Düngeverordnung stinkt den Landwirten
Vorsitzender des Bauernverbands Ostalb sieht höhere Kosten für neue Technik und mehr Bürokratie
- Gewässerschutz und Luftreinhaltung kommen die Landwirte auf der Ostalb teuer zu stehen. Sie müssen eine neue, bundesweite Düngeverordnung umsetzen, und das bedeutet „mehr technischen Aufwand und mehr Bürokratie“, sagt Hubert Kucher, der Vorsitzende des hiesigen Bauernverbands, kopfschüttelnd. Hilfe verspricht der Maschinenring Ostalb.
Rund 2000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es auf der Ostalb. Einige betreiben Schweinemast, die allermeisten halten Milchvieh, und ein jeder hat Grün- und Ackerland fürs Tierfutter. Auf diese Flächen bringen die Landwirte auch ihre Gülle aus, und hier setzt die neue Verordnung an. „Flüssige ... Dünger müssen auf bestelltem Acker ab dem 1. Februar 2020 streifenförmig auf den Boden abgelegt oder direkt in den Boden injiziert werden“, heißt es darin. Für Grünland gilt das Gleiche ab 1. Februar 2025. „Innerhalb von vier Stunden muss die Gülle im Boden eingearbeitet sein“, ergänzt Kucher. Ziel ist unter anderem, dass künftig weniger vom gasförmigen Ammoniak, das in der Gülle enthalten ist, in die Luft gerät.
Ein Schleppschlauch ist teuer
Was empfindliche Nasen freut und dem Klimaschutz dient, stinkt den Landwirten gewaltig. Denn „dazu brauchen wir neue Technik“, erklärt der Vorsitzende des Bauernverbands. Schleppschlauch nenne sich das dazu nötige Gerät, es bestehe aus einem großen Fass mit zwei Auslegern, an denen in regelmäßigen Abständen Schläuche befestigt sind, aus denen die Gülle läuft. „Das wird dann über den Boden gezogen. Aber das haben die wenigsten“, so Kucher. Und sich einen Schleppschlauch anschaffen könnten ebenso wenige. „Das kostet bis zu 100 000, 150 000 Euro.“
Diese Aussichten erinnern Kucher an die Schweinehaltungsverordnung, die vor einigen Jahren in Kraft trat. „Sie hat dazu geführt, dass in Baden-Württemberg 40 Prozent der Schweinehalter aufgegeben haben. Und zwar genau die kleinen Betriebe, die man eigentlich haben möchte.“Die kleineren Betriebe konnten die Kosten nicht schultern, die die neuen Auflagen nach sich zogen.
Maschinenring hilft
Bei der Düngeverordnung jetzt verspricht der Maschinenring Ostalb Hilfe. Der Verein wird sich laut Kucher mehrere Schleppschläuche anschaffen, die dann ausgeliehen werden können. Dabei sollen immer drei bis fünf Landwirte gemeinsam und längerfristig jeweils einem der Hightech-Fässer zugeteilt sein.
Doch ab dem Jahr 2025 wird’s noch komplizierter: „Auf Grünland funktioniert diese Technik nicht gut“, so Kucher. Verteilt man Gülle auf Gras, könne es vorkommen, dass ihre festen Bestandteile statt in den Boden zu sinken mit den Pflanzen nach oben wachsen. „Und dann haben wir’s im Futter.“
Der Bauernvertreter ist deshalb überzeugt, dass man nicht umhinkommen werde, die Gülle in ihre festen und flüssigen Bestandteile zu trennen – was wieder Technik sowie Lagerkapazitäten erfordere. Außerdem bräuchten die Bauern für die Arbeit mit einem Schleppschlauch einen Traktor mit 200 bis 250 PS. „Die meisten haben aber welche mit 100 bis 150 PS.“
Als wäre das nicht Ärger genug, weist Kucher auf eine weitere Auflage der Düngeverordnung hin: „Wir werden dazu verdonnert, im Frühjahr unsere gesamte Gülle auszubringen.“Etwa sechs Wochen sei dafür Zeit, „und wenn es so regnet wie im vergangenen Frühjahr, schwemmt es fast alles davon“, so der Vertreter der Ostalb-Bauern. Nach der Ernte, im Herbst, sei das Düngen auf dem Acker nun verboten. Dabei werde in dieser Zeit neu ausgesät.
„Lassen Pflanzen hungern“
„Die Politik sagt, für die neue Saat ist genug Dünger schon im Boden. Wir Landwirte sagen, nein, das reicht nicht. Wir lassen unsere Pflanzen im Herbst hungern. Das ist nicht richtig.“Aber Gesetz sei eben Gesetz. „Wir müssen es umsetzen, auch wenn wir wissen, dass einiges davon Quatsch ist.“
Hintergrund des ganzen sogenannten „Dünge-Pakets“ist neben dem Klimaschutz die zunehmende Belastung des Trinkwassers mit Nitrat. Nitrate werden von Pflanzen als Nährstoffe verwertet und deshalb in der Landwirtschaft als Düngemittel eingesetzt. Sie entstehen zum Beispiel, wenn Gülle in den Boden eingebracht
„Was uns ärgert, ist, dass man uns alle über einen Kamm schert“, sagt Hubert Kucher.
wird. In einigen Regionen gibt es nun zu viel Nitrat im Boden. Bereits 2013 hatte die Europäische Kommission deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet: Deutschland setze die EG-Nitratrichtlinie nur unzureichend um. 2016 reichte die EU-Kommission Klage beim Europäischen Gerichtshof ein, das Verfahren dauert noch an. Unter diesem Druck haben Bundestag und Bundesrat 2017 die Düngeverordnung novelliert.
„Was uns ärgert“, sagt Hubert Kucher zu diesem Hintergrund, „ist, dass man uns dabei alle über einen Kamm schert.“Ein Nitrat-Problem bestehe in der Tat in Niedersachsen mit seiner Schweinezucht. In Baden-Württemberg hingegen würden die Felder gut bewirtschaftet. „Aber weil es ein Bundesgesetz ist, müssen wir es alle ausbaden“, so Kucher.
Das gilt auch für die zusätzliche Bürokratie ab 2018. Schon zu Jahresbeginn müssen die Bauern sich nun an den Schreibtisch setzen. „Ich muss mich vorher festlegen, wie viel ich aufs Feld bringe. Während des Jahres muss ich den Düngeplan fortschreiben, und am Ende die Stoffstrom-Bilanz machen“, zählt der Landwirt auf und setzt dazu: „Das halten wir schier nicht aus.“
Eine Landwirtschaft sei in der Regel ein Familienbetrieb und keine Firma mit Personal. „Die Bürokratie mache ich nachts oder am Sonntag.“Die Politik vergesse, dass Landwirte in erster Linie ihre Tiere zu versorgen haben. Jeder sei zeitlich extem eingespannt, werde streng kontrolliert und bei Verstößen bestraft, „und jetzt kommt wieder etwas oben drauf “.
Das neue Gesetz wieder aufschnüren würde Kucher dennoch nicht. „Man hat es über Jahre hinweg ausgehandelt. Jetzt weiter zu diskutieren würde es auch nicht besser machen.“ Um über die neuen Bestimmungen zu informieren, führt der Geschäftsbereich Landwirtschaft zusammen mit dem Maschinenring Ostalb und dem Milchviehberatungsdienst Ostalb mehrere durch: am Montag, 22. Januar, um 20 Uhr im Gasthof Kellerhaus, Oberalfingen, und Freitag, 26. Januar, um 14 Uhr im Landhotel Kanne, Neresheim-Ohmenheim..