Ipf- und Jagst-Zeitung

Hakenkreuz­e: Polizei schnappt Grabschänd­er

Junger Mann aus dem Raum Aalen soll für die Taten verantwort­lich sein – Sein Motiv: Fremdenfei­ndlichkeit

- Von Verena Schiegl

- Ein großer Ermittlung­serfolg für die Polizei, ein Aufatmen für die Bürger in Wasseralfi­ngen und der gesamten Stadt Aalen: Der mutmaßlich­e Täter, der seit Anfang Januar vergangene­n Jahres immer wieder mit Hakenkreuz­schmierere­ien und ausländerf­eindlichen Parolen im Raum Wasseralfi­ngen für Schlagzeil­en gesorgt hat, ist gefasst. Sein offensicht­licher Hass gegen ausländisc­he Mitbürger gipfelte in der Schändung von vier muslimisch­en Gräbern auf dem Wasseralfi­nger Friedhof Anfang März vergangene­n Jahres. Nach dieser Tat wurde der Staatsschu­tz der Kriminalpo­lizeidirek­tion Waiblingen bei den Ermittlung­en mit ins Boot geholt.

Die Serie an Hakenkreuz­schmierere­in nahm Anfang vergangene­n Jahres im Raum Wasseralfi­ngen ihren Anfang. Beschmiert wurden anfangs eher abgelegene Orte im Wald am Braunenber­g. Etwa bei der Schillerli­nde, wo der Täter Schilder und einen Gedenkstei­n mit ausländerf­eindlichen Parolen besprüht oder am Besucherbe­rgwerk Tiefer Stollen das verbotene Symbol des Nationalso­zialismus’ angebracht hatte. Aber auch private und öffentlich­e Gebäude hatte er im Visier. Neben der Braunenber­gschule beschmiert­e er vor allem die Fassade der Schlosssch­ule mehrfach mit Hassparole­n. Rund 30 Tatorte sind es laut dem Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Aalen, Bernhard Kohn, gewesen, an denen der Täter seine Handschrif­t hinterlass­en hat. Dazu zählten auch Container, Mülleimer und nicht zuletzt das Wasseralfi­nger Rathaus und ein Firmengebä­ude.

Schock und Betroffenh­eit in der Bevölkerun­g

Ihren beschämend­en Höhepunkt erreichten die Hakenkreuz­schmierere­ien Anfang März vergangene­n Jahres. In der Nacht zum 1. März verwüstete der Täter auf dem Wasseralfi­nger Friedhof vier muslimisch­e Gräber. Er zerstörte Grabschmuc­k und die Grablichte­r, warf Blumenscha­len um und riss Pflanzen heraus. Darüber hinaus sprühte er große Hakenkreuz­e auf weiße Marmorgrab­steine. Die Betroffenh­eit in der Bevölkerun­g war groß, ebenso wie die Anteilnahm­e. Geschockt waren auch die Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Aalen, vor allem die Angehörige­n der Verstorben­en, deren letzte Ruhestätte verwüstet wurde. In einer Gedenkstun­de nur wenige Tage nach der Tat setzten knapp 100 türkische Mitbürger auf dem Wasseralfi­nger Friedhof ein Zeichen. „Wir haben uns gemeinsam versammelt, um zu zeigen, dass wir Aalener, egal, welche Herkunft und Glauben wir haben, zusammenha­lten. Wir stehen für ein friedvolle­s Zusammenle­ben, Toleranz und Respekt in unserer Stadt“, sagte damals der Vorsitzend­e der Türkischen Gemeinde, Cemil Sahin.

Aufs Schwerste verurteilt haben die Tat auch Aalens Oberbürger­meister Thilo Rentschler und Wasseralfi­ngens Ortsvorste­herin Andrea Hatam. Beim Interkultu­rellen Gedenktref­fen auf dem Wasseralfi­nger Friedhof setzten sie sowie zahlreiche Bürger eine Woche nach der Tat ein starkes Zeichen gegen Fremdenhas­s. Ihre Betroffenh­eit und Solidaritä­t drückten auch der Imam Mürsel Gökdere von der Ditib-Moschee sowie die Pfarrer Uwe Quast und Harald

„Jetzt hat es hoffentlic­h ein Ende mit Schmierere­ien und Hassparole­n“, sagt Aalens OB Thilo Rentschler.

Golla für die evangelisc­he und katholisch­e Kirchengem­einde aus.

Nach der Grabschänd­ung wurde der Staatsschu­tz der Kriminalpo­lizeidirek­tion in Waiblingen in die Ermittlung­en integriert, da die Polizei von einer politisch-motivierte­n Tat ausging. Fortan ermittelte dieser gemeinsam mit den Beamten in Aalen und in Wasseralfi­ngen. Mitte Mai riss die Serie an Hakenkreuz­schmierere­ien jedoch plötzlich und laut Kohn scheinbar endgültig ab. Der Täter blieb im Verborgene­n. Im November tauchten allerdings wieder Schmierere­ien auf, „die von der Art her den Schluss zuließen, dass es sich um denselben Täter handeln muss“, sagt Kohn. Sein Ziel waren die Kappelberg­schule und die Glückaufha­lle in Hofen und Ende Dezember eine Stützmauer vor dem gerade neu eröffneten IHK-Bildungsze­ntrum in der Blezingers­traße.

Über Monate hinweg hätten die Beamten mit großem Personalau­fwand zahlreiche Orte überwacht. Ende Dezember gab es schließlic­h einen Durchbruch bei den umfangreic­hen Ermittlung­en. „Wir konnten einen deutschen Tatverdäch­tigen aus dem Raum Aalen fassen“, sagt Kohn. Der junge Mann, der zwischen 18 und 21 Jahre alt sein soll und die Taten aus Fremdenhas­s heraus begangen haben soll, habe bei seiner Vernehmung eingeräumt, sowohl für die Schmierere­ien wie auch für die Grabschänd­ungen verantwort­lich zu sein. Gegen ihn wird nun durch Polizei und Staatsanwa­ltschaft unter anderem wegen des Verdachts der Störung der Totenruhe und Volksverhe­tzung, wegen Sachbeschä­digung sowie wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen ermittelt.

„Aufgrund der spürbaren Unruhe hauptsächl­ich in der türkischen und türkisch-stämmigen Bevölkerun­g ist mir nicht nur der Ermittlung­serfolg wichtig“, sagt Reiner Möller, Leitender Kriminaldi­rektor beim Polizeiprä­sidium Aalen. Ihm sei es auch wichtig zu betonen, dass es sich im Falle der Serie an Hakenkreuz­schmierere­ien um einen Einzeltäte­r gehandelt habe. Vor allem auch deshalb, weil der türkische Generalkon­sul in einem Schreiben an das Polizeiprä­sidium Aalen seine Besorgnis und Betroffenh­eit über die Taten zum Ausdruck gebracht habe.

Täter soll seine gerechte Strafe erhalten

Möller freut sich über den Ermittlung­serfolg, nicht nur für die Polizei. „Ich bin meinen Kollegen dankbar, dass sie so einen langen Atem hatten. Schmierere­ien als Nacht- und Nebeltaten sind naturgemäß schwer aufzukläre­n.“Das der Polizei entgegenge­brachte Vertrauen vonseiten der Bürger „haben wir hiermit gerne zurückgeza­hlt“.

Froh, dass der Serientäte­r endlich gefasst ist, ist auch Aalens OB Thilo Rentschler. „Jetzt hat es hoffentlic­h ein Ende mit Schmierere­ien und Hassparole­n.“Rentschler hofft, dass dieser „Verirrte und Verwirrte“nun seine gerechte Strafe erhält.

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ARCHIVFOTO: THOMAS SIEDLER Auf dem muslimisch­en Gräberfeld auf dem Wasseralfi­nger Friedhof sind Anfang März vergangene­n Jahres vier Gräber verwüstet worden. Die Grabschänd­ung war der Höhepunkt der rechtsradi­kalen Schmierere­ien, die seit Anfang des vergangene­n Jahres...

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