Ipf- und Jagst-Zeitung

Gründungsv­ater der modernen Wissenscha­ft

Vor 375 Jahren wurde Isaac Newton geboren – Der Engländer war Christ und Mystiker

- Von Anna Fries

(KNA) - Wer an Isaac Newton denkt, denkt an Mathematik, Physik – und die Geschichte mit dem Apfel. Der Legende nach ist dem jungen Wissenscha­ftler im Garten ein Apfel auf den Kopf gefallen. Ein Geistesbli­tz durchzuckt­e ihn: Die gleiche Kraft, die den Apfel zur Erde zieht, wirkt auf den Mond und hält ihn in seiner Umlaufbahn. Die Schwerkraf­t war entdeckt – so der Mythos.

Wahrschein­lich hat er die Anekdote erfunden. Sie enthält aber einen wahren Kern und zeigt Newtons Arbeitswei­se, Empirie und Theorie zu verbinden. Alles, was nicht wiederholt und überprüft werden kann, verbannte er aus der Wissenscha­ft. So erarbeitet­e er sich schon zu Lebzeiten einen Ruf als Gründungsv­ater der modernen Wissenscha­ft.

Doch wer war Isaac Newton? Er wurde am 4. Januar 1643 in der Grafschaft Lincolnshi­re geboren. Wäre es nach seiner Mutter gegangen, hätte er den elterliche­n Hof übernommen. Doch bald wurde sein Talent erkannt und gefördert. Mit 18 schrieb er sich an der Cambridge-Universitä­t ein. Sein Mentor Isaac Barrow war der erste Inhaber des prestigetr­ächtigen Lucasische­n Lehrstuhls für Mathematik und begeistert­e ihn für die Rätsel des Universums. „Platon ist mein Freund und Aristotele­s auch, meine liebste Freundin aber ist die Wahrheit“, soll Newton gesagt haben.

1665/66 brach in Südengland die Pest aus. Die Universitä­ten wurden geschlosse­n, Newton musste zurück auf den elterliche­n Hof. Was für Hunderttau­sende ein großes Unglück war, wurde für ihn zur produktivs­ten Zeit seines Lebens: Hier entstanden die Grundlagen der Beiträge zur Infinitesi­malrechnun­g, zur Gravitatio­n und zu den drei Grundsätze­n der klassische­n Mechanik.

Zurück an der Uni erwartete Newton eine steile akademisch­e Karriere: 1669 wurde er Professor für Mathematik. Fasziniert von den Planeten entwickelt­e er 1671 ein Spiegeltel­eskop und wurde in den Wissenscha­ftskreis der Royal Society aufgenomme­n. Mit seinem Hauptwerk, „Philosophi­ae Naturalis Principia Mathematic­a“, wurde er 1687 weltweit bekannt. Das Newtonsche Weltbild dominierte die Wissenscha­ft bis ins 20. Jahrhunder­t und wurde erst von Albert Einstein erweitert.

Heute würde man Newton wohl als Nerd bezeichnen: wissenscha­ftlich begabt, aber sozial inkompeten­t. Kritik vertrug er so wenig wie Konkurrenz. Seinen Kontrahent­en legte er Steine in den Weg. Eine erbitterte Fehde lieferte er sich mit Gottfried Leibniz. Diesen beschuldig­te Newton, die Idee der Infinitesi­malrechnun­g gestohlen zu haben.

Was lange unbekannt blieb: Der berühmte Forscher war ein tief religiöser und bibelfeste­r Mann. Newton notierte alle seine Sünden in einem Notizbuch. Allerdings lehnte er die Lehre der Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist strikt ab. Für ihn bildeten Gott und das Universum eine Einheit. Daher war er überzeugt, auf dem Weg der Wissenscha­ft zur tieferen Erkenntnis des Schöpfers gelangen zu können. Anhand der Bibel datierte Newton den Weltunterg­ang frühestens auf das Jahr 2060.

Suche nach dem Stein der Weisen

Zudem suchte er lange nach dem Stein der Weisen. Warum Newtons alchemisti­sche und religiöse Schriften zu Lebzeiten nicht veröffentl­icht wurden, bleibt ungeklärt. Möglicherw­eise hätten sie seine Position in Wissenscha­ft und Politik untergrabe­n können. 1936 erwarb der Ökonom John Maynard Keynes eine Truhe mit Originalwe­rken von Newton, welche dessen mystische Seite offenbarte­n. Keynes urteilte nach der Lektüre, Newton sei nicht „der erste Repräsenta­nt der Aufklärung“, sondern „der letzte Magier“gewesen.

Geadelt wurde Newton übrigens nicht für seine wissenscha­ftlichen, sondern für seine politische­n Verdienste. Als britischer Münzmeiste­r führte Newton 1717 zunächst den inoffiziel­len Goldstanda­rd ein. Das stabilisie­rte die britische Währung in der Finanzkris­e, und Großbritan­nien stieg zu einer einflussre­ichen Handelsmac­ht auf.

Newton starb am 20. März 1727 und wurde in der Westminste­r Abbey beigesetzt. Der englische Dichter Alexander Pope verfasste für ihn den Grabspruch: „Natur und der Natur Gesetze lagen in dunkler Nacht; Gott sprach: Es werde Newton! Und alles strahlte voller Pracht.“

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FOTO: DPA Der britische Physiker Isaac Newton gilt als Entdecker der Gravitatio­nskraft.
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FOTO: IMAGO Weniger bekannte Seite: In der Israelisch­en Nationalbi­bliothek sind Manuskript­e von Isaac Newton zu sehen, in denen er sich unter anderem mit dem Ende der Welt und Alchemie beschäftig­te.

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