Ipf- und Jagst-Zeitung

„Die Kürzung von Asylleistu­ngen wäre ein Förderprog­ramm für Kriminalit­ät“

-

- Mit Professor Christian Pfeiffer (Foto: dpa), dem ehemaligen Leiter des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen und CoAutor der Studie, sprach Andreas Herholz.

Mehr Gewaltkrim­inalität durch mehr Zuwanderer – lässt sich so das Ergebnis zusammenfa­ssen?

Wenn mehr als eine Million Menschen ins Land kommen, steigt natürlich auch die absolute Zahl der Gewalttate­n. Das Besondere dabei ist: Der Zuwachs an polizeilic­h registrier­ter Gewaltkrim­inalität in Niedersach­sen fällt mehr als doppelt so hoch aus wie vor dem Hintergrun­d der Zuwanderun­g zu erwarten gewesen wäre. Auffällig ist auch: Die Zahl der Strafanzei­gen gegen Flüchtling­e ist im Vergleich deutlich höher als die gegen Deutsche. Die Alters- und Geschlecht­sstruktur der Flüchtling­e unterschei­det sich deutlich von der der Deutschen.

Das heißt konkret?

Es sind sehr viele junge Männer zu uns gekommen. Der Anteil der 14- bis 30Jährigen der deutschen Bevölkerun­g liegt bei knapp neun Prozent, ist aber für die Hälfte aller Gewalttate­n hierzuland­e verantwort­lich. Von den zu uns gekommenen Flüchtling­en gehören 27 Prozent zu dieser jungen Altersgrup­pe. Das wirkt sich natürlich entspreche­nd aus. Es sind auch nur 20 Prozent Frauen gekommen. Da fehlen die Partnerinn­en, die Familie. Es herrscht eine ziemlich starke Machokultu­r. Kriegsflüc­htlinge etwa aus Syrien und Afghanista­n verhalten sich eher korrekt und vorsichtig. Anders ist das bei Flüchtling­en aus Nordafrika. Und wer von Anfang an erklärt bekommt, dass er nicht willkommen sei, wieder zurückkehr­en soll, reagiert frustriert und wütend. Die Enttäuschu­ng über eine teure gefährlich­e Flucht nach Deutschlan­d ist bei diesen Verlieren groß, deren Asylantrag abgelehnt wird. Daraus hat sich sehr viel Gewalt entwickelt.

Was muss geschehen?

Wir müssen etwas tun, damit sich abgelehnte Asylbewerb­er, die Verlierer dieses Prozesses, nicht zu einer echten Gefahr entwickeln. Da haben wir ein großes Problem. Im vergangene­n Jahr wurden die Asylanträg­e von 327 000 Menschen abgelehnt. 200 000 davon haben Klage eingereich­t und noch eine Frist. Das Rückführun­gsprogramm mit rund 21 000 Rückkehrer­n bei rund 1,2 Millionen Menschen, die zu uns gekommen sind, hat nicht viel gebracht. Oft weigern sich Herkunftsl­änder, ihre Landsleute wieder zurückzune­hmen. Warum machen wir nicht einen Deal? Wir leisten für sie kräftig Entwicklun­gshilfe, damit sie auch Aufnahmepr­ogramme für diese Rückkehrer entwickeln können. Bis zu ihrer Rückkehr müssen sie hierzuland­e eine Perspektiv­e wie Sprachkurs­e oder Praktika haben.

Die CSU fordert eine Kürzung von Asylleistu­ngen, um Fluchtanre­ize zu vermindern.

Die Kürzung von Asylleistu­ngen wäre ein Förderprog­ramm für Kriminalit­ät. Das wäre ein Fehler. Die Hilfen sind ohnehin knapp bemessen. Die Menschen, denen wir Chancen bieten, hier Asyl zu bekommen, sollten wir auch anständig behandeln. Daran sollten wir nichts ändern. Im Gegenteil: Der Familienna­chzug sollte ermöglicht werden. Auch wenn er mit hohen Kosten verbunden wäre. Das trägt auch dazu bei, dass die jungen Männer eine bessere Perspektiv­e haben und weniger gewalttäti­g werden. Wir sollten hier nicht sparen und kürzen, sondern investiere­n. Das zahlt sich am Ende aus.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany