Ipf- und Jagst-Zeitung

Hugh Jackman rockt die Manege

„Greatest Showman“: Musical, dem bei perfekter Musik das Herz abhanden kommt

- Von Christian Fahrenbach

Greatest Showman“erzählt die Geschichte eines ZirkusScha­ustellers aus dem 19. Jahrhunder­t als knalliges Musical. Hugh Jackman drückt dem Spektakel seinen Stempel auf.

Vor genau 61 Jahren ist in einer Fachzeitun­g für Psychologi­e das erste Mal der Begriff „Barnum-Effekt“gefallen: Er beschreibt, wie wir Menschen auch bei vagen Beschreibu­ngen oft glauben, es gehe exakt um uns. Horoskope oder Wahrsager nutzen dieses Phänomen mit Formulieru­ngen wie „Im Großen und Ganzen sind Sie selbstsich­er, manchmal zweifeln Sie jedoch an Ihren Fähigkeite­n.“Benannt ist der Effekt nach Phineas Taylor Barnum, einem Schaustell­er und Zirkusbetr­eiber aus den USA des 19. Jahrhunder­ts. Er rief damals als Ziel seiner Kuriosität­enkabinett­e mit bärtigen Frauen und siamesisch­en Zwillingen vor allem eins aus: „Ein bisschen was für jeden!“Über 200 Jahre nach Barnums Geburt 1810 strickt Hollywood aus seiner Geschichte ein knallbunte­s Musical-Spektakel.

Nur lose faktentreu erzählt „Greatest Showman“von den Höhen und Tiefen beim Aufbau des Unterhaltu­ngsimperiu­ms von P. T. Barnum: Aus einem ersten Museum mit seltsamen Ausstellun­gsstücken wie Guillotine­n und ausgestopf­ten Giraffen wird schnell ein erstes Ensemble mit allerlei verstoßene­n Charaktere­n wie Riesen und siamesisch­en Zwillingen. Es folgt eine US-Tour mit einer Klassik-Diva, die Barnum jenes Ansehen der Oberschich­t verschaffe­n soll, das er sich so verzweifel­t wünscht. Denn schließlic­h muss er seiner Frau aus gutem Hause gerecht werden.

Keine Frage, in diesem Film gibt es vieles, das der bisher als Werbefilme­r erfolgreic­he Regisseur Michael Gracey richtig gut gemacht hat. Da ist beispielsw­eise die Musik von Benj Pasek und Justin Paul, zwei Mittdreißi­gern, die für ihre „LaLaLand“-Nummern den Oscar gewonnen haben. Ihre Songs schnurren dahin und könnten in der Mehrzahl problemlos im Radio laufen.

Genau wie auch bei den Kostümen von Ellen Mirojnick setzen sie aber kaum auf historisch­e Genauigkei­t, sondern deuten Barnums Geschichte für die Jetzt-Zeit um: Da dröhnen die Beats und da schauen die engen Kleider und gefärbten Haare der Zirkusleut­e eher aus wie aus einer stylishen Vogue-Titelstrec­ke.

In der Titelrolle zeigt zudem Hugh Jackman mit kernigem Charme, gut vibrierend­em Gesang und ausgefeilt­em Tanz, warum es außer ihm in Hollywood keinen zweiten Superstar gibt, der einen solchen Film stemmen könnte. Er prägt zweifelsoh­ne das Werk. Aber auch Michelle Williams als seine Ehefrau überzeugt, ebenso Zac Efron als Geschäftsp­artner und Rebecca Ferguson als schwedisch­e Opernsänge­rin.

Liebloser Bombast

Doch am Ende muss „Greatest Showman“sich den Vorwurf gefallen lassen, ein etwas liebloser Bombast zu sein. Das Tempo in der ersten guten Stunde ist zwar rasant, doch dann kommt der Film mit einem unausgegor­enen Liebes-Subplot zwischen Efron und einer Trapezküns­tlerin beinahe komplett zum Halt. Das SetDesign wirkt mal nostalgisc­h-theatral, dann wieder computerge­neriert und kühl. Es hilft also, gleich zu Beginn das Gehirn ein wenig herunterzu­dimmen um sich mitnehmen zu lassen von diesem heimeligen ZirkusFilm, der so gerne „Moulin Rouge“und Charles Dickens kreuzen würde, aber letztlich doch zu wenig Herz und Selbstiron­ie besitzt. (dpa)

 ?? FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX ?? Phineas Taylor Barnum (Hugh Jackman, Mitte) baut sich zusammen mit seiner Kuriosität­en-Truppe ein Unterhaltu­ngsimperiu­m auf.
FOTO: TWENTIETH CENTURY FOX Phineas Taylor Barnum (Hugh Jackman, Mitte) baut sich zusammen mit seiner Kuriosität­en-Truppe ein Unterhaltu­ngsimperiu­m auf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany