Hugh Jackman rockt die Manege
„Greatest Showman“: Musical, dem bei perfekter Musik das Herz abhanden kommt
Greatest Showman“erzählt die Geschichte eines ZirkusSchaustellers aus dem 19. Jahrhundert als knalliges Musical. Hugh Jackman drückt dem Spektakel seinen Stempel auf.
Vor genau 61 Jahren ist in einer Fachzeitung für Psychologie das erste Mal der Begriff „Barnum-Effekt“gefallen: Er beschreibt, wie wir Menschen auch bei vagen Beschreibungen oft glauben, es gehe exakt um uns. Horoskope oder Wahrsager nutzen dieses Phänomen mit Formulierungen wie „Im Großen und Ganzen sind Sie selbstsicher, manchmal zweifeln Sie jedoch an Ihren Fähigkeiten.“Benannt ist der Effekt nach Phineas Taylor Barnum, einem Schausteller und Zirkusbetreiber aus den USA des 19. Jahrhunderts. Er rief damals als Ziel seiner Kuriositätenkabinette mit bärtigen Frauen und siamesischen Zwillingen vor allem eins aus: „Ein bisschen was für jeden!“Über 200 Jahre nach Barnums Geburt 1810 strickt Hollywood aus seiner Geschichte ein knallbuntes Musical-Spektakel.
Nur lose faktentreu erzählt „Greatest Showman“von den Höhen und Tiefen beim Aufbau des Unterhaltungsimperiums von P. T. Barnum: Aus einem ersten Museum mit seltsamen Ausstellungsstücken wie Guillotinen und ausgestopften Giraffen wird schnell ein erstes Ensemble mit allerlei verstoßenen Charakteren wie Riesen und siamesischen Zwillingen. Es folgt eine US-Tour mit einer Klassik-Diva, die Barnum jenes Ansehen der Oberschicht verschaffen soll, das er sich so verzweifelt wünscht. Denn schließlich muss er seiner Frau aus gutem Hause gerecht werden.
Keine Frage, in diesem Film gibt es vieles, das der bisher als Werbefilmer erfolgreiche Regisseur Michael Gracey richtig gut gemacht hat. Da ist beispielsweise die Musik von Benj Pasek und Justin Paul, zwei Mittdreißigern, die für ihre „LaLaLand“-Nummern den Oscar gewonnen haben. Ihre Songs schnurren dahin und könnten in der Mehrzahl problemlos im Radio laufen.
Genau wie auch bei den Kostümen von Ellen Mirojnick setzen sie aber kaum auf historische Genauigkeit, sondern deuten Barnums Geschichte für die Jetzt-Zeit um: Da dröhnen die Beats und da schauen die engen Kleider und gefärbten Haare der Zirkusleute eher aus wie aus einer stylishen Vogue-Titelstrecke.
In der Titelrolle zeigt zudem Hugh Jackman mit kernigem Charme, gut vibrierendem Gesang und ausgefeiltem Tanz, warum es außer ihm in Hollywood keinen zweiten Superstar gibt, der einen solchen Film stemmen könnte. Er prägt zweifelsohne das Werk. Aber auch Michelle Williams als seine Ehefrau überzeugt, ebenso Zac Efron als Geschäftspartner und Rebecca Ferguson als schwedische Opernsängerin.
Liebloser Bombast
Doch am Ende muss „Greatest Showman“sich den Vorwurf gefallen lassen, ein etwas liebloser Bombast zu sein. Das Tempo in der ersten guten Stunde ist zwar rasant, doch dann kommt der Film mit einem unausgegorenen Liebes-Subplot zwischen Efron und einer Trapezkünstlerin beinahe komplett zum Halt. Das SetDesign wirkt mal nostalgisch-theatral, dann wieder computergeneriert und kühl. Es hilft also, gleich zu Beginn das Gehirn ein wenig herunterzudimmen um sich mitnehmen zu lassen von diesem heimeligen ZirkusFilm, der so gerne „Moulin Rouge“und Charles Dickens kreuzen würde, aber letztlich doch zu wenig Herz und Selbstironie besitzt. (dpa)