Orgeln im Ostalbkreis: Prachtvolles Weltkulturerbe
Bedeutende Beispiele der „Königin der Instrumente“aus evangelischen und katholischen Kirchen
- Seit kurzem ist die „Königin der Instrumente“, die Orgel, von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt worden. Orgeln haben nicht nur weltweit, sondern auch im Ostalbkreis einen hohen Stellenwert. Die „Aalener Nachrichten/Ipf- und Jagst-Zeitung“haben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – bedeutende Beispiele im Landkreis ausgewählt, um sie von ihrer Bauart, ihrer Geschichte und ihrer Besonderheit vorzustellen. Dazu haben wir mit evangelischen und katholischen Orgelexporten gesprochen.
„Die interessantesten historischen Orgeln stehen zwar in katholischen Kirchen des Ostalbkreises, in Neresheim und Abtsgmünd“, räumte der evangelische Bezirkskantor Thomas Haller ein. Dennoch wenden die evangelischen Gemeinden erhebliche Mittel auf, ihre Instrumente regelmäßig zu warten und instand zu halten, betonte Haller.
Das größte Instrument im evangelischen Kirchenbezirk
Das größte Instrument im evangelischen Kirchenbezirk, eine RenschOrgel aus dem Jahr 1974, wird von Reinhard Krämer, dem einzigen hauptamtlichen evangelischen Kirchenmusiker-Kollegen Hallers, an der Stadtkirche Ellwangen gespielt. Eine weitere dreimanualige Orgel steht in der Stadtkirche Aalen. Die ursprüngliche Orgel von Paul Prescher aus dem Jahr 1671 wird 1769 durch einen Neubau von Georg Friedrich Schmahl aus Ulm und 1886 durch eine Orgel von Gebrüder Link, Giengen, ersetzt. 1947 und 1959 erfolgten Umbauten nach Plänen von Bornefeld. Das heutige Instrument ist ein Neubau mit 41 Registern aus dem Jahr 2009 von Rieger.
Mit der Restaurierung der Allgeyer-Orgel von Sankt Johann in Aalen gelang 2014 eine großartige Leistung, die hauptsächlich dem Orgelrestaurator KristianWegscheider aus Dresden und Kirchenmusikdirektor Thomas Haller zu verdanken ist. Nach jahrelanger komplizierter Arbeit steht damit wieder eine von der aus Hofen beziehungsweise Wasseralfingen stammenden Familie Allgeyer im Jahr 1802 gebaute wunderbare Barockorgel zur Verfügung. Das Buch „Die Königin von Sankt Johann Aalen“stellt die spannende Geschichte der Restaurierung vor.
Diese Allgeyer-Orgel und zwei Kegelladeninstrumente in Kirchheim/Ries (Jakobikirche, Walcker 1902) und Benzenzimmern (Steinmeyer 1905), seien die einzigen vollständig erhaltenen historischen Orgeln im evangelischen Kirchenbezirk Aalen, informiert Haller über wenig bekannte Orgel-Schätze.
Ein Kuriosum sei in Schweindorf zu finden: Ein etwa 100 Jahre alter mechanischer Harmonisierungsapparat („Transponier-Harmonista“) kann auf die Klaviatur gelegt werden. 28 Druckknöpfe erzeugen verschiedene Akkorde für abenteuerliche Harmonisierungen.
Salvatorkirche: Albiez-Orgel mit genau 3333 Pfeifen
Auf seine Albiez-Orgel in der Aalener Salvatorkirche ist Konrad Bader berechtigterweise stolz. Sie verfügt über drei Manuale, 44 Register und 3333 Pfeifen. Horizontal angelegte sogenannte spanische Trompeten sorgen für faszinierenden Raumklang. Die mechanische Orgel, die Bader sowohl im liturgischen wie auch konzertanten Bereich und jetzt wieder bei der jüngsten Rundfunkaufnahme überzeugend zum Einsatz brachte, hatte seit ihrem Einbau im Jahr 1975 keine größeren Reparaturen nötig. „Sie klingt wie am ersten Tag“, freut sich Konrad Bader. Er spielt aber auch immer wieder auf der kleinen, aber feinen Truhenorgel in Peter und Paul, die seit Eröffnung der ökumenischen Kirche treu und brav ihren Dienst tut.
Die zweite große Orgel Aalens steht in Sankt Maria und muss wegen derzeitiger Sanierung des Gotteshauses wohl ein Jahr lang schweigen. Die Orgel von Schmid (Kaufbeuren) wurde 1980 eingebaut, besitzt drei Manuale und 33 Register. In Abtsgmünd ist noch auf die sehr beachtliche Orgel (Weigle 1885) in der Abtsgmünder Pfarrkirche Sankt Michael hinzuweisen.
Eine prächtige Orgel ziert die Basilika Sankt Vitus in Ellwangen. Regionalkantor Thomas Petersen informiert über die Geschichte des Instruments, das in seinen Vorläufern auf das Jahr 1530 zurückgeht. 1737 wird von dem schon genannten Wasseralfinger Orgelbaumeister Georg Allgeyer eine Barockorgel erstellt. 1776 wird mit Johann Anton Ehrlich aus Mergentheim ein großzügiger Umbau vorgenommen. Dieses Gehäuse bleibt in den folgenden Jahrhunderten. 1823 führt Michael Schultes aus Ellwangen eine Reparatur an der Orgel durch. 1960 erbaut die Firma Walcker aus Ludwigsburg eine neue Orgel mit 44 Registern. Sie wird 1964 in das alte Ehrlich-Gehäuse eingebaut.
Glanzvolles Finale im Orgelkonzert berühmter Instrumente im Ostalbkreis bildet ohne Zweifel die Holzhay-Orgel in der Klosterkirche Neresheim. Ihr langjähriger Organist, der aus Aalen stammende Pater Hugo Weihermüller, hat uns ihre Geschichte und ihre Besonderheiten geschildert. Das dreimanualige Instrument mit seinen 48 Registern und 3535 Pfeifen wurde in den Jahren 1792 bis 1797 von dem aus Ottobeuren stammenden Johann Nepomuk Holzhay erbaut. Er zählt zu den bedeutendsten Orgelbauern des süddeutschen Barocks. Bei der Restaurierung 1979 waren die von Weihermüller handgebauten Modelle aus Holz eine große Hilfe. Das Instrument erzeugt in dem großen Gotteshaus
„Sie klingt wie am ersten Tag.“ Organist Konrad Bader über die Albiez-Orgel in der Aalener Salvatorkirche.
mit seinen sieben Kuppeln eine gewaltige Raumwirkung mit einem Nachhall von neun Sekunden. Der Gesang der Mönche kann über die Chororgel von der Hauptorgel aus begleitet werden. Weil Pater Weihermüller zur Zeit krankheitshalber bei den Sankt-Anna-Schwestern in Ellwangen in Pflege ist, sorgt der Stuttgarter Kirchenmusiker Friedemann Keck für die Weiterführung der Neresheimer Orgel-Tradition.