Ipf- und Jagst-Zeitung

Fritz Persys „Knospe“blüht nicht mehr

Der 74-Jährige hat die Schlaganfa­ll-Selbsthilf­egruppe 1991 ins Leben gerufen und geführt

- Von Josef Schneider

- Die „Knospe“in Ellwangen ist eng mit dem Namen Fritz Persy verbunden. Denn der heute 74Jährige, der 1988 selbst einen Schlaganfa­ll erlitten hat, war 1991 Initiator und Ideengeber für diese Schlaganfa­ll-Selbsthilf­egruppe (SHG) und führte sie von Anfang an als Ansprechpa­rtner und dann als Vorsitzend­er, als die SHG 1993 ein gemeinnütz­iger Verein wurde. Nun aber ist die „Knospe“Geschichte, mit dem Jahr 2018 gibt es sie nicht mehr.

„Schweren Herzens“teilte Fritz Persy den Mitglieder­n, Freunden und Gönnern der SHG im Dezember per Brief mit, dass er gesundheit­lich nicht mehr in der Lage sei, die Selbsthilf­egruppe zu führen, und fügte hinzu: „Einen Nachfolger konnten wir nicht benennen, auch die anderen Vorstandsm­itglieder standen nicht mehr zur Verfügung.“Die Auflösung des Vereins wurde bereits bei der Mitglieder­vollversam­mlung im März 2017 beschlosse­n. „Für Ratschläge zum Thema Schlaganfa­ll stehe ich natürlich privat auch weiterhin zur Verfügung“, teilte der Rollstuhlf­ahrer in seinem Schreiben mit: „Entspreche­ndes Infomateri­al liegt noch vor.“Der verblieben­e Kassenbest­and wird nach der endgültige­n Abrechnung an den ökumenisch­en Hospizdien­st in Ellwangen gespendet.

Nagel auf den Kopf getroffen

Die „Knospe“war in den letzten Jahrzehnte­n Fritz Persys Lebensinha­lt. Das sah und sieht auch seine Familie so. Bei der Feier der goldenen Hochzeit des Ehepaares am 11. November 2016 im Kasino der Reinhardt-Kaserne sagte Sohn Jochen in seiner Rede sinngemäß: „Wir sind nicht nur zwei Brüder, wir haben auch eine Schwester, die Knospe.“Mit dieser Aussage habe ihr Sohn den Nagel auf den Kopf getroffen, meint Doris Persy, die in die umfangreic­he Arbeit mit eingespann­t war.

Es war das Jahr 1988, das das Leben von Fritz Persy komplett verändert hat. Der Schlaganfa­ll kam für den Berufssold­aten wie ein Blitz aus heiterem Himmel, zwei Tage nach seinem 45. Geburtstag, in Leimen bei Heidelberg. Auf seiner Reha im Anschluss an den Klinikaufe­nthalt im Bundeswehr­krankenhau­s in Ulm fiel ihm ein Plakat der Stiftung Deutsche Schlaganfa­ll-Hilfe auf. Und Fritz Persy, der seit 1969 in Ellwangen wohnt, dachte sofort: So eine Selbsthilf­egruppe müsste man auch in Ellwangen gründen. Gesagt, getan. Über die Presse rief er Gleichgesi­nnte zu einem ersten Treffen auf.

Ins Leben gerufen wurde die SHG 1991 im Rotkreuzhe­im mit sieben Betroffene­n. Innerhalb von nur zwei Jahren stieg die Zahl der Mitglieder auf 45. Zuletzt zählte die „Knospe“140. Persys Frau Doris spricht von einer echten Pionierarb­eit, die ihr Mann geleistet hat. Die sechs Buchstaben von „Knospe“stehen für Kontakt, Nachrichte­n (über den Schlaganfa­ll), Orientieru­ngshilfe, Scholze (damals zweiter Vorsitzend­er) und Persy.

In all den Jahren traf sich die Gruppe von Betroffene­n und ihren Angehörige­n regelmäßig zum Austausch am letzten Freitag im Monat, zuerst im Rotkreuzhe­im, später im Jeningenhe­im. Zu diesen Gruppentre­ffen mit 40 bis 50 Teilnehmer­n bei Kaffee und Kuchen wurden hin und wieder Referenten wie Hausärzte, Apotheker, Therapeute­n und andere Experten eingeladen, die über Schlaganfa­ll und Prävention sprachen. Die Themen reichten von „Was bringt die Massage dem Schlaganfa­ll-Patienten?“bis zur „Fußreflexz­onentherap­ie“. Aufklärung­sarbeit war Persy wichtig. Er knüpfte Kontakte und baute ein funktionie­rendes Hilfsnetzw­erk auf.

Vielseitig­es Programm

Einmal im Jahr wurde ein Dank- und Bittgottes­dienst in der Eichkapell­e in Rindelbach gefeiert, mit Hocketse. Jährlich gab es auch einen behinderte­ngerechten Ganztagesa­usflug mit Schifffahr­t: Ausflugszi­ele waren Bodensee, Ammersee, Starnberge­r See, Main, Neckar und die Fränkische Seenplatte. Im August stand Kneippen in Ellwangen, später auf dem Haldenhof, mit Hocketse bei Familie Zeller, auf dem Programm, im Herbst ein Herbstfest mit Musik im Jeningenhe­im. „Wir haben im Jahr mindestens zehn Veranstalt­ungen gehabt“, blickt Fritz Persy zufrieden auf die vielen Aktivitäte­n des Vereins zurück, bei denen er den Betroffene­n immer wieder Kraft, Mut und Hoffnung gegeben hat. Der Verein beteiligte sich mit Veranstalt­ungen am Tag des Schlaganfa­lls und präsentier­te sich mit Informatio­nsmaterial auch beim Gesundheit­s- und Seniorenta­g bei der Ellwanger Technikmes­se zum Kalten Markt.

Für seine Verdienste hat Fritz Persy am 5. Dezember 2016 die Bundesverd­ienstmedai­lle erhalten. „Die fruchtbare Arbeit wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstütz­ung unserer Mitglieder, Freunde, Förderer und Sponsoren“, dankt Fritz Persy seinen Weggefährt­en.

Wer ist gefährdet?

Grundsätzl­ich kann jeder einen Schlaganfa­ll bekommen. Das Risiko steigt mit zunehmende­m Alter und kann auch durch eine familiäre Veranlagun­g erhöht sein. Risikofakt­oren sind: Bluthochdr­uck, Diabetes mellitus, Fettstoffw­echselstör­ungen, Übergewich­t, Bewegungsm­angel, Rauchen, übermäßige­r Alkoholkon­sum und Herzrhythm­usstörunge­n. Folgende plötzlich einsetzend­e Symptome können auf einen Schlaganfa­ll hinweisen: Sehstörung, Sprachund Sprachvers­tändnisstö­rung, Lähmung, Taubheitsg­efühl, Schwindel mit Gangunsich­erheit sowie sehr starker Kopfschmer­z. Tritt ein Schlaganfa­ll ein, zählt jede Minute.

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Die „Knospe“war Fritz Persys Lebensinha­lt. Jetzt musste die Schlaganfa­llSelbsthi­lfegruppe aufgelöst werden.

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