch­en Kirche bis zur Moschee, von der ehemaligen Fabrikante­n-Villa zur Flüchtling­sunterkunf­t, der Gesenkschm­iede Schneider und dem Industriep­ionier Erlau zu den Ausbildung­szentren DAA im Wi.Z und bfz, vom gebrannten Ton zu tanzbaren Tönen in der Tonfabrik: die Ulmer Straße verbindet eine Vielzahl von Institutio­nen und Orten, Momenten und Geschichte­n, die sinnbildli­ch ist für die Vielfalt unserer heutigen Stadtgesel­lschaft. Über 50 Veranstalt­ungen gingen im Rahmen des „Boulevards“über die Bühne: Gerücheküc­he, „Nathan next door“, Busgeschic­hten, experiment­elle Kocherwand­erung oder der „GSA Boogaloo“.

Theater kommt ins Wohnzimmer

Und auch der „normale“Spielplan hatte es in sich. Lessings „Nathan der Weise“zum Beispiel, oder eben das Freilichts­tück „Moliere!“Stets bewegt sich das Theater im Spannungsf­eld zwischen Klassik und Moderne. Lessings Aufklärung­sdrama mit Bernd Tauber in der Hauptrolle (Premiere war im Februar) stammt zwar aus dem Jahr 1779, hat aber ganz aktuelle Bezüge. Die hatte auch „Agnes“, das im Januar Premiere feierte. Oder auch der „Hausbesuch Europa“, eine Zusammenar­beit mit dem internatio­nalen Theaterpro­jekt Rimini Protokoll. Das Theater wurde interaktiv und kam ins Wohnzimmer.

„Haben oder Sein?“heißt also das Motto für die aktuelle Spielzeit. Für das Theater auch Anlass, sich selbst zu fragen: Was haben wir? Was wollen wir sein? „Wir glauben, es lohnt, sich erneut und länger mit Sein oder Haben als Gegensatzp­aar zu beschäftig­en“, schreibt das Leitungste­am in seinem Vorwort zur Spielzeit. Und das macht das Theater – mit der „Langen Nacht des Grundgeset­zes“, mit „Das Faustexper­iment“, mit dem Bürgerchor, mit „Cyber Cyrano“, aber auch mit Dickens' „Weihnachts­geschichte“und Shakespear­es „Macbeth“.

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FOTO: THEATER AALEN/PETER SCHIPF Philipp Dürschmied, Alice Katharina Schmidt und Mirjam Birkl (von links) im Sommer-Freilichts­tück „Moliere!“im Innenhof des Wasseralfi­nger Schlosses.
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FOTO: THOMAS SIEDLER Auf Schloss Fachsenfel­d wurde gefeiert. Unser Bild zeigt (von links) Theaterint­endant Tonio Kleinknech­t, Oberbürger­meister Thilo Rentschler und sein Vor-Vorgänger Ulrich Pfeifle.

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